Vergütung für außerklinische Intensivpflege und Verordnungsformulare festgelegt
24.11.2022 - Zum Start der gesetzlich neu geregelten außerklinischen Intensivpflege ab Januar haben KBV und GKV-Spitzenverband jetzt die Vergütung vereinbart. Dabei werden mehrere neue Leistungen in den EBM aufgenommen, unter anderem für die Potenzialerhebung und die Verordnung.
Mit 19,19 Euro wird ab Januar die Verordnung inklusive Behandlungsplan vergütet (GOP 37710). Für die Koordination der außerklinischen Intensivpflege können Vertragsärzte einen Zuschlag zur Versicherten- beziehungsweise Grundpauschale in Höhe von 31,60 Euro berechnen (GOP 37711).
Vergütung für Erhebung des Potenzials
Die Mehrheit der Patientinnen und Patienten, die eine außerklinische Intensivpflege benötigen, sind beatmet und/oder trachealkanüliert. In diesen Fällen ist in der Regel vor der Verordnung eine Erhebung des Potenzials zur Beatmungsentwöhnung beziehungsweise Dekanülierung durchzuführen.
Diese ärztlichen Untersuchungen werden bereits ab 1. Dezember mit bis zu 115 Euro honoriert. Hierfür wird eine Grundleistung (GOP 37700 / 28,95 Euro) in den EBM aufgenommen, die auch bei Erhebungen per Videosprechstunde abrechenbar ist.
Wird die Erhebung bei einem Besuch bei dem Patienten oder der Patientin durchgeführt, können zudem Zeitzuschläge je weitere vollendete zehn Minuten (14,42 Euro, bis zu dreimal) und weitere Leistungen berechnet werden (z.B. GOP 37704 für eine Schluckendoskopie).
Extrabudgetäre Vergütung aller neuen Leistungen
Insgesamt enthält der neue Abschnitt 37.7 des EBM neun neue Gebührenordnungspositionen (GOP), die zum 1. Dezember 2022 beziehungsweise 1. Januar 2023 aufgenommen werden. Die Vergütung erfolgt extrabudgetär, also in voller Höhe.
Die KBV hat die neuen Leistungen in einer Übersicht zusammengestellt (s. Infobox).
Ärztliche Qualifikation und Genehmigung der KV
Voraussetzung für die Berechnung der neuen GOP ist, dass diese nach den Vorgaben der neuen Außerklinischen Intensivpflege-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ausgeführt werden.
Außerdem ist für die Berechnung einiger Leistungen eine bestimmte Qualifikation nachzuweisen beziehungsweise eine Genehmigung bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zu beantragen.
Drei neue Formulare
Die Verordnung außerklinischer Intensivpflege erfolgt in Zukunft nicht mehr auf dem Formular 12 für die häusliche Krankenpflege, sondern auf dem neuen Vordruck 62B. Zusätzlich gibt es zwei weitere Formulare: 62A für das Ergebnis der Potenzialerhebung und 62C für den Behandlungsplan (s. Infobox).
Die Formulare sind über die regulären Bestellwege erhältlich und werden auch in die Praxisverordnungssoftware eingebunden.
Übergangsregelung bis 30. Oktober 2023
Bei der außerklinischen Versorgung von schwerstkranken Menschen, die beispielsweise beatmet werden müssen oder eine Trachealkanüle tragen, soll nach dem Willen des Gesetzgebers künftig stärker als bisher der Fokus auf einer Entwöhnung von der Beatmung beziehungsweise der Trachealkanüle liegen. Dazu ist eine regelmäßige ärztliche Erhebung des Potenzials erforderlich.
Die entsprechende Richtlinie des G-BA tritt zum 1. Januar in Kraft; nach dieser soll dann vorrangig verordnet werden. Im Ausnahmefall können niedergelassene Ärztinnen und Ärzte die außerklinische Intensivpflege bis zum Stichtag 30. Oktober 2023 wie gewohnt auf Formular 12 und ohne Potenzialerhebung verordnen (die PraxisNachrichten berichteten). In diesem Fall können die neuen EBM-Leistungen nicht abgerechnet werden. Die Abrechnung ist erst möglich, wenn die Verordnung auch nach der neuen Richtlinie erfolgt.
