Diagnoselisten für Heilmittel werden zum 1. Januar angepasst
24.11.2022 - Die Diagnoseliste für den langfristigen Heilmittelbedarf wird zum 1. Januar um mehrere Indikationen erweitert. Auch die Liste der besonderen Verordnungsbedarfe wird ergänzt, beispielsweise um Erkrankungen im Zusammenhang mit der außerklinischen Intensivpflege. Die KBV stellt als Service eine aktualisierte Liste mit allen Diagnosen bereit.
Langfristiger Heilmittelbedarf
Konkret werden zwölf Indikationen aus den Bereichen schwerer neuromuskulärer Erkrankungen, mehrfach und beidseitigem Extremitätenverlust sowie weitere Chromosomenanomalien in die Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf aufgenommen (s. Infobox).
Verordnungen im Rahmen des langfristigen Heilmittelbedarfs unterliegen nicht der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Ein entsprechender Antrag auf Genehmigung bei der Krankenkasse ist bei diesen Diagnosen dann nicht mehr erforderlich.
Neu ab Jahresbeginn ist auch, dass beidseitige oder mehrfache Amputationen (Z89.3, Z89.7 und Z89.8) in die Liste zum langfristigen Heilmittelbedarf überführt werden. Bisher sind diese auf der Diagnoseliste der besonderen Verordnungsbedarfe verzeichnet.
Besondere Verordnungsbedarfe
Auch bei den besonderen Verordnungsbedarfen gibt es ab Januar Neuerungen. Die Kosten für diese Verordnungen werden bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen ebenfalls aus dem Verordnungsvolumen des Vertragsarztes herausgerechnet.
Im Falle von Extremitätenverlusten ist die postoperative Versorgung (Z98.8) nicht mehr obligate Zusatzbedingung, um als besonderer Verordnungsbedarf anerkannt zu werden.
Außerdem werden weitere Diagnosegruppen in die Liste aufgenommen, zum Beispiel LY (Lymphabflussstörungen) und CS (chronifiziertes Schmerzsyndrom). So fällt die Behandlung von Lymphödemen oder die physiotherapeutische Behandlung chronischer Schmerzen oder Phantomschmerzen künftig ebenfalls unter die besonderen Verordnungsbedarfe. Auch die Frist zur Entlastung bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung wird von 6 auf 12 Monate erweitert.
Im Gegenzug fallen Extremitätenverluste kleinerer Gliedmaßen – hier die Kodes Z89.0 (Finger), Z89.4 (Teil‐Fuß/Knöchel) und Z89.9 (nicht näher bezeichnet) – ab Januar nicht mehr unter die besonderen Verordnungsbedarfe.
Im Zusammenhang mit der neuen Richtlinie zur außerklinischen Intensivpflege, die zum 1. Januar 2023 in Kraft tritt, werden sowohl die Abhängigkeit vom Aspirator (Z99.0) in Verbindung mit der Versorgung eines Tracheostomas (Z43.0) als auch die Abhängigkeit vom Respirator (Z99.1) in die Diagnoseliste der besonderen Verordnungsbedarfe aufgenommen.
Behandlungsdauer von bis zu 12 Wochen
Mit diesen Anpassungen können künftig bei weiteren Indikationen notwendige Heilmittel mit einer Verordnung für eine Behandlungsdauer von bis zu 12 Wochen veranlasst werden. Dabei sind die im Heilmittelkatalog angegebenen Höchstmengen je Verordnung und die orientierende Behandlungsmenge nicht bindend.
KBV stellt aktualisierte Diagnoseliste bereit
Als Service für Praxen hat die KBV alle bundesweit geltenden Diagnosen zusammengefasst, die einen langfristigen Heilmittelbedarf oder einen besonderen Verordnungsbedarf begründen (Diagnoseliste langfristiger Heilmittelbedarf / besonderer Verordnungsbedarf).
