Letter of Intent zur Entwicklung und Umsetzung einer gemeinsamen digitalen Agenda
zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV), Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V (ABDA), und Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung (KZBV)
Präambel
Das Deutsche Gesundheits- und Sozialsystem steht insbesondere wegen der demografischen Entwicklung permanent vor vielfältigen Herausforderungen. Auch die regionale Ungleichverteilung der Patientinnen und Patienten und der medizinisch-technische Fortschritt in Gestalt neuer medizinischer Therapiealternativen sind Katalysatoren der Umwälzungen, denen sich alle Beteiligten im Gesundheitssystem stellen müssen. Diese Prozesse werden durch die rapide Digitalisierung massiv beeinflusst.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V. (ABDA) und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) beabsichtigen, gemeinsam die Digitalisierung im Gesundheitswesen sinnvoll und im heilberuflichen Interesse voranzutreiben. Wo es sich anbietet, sollen Ressourcen hierzu gebündelt werden.
§ 1 Chancen und Grenzen der Digitalisierung
KBV, ABDA und KZBV sehen in den Anwendungen der Digitalisierung Instrumente zur Unterstützung der heilberuflichen Tätigkeit. Sie haben dienenden Charakter und ersetzen keine Entscheidungen von Ärzten oder Apothekern; sie erweitern vielmehr deren Handlungsspektrum zum Wohle des Patienten.
Die drei Organisationen wollen die Chancen der Digitalisierung gemeinsam nutzen und zugleich das Primat der heilberuflichen Entscheidungs- und Therapiefreiheit unter Einbindung der Patienteninteressen stärken. Die heilberufliche Bedarfs-Angebots-Schere der kommenden Jahrzehnte erfordert zunehmend digital unterstützte arbeitsteilige Therapieprozesse.
§ 2 Grundsätzliches Bekenntnis zur Telematikinfrastruktur
KBV, Apothekerschaft und KZBV tragen als Mitgesellschafter der gematik Verantwortung für die Telematikinfrastruktur (TI). Sie stimmen darin überein, dass eine ausgeprägte Vernetzung, optimierte Prozessabläufe und eine hohe Arbeitsteilung sowohl die Effektivität als auch die Effizienz in der Gesundheitsversorgung nachhaltig positiv beeinflussen.
Sie sehen die TI als wichtige Basis für die voranschreitende Digitalisierung im Gesundheitswesen insbesondere für gesetzliche Pflichtaufgaben. Die Unterzeichner vertreten die gemeinsame Auffassung, dass neue Technologien in die Weiterentwicklung der TI einfließen müssen.
§ 3 Sektorale Anwendungen
KBV, ABDA und KZBV sind sich darüber einig, dass neben den Anwendungen der TI Bedarf für eigene sektorale Anwendungen besteht. Diese sind unter Berücksichtigung der TI-Standards zu entwickeln beziehungsweise weiterzuentwickeln. Die Organisationen gehen davon aus, dass die Kompatibilität zur TI eine wesentliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Digitalisierungsprozess im Gesundheitswesen ist.
§ 4 Datenschutz
Der Datenschutz, insbesondere der Schutz sozialer Daten, ist ein hohes gesellschaftliches Gut, ebenso das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Die Unterzeichner stimmen darin überein, dass auch nach Veröffentlichung der europäischen Datenschutzgrundverordnung (EU-DS-GVO) sowie des Vertrauensdienstegesetzes Regelungen zum Datenschutz weiterentwickelt werden müssen, um den Versorgungsalltag rechtssicher und am Therapieerfolg orientiert zu gestalten.
Dabei soll auf eine angemessene Dimensionierung bei gleichzeitiger Harmonisierung an die EU-DS-GVO hingewirkt werden. Aus Sicht der drei Heilberufeorganisationen ist dies ein sinnvoller Weg, die Kooperation und den Austausch zwischen den Leistungserbringern praxistauglich zu gestalten.
Sie setzen sich für die Gestaltung der Datenschutzstandards im Sinne der Patienten ein, um Verständlichkeit und Wirksamkeit eigener Schutzrechte zu gewährleisten und gleichzeitig die Erfordernisse einer verbesserten Arzneimitteltherapie in den Fokus zu rücken.
§ 5 Kommunikation unter den Leistungserbringern
KBV, ABDA und KZBV setzen sich dafür ein, die intersektorale Kommunikation zwischen den Leistungserbringern auszubauen. Primär ist der sichere elektronische Austausch zwischen den ambulant tätigen Ärzten sowie den Apothekern in einem heilberuflichen Netzwerk stärker voranzutreiben.
KBV, ABDA und KZBV sind sich einig, dass es schnellstmöglich zu einer verbesserten, aber sicheren direkten elektronischen Kommunikation zwischen Heilberuflern kommen muss, damit die Arzneimitteltherapiesicherheit gerade im Falle von Polymedikation verbessert wird. Der bundesweite Medikationsplan ist nur ein erster Schritt und nicht ausreichend.
§ 6 Elektronische Patientenakte und elektronische Gesundheitsakten
Die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) ist ein wichtiges Vorhaben bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens. KBV, ABDA und KZBV setzen sich gemeinsam für deutschlandweit einheitliche Standards und Schnittstellen ein.
Die gebündelten Kompetenzen und das Know-how von Ärzten und Apothekern müssen in die Erarbeitung dieser einheitlichen Standards und Schnittstellen einfließen.
Die unterzeichnenden Organisationen sind gemeinsam der Auffassung, dass die Heilberufler eine führende Rolle bei der Konzeption und Umsetzung der ePA spielen sollen. Persönliche elektronische Gesundheitsakten auf Basis von § 68 SGB V können eine sinnvolle Ergänzung des elektronischen Patientenfaches der elektronischen Gesundheitskarte darstellen. KBV. ABDA und KZBV werden die Entwicklungen der Krankenkassen und ihrer Dienstleister gemeinsam verfolgen, bewerten und, wo sinnvoll, unterstützen.
§ 7 Inkrafttreten
Diese Absichtserklärung tritt mit der Unterzeichnung in Kraft. Sie dient als Grundlage für weiterführende Aktivitäten zur Umsetzung einer gemeinsamen digitalen Agenda.
Berlin, Köln im Januar 2018