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PraxisNachrichten: Hinterher ist man immer schlauer

Mehr Geld für kinderärztliche Leistungen

Gassen: Entbudgetierung ist lange überfällig

26.01.2023 - Die finanzielle Unterstützung von Arztpraxen bei der Behandlung von Kindern mit Atemwegsinfektionen kann aus Sicht von KBV-Chef Dr. Andreas Gassen nur eine kurzfristige Maßnahme sein. Jetzt müssten die Budgets abgeschafft werden – nicht nur für die Kinder- und Jugendärzte, sondern für alle Fachgruppen, forderte Gassen in einem Video-Interview.

Dass die Krankenkassen für die Versorgung von Kindern mit Atemwegserkrankungen kurzfristig 49 Millionen Euro zusätzlich bereitstellen, sieht Gassen als „positives Signal“. „Wir müssen jetzt mutig voranschreiten“, fuhr er fort und fügte hinzu: „Ich glaube, die Krankenkassen begreifen langsam, welch hoher Wert die ambulante Versorgung ist und dass es sie auch zu stabilisieren gilt“. Schließlich zeige sich, dass „die Krankenhäuser in weiten Bereichen doch mit der Versorgung überlastet sind.“

Entbudgetierung in der Kinderheilkunde auf dem Weg

Die vom Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach auf den Weg gebrachte extrabudgetäre Vergütung von Leistungen der Kinderheilkunde könne nur ein Anfang sein. Die Entbudgetierung aller Leistungen sei ein längst überfälliger Schritt, der „sicherlich auch eine gewisse Ruhe ins System bringen wird“.

Seit Mittwoch liegt ein Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums für eine gesetzliche Änderung vor, die ein Aussetzen der Budgets in der Kinder- und Jugendheilkunde vorsieht. Sie soll im Omnibusverfahren mit dem geplanten Gesetz für eine Stiftung Unabhängige Patientenberatung verabschiedet werden.

Sündenfall hat mit den Budgets begonnen

Gassen kritisierte erneut die kontinuierliche Unterfinanzierung der ambulanten medizinischen Versorgung. Der „Sündenfall“ habe in Lahnstein mit Einführung der Budgets begonnen. „Im Grundsatz geben wir seit rund 30 Jahren einen Dauerrabatt auf alle ärztlichen Leistungen. Das ist sicherlich einzigartig, das gibt es in keiner anderen Branche“, sagte Gassen und stellte klar: „Und das ist auch nicht mehr tragfähig.“

Auch in den schwierigen vergangenen Jahren, „in denen man versucht hat, alle Branchen zu stützen“, habe man eine der wichtigsten, nämlich die ambulante Versorgung, „ein bisschen außen vorgelassen“. Doch es setze sich nunmehr die Erkenntnis durch, „dass das ein Spiel mit dem Feuer ist“, betonte Gassen und fügte hinzu: „Wenn die haus- und fachärztliche Versorgung in den Praxen wegbricht, dann bricht die Versorgung für 83 Millionen Menschen weg.“

Ambulantisierung vorantreiben

Die Entbudgetierung der ärztlichen Leistungen sei lange überfällig und dringend notwendig, betonte der KBV-Chef. Ebenso wichtig sei, das Gesundheitssystem insgesamt zu stabilisieren. So müssten auch „an der einen oder anderen Stelle Reformen angestoßen“ werden. Die Krankenhausreform sei seit Jahren, fast Jahrzehnten verzögert worden.  Aber nicht alle der 2000 Krankenhäuser hätten in der Versorgungslandschaft als Krankenhaus eine Zukunft, „weil einfach der Bedarf nicht da ist“.

Kein Dauer-Sparprogramm – weder ambulant noch stationär

Deshalb müsse die Ambulantisierung vorangetrieben werden. Allerdings müssten dabei gleiche Rahmenbedingungen geschafft werden, „für alle, die diese neue ambulante Versorgungsschiene dann leisten wollen und sollen“.

Auch wenn ein großer Teil von Eingriffen heutzutage ambulant in einem Nicht-Krankenhaus-Setting geschehe, gebe es unverändert Eingriffe, die stationär erbracht werden müssten, betonte Gassen. Dafür brauche es weiterhin leistungsfähige und sowohl finanziell als auch personell gut ausgestattete Krankenhäuser. Deshalb dürfe weder im ambulanten noch im stationären Bereich mit „einem Dauer-Sparprogramm“ fortgefahren werden.

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