Heilmittelverordnung: Klarstellung zur Abweichung von der Höchstmenge
26.01.2023 - Ärzte können Patienten mit einem besonderen Heilmittelbedarf eine Verordnung für bis zu zwölf Wochen ausstellen. Dabei spielt es keine Rolle, wie lange der Sturz, Schlaganfall oder ein anderes Akutereignis her ist. Entsprechende Hinweise und medizinische Spezifikationen in der Diagnoseliste sind für die Bemessung der Behandlungsdauer nicht bindend. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss klargestellt.
Die Klarstellung betrifft Krankheiten, die mitunter nur unter bestimmten Voraussetzungen in den Wirtschaftlichkeitsprüfungen vom Verordnungsvolumen abgezogen werden, zum Beispiel „längstens 1 Jahr nach Akutereignis“. Bislang war häufig unklar, ob auch nach Ablauf einer solchen Frist die im Heilmittelkatalog angegebene Höchstmenge an Therapieeinheiten je Verordnung überschritten und eine Verordnung für bis zu zwölf Wochen ausgestellt werden darf.
In der Regel beträgt die Höchstmenge laut Heilmittelkatalog sechs bis zehn Behandlungseinheiten je Verordnung. Ausnahmen bestehen bei einem besonderen Verordnungsbedarf und bei einem langfristigen Heilmittelbedarf. In beiden Fälle können Einheiten für eine Behandlungsdauer von bis zu zwölf Wochen auf einem Rezept verordnet werden.
Höchstmenge darf überschritten werden
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat jetzt klargestellt, dass die Spezifikationen und Hinweise in der Diagnoseliste für die Bemessung der Behandlungseinheiten je Verordnung nicht bindend sind. Somit können Ärzte für diese Erkrankungen auch dann eine Verordnung für zwölf Wochen ausstellen, wenn das Akutereignis schon länger zurückliegt.
Für Patienten vor allem mit schweren und langfristigen funktionellen oder strukturellen Schädigungen hat dies den Vorteil, dass sie nicht mehrmals im Quartal nur wegen einer neuen Verordnung die Arztpraxis aufsuchen müssen. Zudem verringert sich die Zuzahlung, die pro Verordnung anfällt.
Ausgenommen von der Regelung sind laut G-BA nur Hinweise in der Diagnoseliste, die das Alter des Patienten betreffen. Diese sind bei der Bemessung der Behandlungseinheiten je Verordnung zu beachten. Steht bei einer Erkrankung unter „Hinweis/Spezifikation“ beispielsweise „ab vollendetem 70. Lebensjahr“, dann darf der Arzt nur Personen über 70 eine Verordnung mit Heilmitteln für bis zu zwölf Wochen ausstellen. Maßgeblich ist das Alter zum Zeitpunkt der Ausstellung der Verordnung.
Massagetherapien auf zwölf Einheiten begrenzt
Eine weitere Klarstellung in der Heilmittel-Richtlinie betrifft Massagetherapien und standardisierte Heilmittelkombinationen. Diese sind auf zwölf Einheiten im Verordnungsfall begrenzt – unabhängig davon, ob ein langfristiger Heilmittelbedarf oder besonderer Verordnungsbedarf vorliegt.
Nur wenn im Heilmittelkatalog ausdrücklich steht „die Begrenzung auf 12 Einheiten gilt hier nicht“, darf eine höhere Menge verordnet werden.
Hintergrund dieser Klarstellung war, dass zum Teil mehr Massagetherapien und standardisierte Heilmittelkombinationen verordnet oder von Krankenkassen genehmigt wurden. Auch diese Klarstellung ist am 23. Januar in Kraft getreten.
Diagnoseliste steht online bereit
Die KBV stellt als Servicedokument für Praxen eine Diagnoseliste bereit, die alle Diagnosen enthält, die einen besonderen Verordnungsbedarf oder einen langfristigen Heilmittelbedarf begründen (siehe „Mehr zum Thema“).
In der Verordnungssoftware der Praxen wird bereits seit Oktober 2021 angezeigt, ob die Höchstmenge überschritten werden darf und Heilmittel für bis zu zwölf Wochen verordnet werden dürfen (die PraxisNachrichten berichteten).
Langfristiger Heilmittelbedarf und besonderer Verordnungsbedarf
Bei welchen Erkrankungen von einem langfristigen Heilmittelbedarf auszugehen ist, definiert der G-BA in einer Diagnoseliste. Bei diesen Diagnosen ist ein Antrags- und Genehmigungsverfahren bei der Krankenkasse nicht mehr erforderlich. Verordnungen des langfristigen Heilmittelbedarfs unterliegen nicht der Wirtschaftlichkeitsprüfung.
Bei welchen Erkrankungen Patienten oftmals mehr Heilmittel benötigen und daher einen „besonderen Verordnungsbedarf“ haben, vereinbaren KBV und GKV-Spitzenverband in einer gesonderten Diagnoseliste. Die Kosten für diese Verordnungen werden bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen aus dem Verordnungsvolumen des Vertragsarztes herausgerechnet.
Als Service stellt die KBV eine zusammengefasste Diagnoseliste bereit. Informationen finden Praxen außerdem auf der Themenseite Heilmittel und in der Broschüre Heilmittel (siehe „Mehr zum Thema“).