Themenseite und Fortbildung
Die KBV hat die wichtigsten Informationen für Praxen zur Verordnung der außerklinischen Intensivpflege hier auf einer Themenseite zusammengestellt. Ärztinnen und Ärzte finden dort auch die drei neuen Formulare als Ansichtsexemplare sowie Ausfüllhinweise.
Im Fortbildungsportal der KBV wird zu Jahresbeginn dazu eine Online-Fortbildung bereitgestellt.
Die neuen Leistungen im Überblick
GOP Beschreibung Bewertung* Ab 1. Dezember 2022 im EBM 37700 Potenzialerhebung (gemäß § 5 der AKI-RL) auf Formular 62A, einmal im Behandlungsfall (= Quartal) 257 Punkte
2022: 28,95 Euro
2023: 29,53 Euro37701 Zuschlag zur GOP 37700 bei Durchführung der Erhebung im Rahmen eines Besuchs nach GOP 01410 oder 01413, je weitere vollendete 10 Minuten, höchstens dreimal im Behandlungsfall 128 Punkte
2022: 14,42 Euro
2023: 14,71 Euro37704 Zuschlag zur GOP 37700 für Schluckendoskopie 294 Punkte
2022: 33,12 Euro
2023: 33,79 Euro37705 Zuschlag zur GOP 37700 für Bestimmung des Säurebasenhaushalts und Blutgasanalyse 84 Punkte
2022: 9,46 Euro
2023: 9,65 Euro37706 Grundpauschale im Zusammenhang mit der GOP 37700 für Ärzte und Krankenhäuser (gemäß § 5 Absatz 2 Satz 2 der AKI-RL), einmal im Behandlungsfall 159 Punkte
2022: 17,91 Euro
2023: 18,27 Euro37714 Pauschale für die konsiliarische Erörterung und Beurteilung medizinischer Fragestellungen durch einen konsiliarisch tätigen Arzt, einmal im Behandlungsfall 106 Punkte
2022: 11,94 Euro
2023: 12,18 EuroAb 1. Januar 2023 im EBM 37710 Verordnung auf Formular 62B und Behandlungsplan auf Formular 62C, höchstens dreimal im Krankheitsfall 167 Punkte / 19,19 Euro 37711 Zuschlag zur Versichertenpauschale oder Grundpauschale für den die außerklinische Intensivpflege koordinierenden Vertragsarzt (gemäß § 12 Abs. 1 der AKI-RL), einmal im Behandlungsfall 275 Punkte / 31,60 Euro 37720 Fallkonferenz gemäß § 12 Abs. 2 der AKI-RL, höchstens achtmal im Krankheitsfall 86 Punkte / 9,88 Euro *Orientierungswert 2022: 11,2662 Cent / 2023: 11,4915 Cent Hinweise:
- Die Leistungen zur außerklinischen Intensivpflege werden extrabudgetär vergütet.
- Voraussetzung für die Berechnung ist, dass die Leistungen nach den Vorgaben der neuen Außerklinischen Intensivpflege-Richtlinie des G-BA ausgeführt werden.
- Außerdem ist für die Berechnung einiger GOP eine bestimmte Qualifikation nachzuweisen beziehungsweise eine Genehmigung bei der Kassenärztlichen Vereinigung zu beantragen (s. auch Infobox Formulare)
Die neuen Formulare für die außerklinische Intensivpflege
Formular 62A – Ergebnis der Potenzialerhebung
- Damit außerklinische Intensivpflege für beatmete oder trachealkanülierte Patientinnen und Patienten verordnet werden kann, muss vorab ihr Potenzial zur Beatmungsentwöhnung und Dekanülierung geprüft werden.
