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PraxisNachrichten: Hinterher ist man immer schlauer

Dreiseitige Verhandlungen: AOP-Katalog wird um erste Verfahren erweitert

22.12.2022 - Der Katalog ambulant durchführbarer Operationen am Krankenhaus wird zum 1. Januar um erste Verfahren erweitert. Außerdem ist dann bei allen Rezidivoperationen eine Differenzierung nach Schweregraden möglich. Auf diese und weitere Maßnahmen haben sich die KBV, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der GKV-Spitzenverband geeinigt.

In der ersten Stufe der Weiterentwicklung des ambulanten Operierens nach Paragraf 115b SGB V werden 208 Operationen und Eingriffe in den Katalog ambulant durchführbarer Operationen, sonstiger stationsersetzender Eingriffe und stationsersetzender Behandlungen – kurz AOP-Katalog – aufgenommen. Der Katalog enthält alle Operationen und sonstigen Eingriffe, die die Krankenhäuser ambulant vornehmen und nach EBM abrechnen können.

208 OPS-Kodes neu im AOP-Katalog

Der Großteil dieser neuen Leistungen im AOP-Katalog wird von Vertragsärzten schon ambulant durchgeführt. 119 der 208 OPS-Kodes sind bereits im Anhang 2 des EBM enthalten, weitere 35, überwiegend Eingriffe der Rhythmuschirurgie, ab 1. Januar. Die Aufnahme dieser und weiterer neuer OP-Leistungen in den Anhang 2 hatten die KBV und der GKV-Spitzenverband vergangene Woche beschlossen (die PraxisNachrichten berichteten).

Die restlichen 54 OPS-Kodes wurden nichtoperativen Gebührenordnungspositionen des EBM zugeordnet und in den Abschnitt 2 des AOP-Kataloges aufgenommen. Diese können damit ab Januar 2023 neben Vertragsärzten ebenfalls von Krankenhäusern ambulant erbracht  werden.

Differenzierung nach Schweregraden: Neuer Zuschlag für Reoperationen ab 2023

Bei der Differenzierung der Eingriffe nach Schweregraden konnten sich die Verhandlungspartner auf eine erste Maßnahme verständigen. Sie betrifft Rezidiv- beziehungsweise Reoperationen zur „Wiedereröffnung eines Operationsgebietes zur Behandlung einer Komplikation, Durchführung einer Rezidivtherapie oder der Durchführung einer anderen Operation in diesem Operationsgebiet“.

Vertrags- und Klinikärzte können ab Januar alle Eingriffe, die im Abschnitt 1 des AOP-Katalogs (basierend auf dem Anhang 2 EBM) hinterlegt sind, als Reoperation kennzeichnen, soweit sie nicht bereits im EBM über eigenständige OPS-Schlüssel abgebildet und spezifisch bewertet sind. Für den zusätzlichen Zeitaufwand können sie wie jetzt schon für Simultaneingriffe einen Zuschlag zu je 15 Minuten abrechnen: bei kleineren Eingriffen bis zu zweimal, bei größeren bis zu viermal. Für die Abrechnung des Zuschlags geben Ärzte den OPS-Zusatzkode 5-983 Reoperation an. (s. Infobox)

Der AOP-Vertrag wird zum 1. Januar entsprechend angepasst und um die Klausel ergänzt, dass die Vertragspartner anstreben, „bis Ende 2023 eine möglichst manipulationsresistente, objektivier- und reproduzierbare Schweregradsystematik zu entwickeln“. Neben eingriffsbezogenen Faktoren sollen dann auch patientenbezogene Faktoren berücksichtigt werden, die sich auf den Schweregrad einer Operation auswirken können.

