Umfrage zeigt: Weiterhin große technische Probleme bei eAU und eRezept
25.08.2022 - Die Technik zum Ausstellen und Versenden von elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen funktioniert immer noch nicht reibungslos. Zudem dauert das Verfahren viel zu lange. Das ergab eine Online-Umfrage der KBV Anfang August, an der rund 4.000 Praxen teilgenommen haben.
Rund 87 Prozent der Arztpraxen nutzen den Ergebnissen zufolge bereits die elektronische Arbeitsunfähigkeitbescheinigung (eAU), jede zweite Praxis sogar ausschließlich das digitale Verfahren. Viele berichteten allerdings von teils erheblichen technischen Schwierigkeiten. Kritisiert wurde zudem der hohe zusätzliche Zeit- und Arbeitsaufwand.
Mit der Umfrage wollte die KBV herausfinden, wie der Stand der Einführung der eAU ist, welche Erfahrungen Ärzte bereits gemacht haben und woran es liegt, dass einige Praxen noch komplett das alte Verfahren nutzen. Auch zum elektronischen Rezept (eRezept) wurden die Praxen befragt.
Kriedel: Es darf nicht länger weggeschaut werden
„Die Ergebnisse zeigen eindrücklich, dass die Ärzteschaft der Digitalisierung offen gegenübersteht“, sagte Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel. Um so ärgerlicher sei, dass die Technik nicht störungsfrei funktioniere und die Praxen mit der eAU und dem eRezept mehr Arbeit hätten als mit den alten Formularen. Kriedel: „Diese Probleme müssen endlich gelöst werden. Es darf nicht länger weggeschaut und so getan werden, als liefe alles wunderbar.“
Die Erfahrungen der Praxen mit der eAU sind der Umfrage zufolge gemischt. Nur 53 Prozent der Ärztinnen und Ärzte, die mit der eAU arbeiten, gaben an, dass das Ausstellen und der Versand der eAU bis auf kleinere Probleme gut laufe. Fast die Hälfte berichtete, dass der digitale Versand zeitweise nicht möglich sei.
Ein Drittel beklagt zudem Probleme bei der Erreichbarkeit von IT-Dienstleistern und -anbietern. Etwa zehn Prozent der Praxen berichtete darüber hinaus von Akzeptanzproblemen bei den Patientinnen und Patienten. Fehlende Informationen führten oftmals dazu, dass Ärzte umfassende Aufklärungsarbeit zu leisten hätten, was eigentlich Aufgabe der Krankenkassen sei, hieß es.
Signaturfunktion teilweise mangelhaft
Als mangelhaft wird häufig die Umsetzung der Signaturfunktion in der Software beschrieben. Einige Hersteller hätten die Komfort- und die Stapelsignatur gar nicht oder nicht gut umgesetzt, monierten die Befragten, sodass die Formulare teilweise noch einzeln signiert werden müssen. Dass die Signatur grundsätzlich gut funktioniert, berichteten 44 Prozent.
Eines der größten Ärgernisse ist der hohe Zeit- und Arbeitsaufwand. Viele Ärztinnen und Ärzte kritisierten, dass das Ausstellen der eAU deutlich länger dauere als das Ausstellen einer Papier-AU. Das koste Zeit, die dann für die Patientenversorgung fehle. Durch zusätzliche Papierausdrucke hätten die Praxen zudem doppelte Arbeit. Dies stellt insbesondere Praxen mit einem hohen Patientenaufkommen vor große Herausforderungen.
Kriedel: Hoher Zeitaufwand ist unhaltbar
„Dass Praxen zum Teil mehr als eine Minute warten müssen, bis die Daten für einen Patienten übertragen sind, ist bei einer Massenanwendung wie der eAU unhaltbar“, kritisierte Kriedel. Er forderte die gematik eindringlich zur Nachbesserung auf. „Wir brauchen praxistaugliche und funktionierende Prozesse“, stellte er klar.
Auch das eRezept dauert zu lange
Ähnliche Probleme wie bei der eAU zeigen sich beim eRezept, das ab September stufenweise im Praxisbetrieb getestet und ausgerollt werden soll. Knapp zehn Prozent der Arztpraxen, die an der Umfrage teilgenommen haben, haben bereits erste Erfahrungen mit dem eRezept gesammelt. Größter Kritikpunkt: Die Ausstellung inklusive elektronischer Signatur dauert zu lange.
Auch wird der Ausdruck mit dem Rezeptcode, der für Patienten ohne Rezept-App erforderlich ist, sehr kritisch gesehen. Viele Ärztinnen und Ärzte hinterfragen den Sinn einer Digitalisierung, die mehr Papier produziert als vorher.
Zu den am häufigsten genannten Problemen zählen ferner das Einlösen in der Apotheke und die fehlende Akzeptanz unter den Patienten. Besonders ältere Menschen verstünden die Änderung nicht.
Aktuell muss das eRezept in der Regel ausgedruckt werden, da die wenigsten Versicherten über die für die Nutzung der App erforderliche NFC-fähige elektronische Gesundheitskarte verfügen. Ab wann es möglich sein wird, dass Versicherte das eRezept nur mit ihrer eGK in der Apotheke einlösen können, ist derzeit noch offen.
Kriedel: Fehler schnellstens beheben
Kriedel appellierte an gematik und IT-Hersteller, die aufgezeigten Fehler und Probleme schnellstmöglich anzugehen. Das sei eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Einführung der eAU und des eRezepts. Zudem müssten die Krankenkassen endlich ihre Versicherten über die Umstellung informieren. Dies sei nicht Aufgabe der Praxen.
Start des Rollouts ohne Schleswig-Holstein
Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Schleswig-Holstein hat unterdessen mitgeteilt, sich bis auf Weiteres aus der Rollout-Phase zum eRezept zurückzuziehen. Die Praxen dort sollten als eine der ersten im September mit den Tests starten.
Die KV reagiert mit der Entscheidung auf die Absage der dortigen Landesdatenschutzbeauftragten, Rezeptcodes mit Einwilligung der Patienten auch per E-Mail oder als SMS verschicken zu dürfen. Damit gibt es aus Sicht der KV momentan keine wirkliche Alternative zum Papierausdruck. Die KV Westfalen-Lippe wird sich am eRezept-Rollout wie geplant weiter beteiligen, fordert jedoch von der gematik, dass das eRezept spätestens in drei Monaten auch mit dem eGK-Verfahren zur Verfügung steht.