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Ambulante OPs und/oder Tagesbehandlungen

Gassen: Ausbau des ambulanten Operierens geht nicht schnell genug - Tagesbehandlungen sind "völlig falsches Signal"

17.11.2022 - Der Ausbau des ambulanten Operierens geht nach Ansicht der KBV nicht schnell genug voran. Um ansatzweise an internationale Standards heranzukommen, sei eine beschleunigte, deutliche Ausweitung erforderlich, sagte KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen in einem Video-Interview.

Die laufenden Verhandlungen zwischen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), dem GKV-Spitzenverband und der KBV gestalteten sich aufgrund der unterschiedlichen Interessenslagen schwierig, resümierte Gassen. Es gebe noch viel zu tun, doch es gehe nicht schnell genug.

Der Gesetzgeber hat die drei Verhandlungspartner beauftragt, den Katalog der ambulanten Operationen (AOP-Katalog) um ambulant durchführbare Operationen, stationsersetzende Eingriffe und stationsersetzende Behandlungen zu erweitern und die Vergütung nach dem Schweregrad zu differenzieren. Ziel ist es, die Ambulantisierung voranzutreiben und stationäre Eingriffe auf das Nötigste zu begrenzen. Eine erste Erweiterung des Katalogs soll zum 1. Januar erfolgen.

Für KBV-Chef Dr. Gassen ist der Ausbau des ambulanten Operierens „alternativlos“. Dies sei im Sinne der Patienten und der Versorgung. Er wies auf das IGES-Gutachten hin, in dem zahlreiche stationäre Operationen aufgelistet sind, die ambulant durchgeführt werden könnten. „Dass man den nicht von jetzt auf gleich freischaltet, ist völlig klar“, sagte er. Doch jetzt seien „mutige Schritte“ erforderlich, dass man Leistungen definiere, die ambulant erbracht werden könnten von Kollegen im Krankenhaus und Niedergelassenen „zu gleichen Standards und zum gleichen Preis“.

Und dieser Leistungskatalog müsse dann jedes Jahr ausgeweitet werden, fuhr Gassen fort. Damit könnten sich auch die Krankenhäuser entsprechend vorbereiten. Wichtig sei, dass Krankenhäuser und Vertragsärzte die gleiche Vergütung bekämen. Auch bei den Qualitätsstandards dürfe es schon im Interesse der Patienten keine Unterschiede geben.

Tagesbehandlungen sind kein Impuls

Zu der von Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach geplanten tagesstationären Behandlung an Krankenhäusern sagte Gassen, dass sei ein zum Scheitern verurteiltes Projekt. „Es mag den Eindruck erwecken, dass die Krankenhäuser damit nicht viel ändern müssen und trotzdem die Vergütung für diese Prozeduren retten.“ Dies sei kein Impuls für das ambulante Operieren.

Gassen sieht die Tagesbehandlung insgesamt kritisch. Für Krankenhäuser und Patienten, insbesondere bei Kindern, dürfte dies mit einem enormen zusätzlichen Aufwand verbunden sein. „Es mag für das ein oder andere Krankenhaus charmant klingen“, sagte er. Er halte den Plan allerdings für kaum durchführbar, und er sei „ein völlig falsches Signal“.

Krankenhäuser sollen im Zuge der Krankenhausreform die Erlaubnis erhalten, schon ab Januar alle bislang vollstationär erbrachten Behandlungen als Tagesbehandlungen durchzuführen – soweit das medizinisch vertretbar ist. Nach jetzigem Stand sind Operationen nicht explizit ausgeschlossen. Die Abrechnung der Tagesbehandlungen soll über das diagnosebezogene Fallpauschalensystem (DRG) laufen, für welches Abschläge vorgesehen sind.

Ambulante OP an Kliniken nur nach AOP-Katalog

Alle stationsersetzenden Operationen, die die Krankenhäuser ambulant durchführen dürfen, sind im AOP-Katalog aufgeführt und erfolgen nach den Vorgaben des Paragrafen 115b SGB V. Von daher dürften für eine Tagesbehandlung nur stationäre Eingriffe in Frage kommen, die ansonsten nicht ambulant durchgeführt werden, bemerkte Gassen. Hier sei allerdings noch vieles unklar.

Den Plan Lauterbachs, tagesstationäre Behandlungen über das Krankenhauspflegeentlastungsgesetz zu ermöglichen, sieht Gassen insgesamt kritisch.

Überblick: So soll das ambulante Operieren gefördert werden

Die Möglichkeiten des ambulanten Operierens sollen ausgeweitet werden. Denn noch immer erfolgen in Deutschland zu viele Eingriffe stationär, die ambulant erfolgen könnten. Um die Ambulantisierung voranzutreiben, gibt es zurzeit unterschiedliche Vorhaben.