Übersicht der Neuerungen zum 1. Januar 2023
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Anlage 2 der Heilmittel-Richtlinie
Polyneuropathien und sonstige Krankheiten des peripheren Nervensystems
- G60.0 Hereditäre sensomotorische Neuropathie
Physiotherapie: WS/EX/PN
Ergotherapie: SB2/EN3
Stimm-, Sprech-, Sprach-, Schlucktherapie: SP3- G60.8 Sonstige hereditäre und idiopathische Neuropathien
Physiotherapie: EX/CS/PN/SO4
Ergotherapie: SB1/SB2/EN3Krankheiten im Bereich der neuromuskulären Synapse und des Muskels
- G70.2 Angeborene oder entwicklungsbedingte Myasthenie
Physiotherapie: PN/AT
Ergotherapie: EN3/SB3
Stimm-, Sprech-, Sprach-, Schlucktherapie: SC/SP6Polyneuropathien und sonstige Krankheiten des peripheren Nervensystems
- G71.1 Myotone Syndrome
Physiotherapie: PN/AT
Ergotherapie: EN3/SB3
Stimm-, Sprech-, Sprach-, Schlucktherapie: SC/SP6- G71.2 Angeborene Myopathien
Physiotherapie: WS/EX/PN/AT
Ergotherapie: EN3/SB3
Stimm-, Sprech-, Sprach-, Schlucktherapie: SC/SP6- G71.3 Mitochondriale Myopathie, anderenorts nicht klassifiziert
Physiotherapie: ZN/PN
Ergotherapie: EN1/EN3/SB3
Stimm-, Sprech-, Sprach-, Schlucktherapie: SC/SP6- G73.6* Myopathie bei Stoffwechselkrankheiten
Physiotherapie: PN
Ergotherapie: EN3/SB3
Stimm-, Sprech-, Sprach-, Schlucktherapie: SC/SP6Verlust von oberen und unteren Extremitäten
- Z89.3 Beidseitiger (teilweiser) Verlust der oberen Extremitäten
- Z89.7 Beidseitiger (teilweiser) Verlust der unteren Extremitäten
- Z89.8 Verlust von oberen und unteren Extremitäten [jede Höhe]
Physiotherapie: EX/WS/CS/LY
Ergotherapie: SB2Chromosomenanomalien
- Q93.3 Deletion des kurzen Armes des Chromosoms 4 (Wolf-Hirschhorn-Syndrom)
Physiotherapie: EX/WS
Ergotherapie: SB1/SB2
Stimm-, Sprech-, Sprach-, Schlucktherapie: SP1- Q93.5 Sonstige Deletion eines Chromosomenteils (Angelmann-Syndrom)
Physiotherapie: ZN/WS
Ergotherapie: EN1/SB1/SB2/PS1
Stimm-, Sprech-, Sprach-, Schlucktherapie: SP1 -
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Extremitätenverlust
- Z89.1 Einseitiger Verlust der Hand und des Handgelenkes
- Z89.2 Einseitiger Verlust der oberen Extremität (oberhalb des Handgelenkes)
- Z89.5 Einseitiger Verlust der unteren Extremität unterhalb oder bis zum Knie
- ›Z89.6 Einseitiger Verlust der unteren Extremität (oberhalb des Knies)
Physiotherapie: EX/WS/CS/LY
Ergotherapie: SB2
Hinweis/Spezifikation: längstens 12 Monate nach AkutereignisErkrankungen im Zusammenhang mit Außerklinischer Intensivpflege
- Z99.0 Abhängigkeit (langzeitig) vom Aspirator i.V.m. Z43.0 Versorgung eines Tracheostomas
- Z99.1 Abhängigkeit (langzeitig) vom Respirator
Physiotherapie: EX/ZN/PN/AT/LY
Ergotherapie: EN1/EN2/EN3/SB1/SB2
Stimm-, Sprech-, Sprach-, Schlucktherapie: SC/ST1
Hinweis/Spezifikation: Unter Einbindung der Ärztinnen und Ärzte, die die medizinische Behandlung der außerklinischen Intensivpflege koordinieren
Langfristiger Heilmittelbedarf und besonderer Verordnungsbedarf
Patienten mit schweren funktionellen und/oder strukturellen Schädigungen benötigen in bestimmten Fällen dauerhaft Heilmittel und haben daher einen „langfristigen Heilmittelbedarf“. Zudem benötigen Patienten mit besonders schweren Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder bestimmten rheumatischen Erkrankungen oftmals mehr Heilmittel und haben daher einen „besonderen Verordnungsbedarf“.
Besonderer Verordnungsbedarf
Die KBV und der GKV-Spitzenverband vereinbaren in einer Diagnoseliste, bei welchen Erkrankungen Patienten oftmals mehr Heilmittel benötigen und daher einen „besonderen Verordnungsbedarf“ haben. Die Kosten für diese Verordnungen werden bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen aus dem Verordnungsvolumen des Vertragsarztes herausgerechnet.
(In separater Form ist diese Diagnoseliste zu finden als Anhang 1 zur Anlage 2 in den Rahmenvorgaben nach Paragraf 106b Absatz 2 SGB V für die Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlich verordneter Leistungen.)
Langfristiger Heilmittelbedarf
Bei welchen Erkrankungen vom einem langfristigen Heilmittelbedarf auszugehen ist, definiert der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ebenfalls in einer Diagnoseliste. Bei diesen Diagnosen ist ein Antrags- und Genehmigungsverfahren bei der Krankenkasse nicht mehr erforderlich.
Ist die Erkrankung nicht auf der Diagnoseliste enthalten, kann der Patient einen individuellen Antrag bei seiner Krankenkasse stellen. Für die Genehmigung ist es jedoch maßgeblich, dass die schweren dauerhaften funktionellen und/oder strukturellen Schädigungen mit denen der Diagnoseliste vergleichbar sind.
Der G-BA stellt eine Patienteninformation zum langfristigen Heilmittelbedarf bereit.
Verordnungen im Rahmen des langfristigen Heilmittelbedarfs unterliegen nicht den Wirtschaftlichkeitsprüfungen.
(In separater Form ist diese Diagnoseliste zu finden als Anlage 2 der Heilmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses.)
KBV stellt zusammenfassende Diagnoseliste bereit
Die KBV stellt eine zusammenfassende Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf und zum besonderen Verordnungsbedarf bereit. Das PDF-Dokument kann kostenfrei heruntergeladen und bei Bedarf ausgedruckt werden (s. "Mehr zum Thema").
Die Stammdaten für die Verordnungssoftware wurden angepasst. Auch werden die Anwendungen in der KBV2GO!‐App zum 1. Januar aktualisiert.