Bereits über 43.000 Unterschriften gegen Leistungskürzungen – Info-Veranstaltung am 9. September live verfolgen
01.09.2022 - Die Protestwelle gegen Einsparungen in der ambulanten Versorgung wird immer größer. Über 43.000 Ärzte und Psychotherapeuten haben bereits bis Donnerstagmittag den offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach unterschrieben. Darin fordern sie die Beibehaltung der Neupatientenregelung.
„Der Unmut über die drohenden Leistungskürzungen ist ungebrochen hoch“, sagte der Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Andreas Gassen, den PraxisNachrichten. Täglich würden es mehr, die mit ihrer Unterschrift ein Zeichen gegen die Sparpläne der Bundesregierung setzten. Er appellierte erneut an seine Kolleginnen und Kollegen, die Unterschriftenaktion zu unterstützen, sollten sie es noch nicht getan haben (hier online unterzeichnen).
Hofmeister: Es herrscht eine große Enttäuschung
„Zahlreiche Ärztinnen und Ärzte haben uns mitgeteilt, dass sie ihr Terminangebot einschränken müssen, sollte es zu den Kürzungen kommen“, sagte KBV-Vizechef Dr. Stephan Hofmeister. Sie seien zutiefst enttäuscht, wie Politik und Krankenkassen mit ihnen umgingen. Das Beharren des GKV-Spitzenverbandes auf einer Null-Runde bei den aktuellen Verhandlungen zum Orientierungswert für 2023 habe das Fass schließlich zum Überlaufen gebracht.
Deshalb würden sich auch viele Ärzte und Psychotherapeuten, die weniger stark vom Wegfall der Neupatientenregelung betroffen seien, der Aktion anschließen, betonte Hofmeister.
Auslöser für die vor drei Wochen gestartete Unterschriftenaktion ist die von Lauterbach verfolgte Abschaffung der Neupatientenregelung im Zuge des geplanten GKV-Finanzierungsstärkungsgesetzes. Lauterbach hatte als Bundestagsabgeordneter deren Einführung vor drei Jahren vehement eingefordert mit dem Ziel, dass auch neue Patienten schneller einen Termin beim Arzt bekommen sollen.
In dem offenen Brief wird der Minister aufgefordert, die Pläne fallen zu lassen und stattdessen die ambulante Versorgung zu stärken. Im Vertrauen auf den Bestand gesetzlicher Regelungen hätten die Praxen trotz größter Belastungen ihr Terminangebot ausgebaut, heißt es darin. Dies müssten sie nun wieder einschränken.
9. September ab 10 Uhr teilnehmen
Die Auswirkungen der geplanten Aufhebung der Neupatientenregelung sind auch Anlass einer Sondersitzung der Mitglieder der KBV-Vertreterversammlung sowie der Vorsitzenden der Vertreterversammlungen und Vorstände der Kassenärztlichen Vereinigungen am 9. September in Berlin.
Die Sitzung von 10 bis 12 Uhr in Berlin wird per Livestream übertragen. Ärzte, Psychotherapeuten sowie Praxismitarbeitende sind eingeladen, die Veranstaltung live online zu verfolgen.
Nehmen Sie teil!
Veranstaltung zur Abschaffung der Neupatientenregelung
- Thema: Die Auswirkungen der Sparpläne der Bundesregierung auf die ambulante Versorgung
- Termin: Freitag, 9. September, von 10 bis 12 Uhr
- Livestream: Ärzte und Psychotherapeuten können die Sitzung live verfolgen
Ihre Nachricht an den Minister: Schreiben Sie uns über unser Kontaktformular bis zum 6. September möglichst kurz und prägnant, was Sie Bundesgesundheitsminister Lauterbach zu seinen gesundheitspolitischen Vorhaben sagen möchten. Alle Zuschriften werden nach der Veranstaltung an den Minister übermittelt werden.
Stichwort: Neupatientenregelung
Die Neupatientenregelung wurde vor drei Jahren mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz eingeführt, damit Patienten, die zum Beispiel keinen Hausarzt oder Orthopäden haben, schneller einen Termin bekommen. Es wurde festgelegt, dass die Leistungen für die Behandlung von Patienten, die erstmals oder erstmals seit mehr als zwei Jahren wieder in der jeweiligen Arztpraxis behandelt werden, in voller Höhe vergütet werden. Auf diese Weise wurde ein Anreiz für die durch Budgetierung und hohe Patientenzahlen ohnehin stark belasteten Praxen geschaffen, zusätzlich kurzfristige Termine anzubieten und neue Patienten aufzunehmen.
Mit dem GKV-Finanzierungsstabilisierungsgesetz will die Bundesregierung diese Regelung ab Januar 2023 wieder abschaffen. Außerdem sollen ärztliche Untersuchungen und Behandlungen, die in offenen Sprechstunden durchgeführt werden, weiterhin mit Geldern aus der gedeckelten morbiditätsbedingten Gesamtvergütung finanziert werden. Ursprünglich ist vorgesehen, dass die Krankenkassen zusätzliche Finanzmittel bereitstellen müssen, damit Versicherte schneller einen Termin bekommen beziehungsweise einen Facharzt konsultieren können.