Gassen: "Chance der Ambulantisierung vertan“ – Verhandlungen zur speziellen sektorengleichen Vergütung gescheitert
06.04.2023 - Die Verhandlungen zur speziellen sektorengleichen Vergütung von Operationen sind gescheitert. Der GKV-Spitzenverband, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die KBV haben am Montag das Bundgesundheitsministerium darüber informiert, dass in der vom Gesetzgeber vorgegebenen Frist keine Einigung erzielt werden konnte. Nun kann das BMG eine Rechtsverordnung erlassen.
„Damit wurde erneut eine Chance vertan, die Ambulantisierung stationärer Leistungen, die eigentlich ambulant vorgenommen werden können, voranzutreiben“, sagte der Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Andreas Gassen, den PraxisNachrichten. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der GKV-Spitzenverband hätten kein ernsthaftes Interesse gezeigt, hier zügig voranzukommen.
Der GKV-Spitzenverband, die DKG und die KBV waren mit dem Krankenhausentlastungspflegegesetz, das zu Jahresbeginn in Kraft getreten ist, beauftragt worden, bis zum 31. März eine spezielle sektorengleiche Vergütung für diejenigen Leistungen des AOP-Katalogs nach Paragraf 115b einzuführen, die bislang überwiegend stationär erfolgen. Diese Vergütung soll unabhängig davon gezahlt werden, ob der Eingriff ambulant oder stationär durchgeführt wird.
Interessen der Krankenhäuser standen im Fokus
„Bei einem Vorhaben wie diesem, den stationären und ambulanten Bereich über ein neues einheitliches Vergütungssystem zu verbinden und so Anreize für eine stärkere Ambulantisierung zu schaffen, hätten wir erwartet, dass zumindest der GKV-Spitzenverband nicht einseitig die Interessen der Krankenhäuser im Blick hat“, kritisierte Gassen. Vorschläge der KBV, wie die Belange beider Sektoren berücksichtigt werden könnten, seien nicht aufgegriffen worden.
Die unterschiedlichen Positionen der Vertragsparteien betrafen zum einen den Umfang und Zeitpunkt der Ambulantisierung. Der Verschlag der KBV umfasste deutlich mehr Operationen aus verschiedenen Leistungsbereichen, die ab April mit den neuen Fallpauschalen hätten vergütet werden können.
Die KBV hatte die Leistungen entsprechend der gesetzlichen Vorgabe – hohe Fallzahl im Krankenhaus, kurze Verweildauer und geringer klinischer Komplexitätsgrad – ausgewählt. Die Kassen und die DGK wollten dagegen nur mit einem sehr eng begrenzten Leistungsspektrum im Sinne eines Pilotversuchs starten.
Auch bezüglich des Inhalts der sektorengleichen Fallpauschalen gab es seitens der GKV und der DKG keine Bewegung. Sie beharrten darauf, die DRG-Systematik der Krankenhäuser 1:1 beizubehalten. „Man kann die DRG nicht einfach dem vertragsärztlichen Bereich überstülpen. Die Strukturen sind nun mal andere als die des stationären Sektors“, sagte Gassen. „Wir brauchen eine Lösung, die beide Sektoren verbindet.“
Die KBV hatte dagegen eine Fallpauschale vorgeschlagen, die grundsätzlich alle Leistungen im Zusammenhang mit einem Eingriff umfasst – einschließlich der prä- und postoperativen Vor- und Nachbereitung. Nicht enthalten sind nach dem Vorschlag der KBV Untersuchungen und Behandlungen, die zur hausärztlichen Versorgung notwendig sind oder im Auftrag von anderen spezialisierten Ärzten durchgeführt werden, unter anderem der Radiologie und des Speziallabors.
Ein weiterer Knackpunkt war die Höhe der Pauschalen. Das Angebot der Krankenkassen lag deutlich unter dem, was die KBV für einzelne Eingriffe berechnet hatte. Die Eingriffe wären damit wieder nicht kostendeckend möglich gewesen. Zudem sah der Vorschlag des GKV-Spitzenverbandes keine Zuschläge für komplexere Fälle vor, obwohl die gesetzlichen Vorgaben eine Differenzierung nach dem Schweregrad der Fälle vorsehen.
Nach dem Scheitern der Verhandlung kann das Bundesministerium für Gesundheit tätig werden. Es ist gesetzlich ermächtigt (§ 115f Abs. 4 SGB V), durch Rechtsverordnung die spezielle sektorengleiche Vergütung und die zu vereinbarenden Leistungen zu bestimmen, soweit eine Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien nicht zustande kommt.