Eine weitere Änderung im AOP-Vertrag betrifft die Begründungspflicht für Krankenhäuser, wenn sie Leistungen des AOP-Vertrages stationär durchführen. Künftig müssen sie nach einer neuen Systematik anhand von ICD-10- und/oder OPS-Kodes dokumentieren, warum ein Patient stationär behandelt wird, obwohl der Eingriff prinzipiell ambulant möglich ist. Dazu wurden sogenannte Kontextfaktoren entwickelt – eine Liste mit Indikationen und anderen Kriterien, welche die bislang bestehenden GAEP-Kriterien ablösen, um eine stationäre Behandlung zu begründen.

Gassen: Es wäre mehr möglich gewesen

„Es wäre mehr möglich und auch dringend notwendig gewesen, als jetzt vereinbart werden konnte“, sagte der Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Andreas Gassen, den PraxisNachrichten. Jüngst beschlossene Maßnahmen des Gesetzgebers wie die Tagesbehandlungen an Krankenhäusern haben sich Gassen zufolge negativ auf die Verhandlungen insbesondere zur Ausweitung des AOP-Katalogs ausgewirkt. Er appellierte an die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), den weiteren Prozess der Verlagerung stationärer Eingriffe in den ambulanten Bereich zusammen mit allen Beteiligten aktiv voranzutreiben.

Auftrag des Gesetzgebers an KBV, DKG und Kassen

Der Gesetzgeber hatte die KBV, die DKG und den GKV-Spitzenverband im Jahr 2019 beauftragt, das ambulante Operieren nach Paragraf 115b SGB V weiterzuentwickeln und höhere Anreize zu setzen, dass mehr Operationen am Krankenhaus ambulant erfolgen. Dazu soll unter anderem der AOP-Katalog erweitert werden.

In einem ersten Schritt wurde das IGES-Institut beauftragt, stationäre Leistungen zu identifizieren, die ambulant erbracht werden könnten. Die Gutachter kamen im Frühjahr dieses Jahres zu dem Schluss, dass von den rund 35.000 analysierten OPS-Kodes fast 2.500 OPS-Kodes dem AOP-Katalog hinzugefügt werden könnten. Zusätzlich empfahlen sie, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem Krankenhäuser begründen können, warum ein Patient doch stationär behandelt werden muss.

Zweite Stufe ab 2024

KBV, DKG und GKV-Spitzenverband wollen die Beratungen im neuen Jahr zügig fortsetzen. Die zweite Stufe der Weiterentwicklung des ambulanten Operierens soll nach einem Eckpunktepapier zum 1. Januar 2024 umgesetzt werden. Dann soll der AOP-Katalog um Verfahren, die komplexere Regelungen für eine Aufnahme erfordern, erweitert werden.

Die KBV wird parallel dazu mit dem GKV-Spitzenverband bilateral über weitere Fördermaßnahmen zum ambulanten und belegärztlichen Operieren verhandeln. Beide Seiten hatten in der vergangenen Woche ein erstes Maßnahmenpaket beschlossen, das unter anderem Zuschläge zu rund 500 OPS-Kodes vorsieht. Zudem wurden – über die oben genannten 35 Operationen hinaus – insgesamt knapp 200 weitere OPS-Kodes in den Anhang 2 des EBM aufgenommen.

Schweregradzuschlag bei Reoperationen

Vertrags- und Klinikärzte können ab Januar 2023 Reoperationen kennzeichnen und einen Zuschlag für einen erhöhten Zeitaufwand abrechnen. Möglich ist dies bei allen OPS-Kodes aus dem Abschnitt 1 des AOP-Katalogs, sofern ein OPS-Kode nicht spezifisch eine Reoperation beziehungsweise einen Rezidiveingriff beinhaltet.

Die Kennzeichnung erfolgt mit dem OPS-Kode 5-983. Eine durch die Voroperation(en) bedingte verlängerte  Operationszeit wird dann – analog zu den Regelungen zu den Simultaneingriffen – über organ- beziehungsweise eingriffsspezifische Zuschläge vergütet. Maßgeblich für die Berechnung der Zuschlagspositionen ist die Zeitkategorie des Eingriffs. Bei Kategorie 1 bis 4 ist der Zuschlag bis zu zweimal, bei Kategorie 5 bis 7 bis zu viermal berechnungsfähig. Bedingung ist, dass die reale Dauer des Eingriffs die im EBM ausgewiesene Zeitkategorie des Eingriffs überschreitet.