- Die Dokumentation des Ergebnisses erfolgt auf Formular 62A „Ergebnis der Erhebung des Beatmungsentwöhnungs- bzw. Dekanülierungspotenzials gemäß AKI-Richtlinie des G-BA“.
- Die Erhebung darf nur von besonders qualifizierten Ärztinnen und Ärzten durchgeführt werden, die eine Genehmigung der zuständigen KV haben. Sie kann auch durch qualifizierte Ärztinnen und Ärzten erfolgen, die sonst nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, z. B. Krankenhausärzte.
Erheben dürfen:
- Fachärzte/-innen mit Zusatzbezeichnung Intensivmedizin/für Innere Medizin und Pneumologie /für Anästhesiologie mit mindestens 6-monatiger einschlägiger Tätigkeit in einer spezialisierten Beatmungsentwöhnungs-Einheit/für Innere Medizin, Chirurgie, Neurochirurgie, Neurologie oder Kinder- und Jugendmedizin mit mindestens 12-monatiger einschlägiger Tätigkeit in einer Beatmungsentwöhnungs-Einheit
- Weitere Fachärzte/-innen mit mindestens 18-monatiger einschlägiger Tätigkeit in einer spezialisierten Beatmungsentwöhnungs-Einheit
- Bei nicht beatmeten Patientinnen und Patienten auch Fachärzte/-innen mit mindestens 18-monatiger einschlägiger Tätigkeit in einer stationären Einheit der neurologisch-neurochirurgischen Früh-Reha
Für die Erhebung benötigen alle genannten Gruppen eine Genehmigung der KV, die sie beantragen müssen.
Formular 62B – Verordnung außerklinischer Intensivpflege
- Hier sind die verordnungsrelevanten Diagnosen anzugeben und wichtige Informationen zum klinischen Status sowie zum erforderlichen Leistungsumfang.
- Eine Erstverordnung ist für bis zu 5 Wochen (Vertragsarztpraxis) beziehungsweise bis zu 7 Tage (Krankenhaus) möglich. Krankenhäuser sollen die weiterbehandelnde Praxis frühzeitig über die Verordnung informieren.
- Eine Folgeverordnung können Vertragsärztinnen und Vertragsärzte grundsätzlich für einen Zeitraum von bis zu 6 Monaten ausstellen.
- Bis zu 12 Monate sind es bei beatmeten oder trachealkanülierten Versicherten, für die keine Aussicht auf nachhaltige Besserung der zu Grunde liegenden Funktionsstörung besteht und für die eine Dekanülierung oder Entwöhnung dauerhaft nicht möglich ist.
- Die Rückseite der Verordnung nutzen Versicherte für ihren Antrag bei der Krankenkasse.
Verordnen dürfen:
- Hausärzte/-innen mit Kompetenzen im Umgang mit beatmeten oder trachealkanülierten Patienten und Patientinnen; sie benötigen hierfür eine Genehmigung ihrer KV, die sie beantragen müssen.
- Fachärzte/-innen mit Zusatzbezeichnung Intensivmedizin/für Innere Medizin und Pneumologie/für Anästhesiologie/für Neurologie/für Kinder- und Jugendmedizin
- Fachärzte/-innen mit der Qualifikation zur Potenzialerhebung
Formular 62C – Behandlungsplan
- Er wird der Verordnung beigefügt. Darauf werden spezifische Angaben und konkretisierende Hinweise bezüglich der vereinbarten Behandlungsmaßnahmen dokumentiert.
- Der Behandlungsplan ist bei Änderungen (z. B. des Bedarfs, des klinischen Status, der relevanten Kontextfaktoren) von der verordnenden Ärztin oder dem verordnenden Arzt zu aktualisieren.
- Ergeben sich daraus Änderungen an Inhalt und Umfang der Leistungen der außerklinischen Intensivpflege, so ist der Behandlungsplan von der verordnenden Ärztin oder dem verordnenden Arzt erneut der Krankenkasse vorzulegen.
Die neuen Formulare und Ausfüllhinweise finden Sie hier.