Förderung durch Anpassungen im EBM

Im Zuge der Weiterentwicklung des EBM haben sich KBV und Krankenkassen im Juni 2022 auf ein zusätzliches Finanzvolumen zur Förderung des ambulanten Operierens verständigt. Ab 1. Januar 2023 stehen rund 60 Millionen Euro für ausgewählte Leistungen bereit. Dies bedeutet ein durchschnittliches Plus von 30 Prozent für die jeweilige Leistung. Durch die finanzielle Förderung soll erreicht werden, dass diese Eingriffe häufiger ambulant erbracht werden als bisher.

Parallel dazu werden momentan alle Operationsleistungen neu bewertet. Die Folge kann sowohl eine Anhebung als auch eine Absenkung der Bewertung sein. Die Überarbeitung betrifft die EBM-Abschnitte zum ambulanten und belegärztlichen Operieren (31.2 und 36.2) sowie die GOP 01854, 01855, 01904 bis 01906 für Sterilisationen und Schwangerschaftsabbrüche. Sie soll bis Ende des Jahres abgeschlossen sein und ebenfalls das ambulante Operieren fördern.

In einer folgenden Stufe planen KBV und GKV-Spitzenverband, die Kalkulationsgrundlage für die Vergütung aller ambulanten Operationen im Sinne einer forcierten Ambulantisierung zu erweitern. Darüber hinaus wird es darum gehen, die gestiegenen Hygieneanforderungen abzubilden.

Erweiterung des AOP-Katalogs nach Paragraf 115b SGB V

Parallel zu den Anpassungen der ambulanten Operationen im EBM laufen die Beratungen zwischen KBV, GKV-Spitzenverband und Deutscher Krankenhausgesellschaft zur Erweiterung des Katalogs ambulant durchführbarer Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe, kurz AOP-Katalog. Nach dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ soll eine möglichst umfassende Ambulantisierung erreicht werden. Ferner soll die Vergütung für Krankenhäuser und Vertragsärzte einheitlich nach dem Schweregrad differenziert werden. Der Auftrag geht zurück auf das MDK-Reformgesetz von 2020.

Im ersten Schritt legte das IGES Institut im März 2022 ein Gutachten vor. Darin sind fast 2.500 medizinische Leistungen genannt, für die ein Ambulantisierungspotenzial gesehen wird. Nach Vorlage des Gutachtens geht es nun darum, den AOP-Katalog nach und nach zu erweitern und für die neu aufgenommenen Leistungen eine einheitliche Vergütung sowie eine Differenzierung der Vergütung aller ambulanten Operationen festzulegen.

Hintergrund: In dem AOP-Katalog sind alle ambulant durchführbaren Operationen und sonstigen stationsersetzenden Leistungen aufgeführt, die Krankenhäuser vornehmen können. Er ist Teil des AOP-Vertrages, in dem die KBV, die DKG und der GKV-Spitzenverband die Details zur Durchführung dieser Operationen gleichermaßen für Krankenhäuser und Vertragsärzte regeln. Grundlage bildet der Paragraf 115b Abs. 1 SGB V.

Der AOP-Vertrag dient dazu, einheitliche Rahmenbedingungen für ambulante Operationen im niedergelassenen Bereich und im Krankenhaus zu schaffen. Zugleich soll er dazu beitragen, dass nicht notwendige vollstationäre Krankenhausbehandlungen ambulant erfolgen.

Die Vergütung der Leistungen des AOP-Katalogs erfolgt auf der Grundlage des EBM – unter besonderer Berücksichtigung der nichtärztlichen Leistungen und der Sachkosten inklusive der spezifischen Investitionsbedingungen.

Aktuelle Pläne des Gesetzgebers

Mit der geplanten Krankenhausreform will Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach den Krankenhäusern erlauben, geeignete Behandlungen als Tagesbehandlungen durchzuführen. So sollen etwa Nachtdienste wegfallen beziehungsweise eingeschränkt werden. Die Tagesbehandlungen sollen sich über mehrere Tage erstrecken können. Die Vergütung soll über das diagnosebezogene Fallpauschalensystem (DRG) geregelt werden. Vertragsärzte dürfen diese Behandlungen nicht in ihre Struktur übernehmen.  

Zusätzlich soll es ab dem kommenden Jahr eine sektorengleiche Vergütung insbesondere für ambulante Operationen geben. Damit will die Bundesregierung die von ihr im Koalitionsvertrag avisierte „Hybrid-DRG“ einführen. Nach einem entsprechenden Änderungsantrag zum Krankenhauspflegeentlastungsgesetz soll das BMG ermächtigt werden, durch Rechtsverordnung das Nähere zu regeln.

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