Beispiel

Rechtsseitig erfolgt die Fasziektomie an der Hohlhand als Rezidiveingriff. Die Operation dauert insgesamt 1 Stunde und 20 Minuten. Der Eingriff wird mit dem OPS-Kode 5-842.40 verschlüsselt. Zur Kennzeichnung als Rezidiveingriff wird der OPS-Kode 5-983 angegeben.

  • Vergütung des Eingriffs der Kategorie C4 (GOP 31124) ohne Zuschlag:
    340,38 Euro (2.962 Punkte)
  • Vergütung des Eingriffs (GOP 31124) mit Zeitzuschlag je vollendete weitere 15 Minuten (GOP 31128):
    415,19 Euro (3.613 Punkte)

Entsprechend der Zeitkategorie der Operation mit C4 ist über die Gebührenordnungsposition für den Eingriff eine Stunde OP-Zeit vergütet. Für die Überschreitung von 20 Minuten kann zusätzlich einmal der Zuschlag angegeben werden.

Hinweis: Für einen Eingriff dieser Zeitkategorie könnten bis zu zwei Zuschläge berechnet werden.

Stichwort: AOP-Katalog und Anhang 2 EBM

Vertragsärzte und Krankenhausärzte können ambulante Operationen und stationsersetzende Eingriffe durchführen. Das Spektrum dieser Operationen und Eingriffe unterliegt unterschiedlichen Regelungen.

Art und Umfang des ambulanten Operierens für Vertragsärzte wird durch den Anhang 2 des EBM und das dazugehörige Regelwerk bestimmt.

Das ambulante Operieren am Krankenhaus wird im sogenannten AOP-Vertrag auf Grundlage des Paragrafen 115b SGB V geregelt, der zwischen KBV, Deutsche Krankenhausgesellschaft und GKV-Spitzenverband vereinbart ist. Eine Anlage zum AOP-Vertrag ist der AOP-Katalog.

AOP-Katalog für Krankenhäuser

Der Katalog ambulant durchführbarer Operationen, sonstiger stationsersetzender Eingriffe und stationsersetzender Behandlungen – kurz AOP-Katalog – enthält alle Operationen und sonstigen Eingriffe, die Krankenhäuser in der Regel ambulant vornehmen sollen. Er ist in drei verschiedene Abschnitte gegliedert:

  • Abschnitt 1: Enthält eine Teilmenge von rund 2.870 der insgesamt etwa 10.700 Operationen aus dem Anhang 2 des EBM.
  • Abschnitt 2: Enthält Eingriffe und Verfahren außerhalb des Anhangs 2 des EBM, die einem Kode des OPS-Kataloges zugeordnet sind.
  • Abschnitt 3: Enthält Eingriffe und Verfahren außerhalb des Anhangs 2 des EBM ohne Zuordnung zu einem OPS-Kode.

Abrechnungsgrundlage für alle Operationen und sonstigen Eingriffe des AOP-Katalogs ist – gemäß den Bestimmungen des Paragrafen 115b SGB V – der EBM. Die im AOP-Katalog hinterlegten Eingriffe können somit auch von Vertragsärzten zulasten der GKV abgerechnet werden.

Anhang 2 des EBM für Vertragsärzte

Der Anhang 2 des EBM enthält alle Operationen, die Vertragsärzte ambulant und belegärztlich durchführen dürfen. Das Spektrum der im Anhang 2 des EBM hinterlegten Verfahren ist deutlich umfassender als das im Abschnitt 1 des AOP-Kataloges

Abrechnungsgrundlage für alle im Anhang 2 aufgeführten und nach OPS kodierten Operationen ist der EBM (Kapitel 31.2 und 36.2).

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