Keine Einigung zu den neuen TI-Pauschalen – KBV und KZBV ziehen die Reißleine
06.04.2023 - Keine Aussicht „auf eine gemeinsam getragene“ Lösung bei der Finanzierungsvereinbarung zur Telematikinfrastruktur sehen die Vorstände von KBV und Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung. In einer gemeinsamen Erklärung teilten sie am heutigen Donnerstag mit, dass die Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband zu den neuen Monatspauschalen gescheitert sind.
Das Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (KHPflEG) sieht vor, dass vertragsärztliche und vertragszahnärztliche Praxen ab dem 1. Juli eine monatliche Pauschale für die Ausstattung und den Betrieb der Telematikinfrastruktur (TI) erhalten. Die Höhe und Berechnung der Pauschale sollten der GKV-Spitzenverband und die KBV sowie die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) in jeweiligen Vereinbarungen bis zum 30. April festlegen. Das ist nicht gelungen.
„Die Verhandlungen sind mit Ansage gescheitert“, erklärte der stellvertretende KZBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Karl-Georg Pochhammer. Mit dem erklärten Ziel, die Kosten zu senken und der Option, die Vereinbarung im nun eingetretenen Fall selbst vorzugeben, habe das BMG von vornherein kaum Platz für Verhandlungen gelassen. „Die Verhandlungen waren nur ein politisches Feigenblatt“, kritisierte Pochhammer.
„Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen stehen der Digitalisierung offen gegenüber, weil sie sich davon Arbeitserleichterungen versprechen“, stellte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner heraus. Im Sinne der Akzeptanz sei es unabdingbar, dass nicht nur technisch, sondern auch finanziell Lösungen geschaffen würden, die für niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten tragbar seien.
In einem Brief des KBV-Vorstands an Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach heißt es dazu: „Vor diesem Hintergrund bedarf es eindeutiger und klarer Regelungen, mit denen sichergestellt wird, dass die aus den Anwendungen der Telematikinfrastruktur entstehenden finanziellen Mehrbelastungen vollständig ausgeglichen werden.“
Kassen wollen Kosten auf Praxen abwälzen
Als Hauptgrund für die gescheiterten Verhandlungen führen die Vorstände von KBV und KZBV die viel zu geringen Pauschalen an, die die Kassen zahlen wollen. „Die Kassenseite hat einen Vorschlag eingebracht, der eine weitere Kostenbelastung der Praxen mit sich gebracht hätte. Schon die aktuellen Pauschalen sind zu knapp bemessen und führen in vielen Fällen dazu, dass Praxen auf Kosten sitzen bleiben. Eine Deckelung der Pauschalen wie von den Krankenkassen angestrebt würde diesen Effekt noch einmal verschärfen“, sagte Pochhammer.
Generell zeigen sich die Vorstände von KBV und KZBV zudem zutiefst skeptisch, dass sich die Industrie bei ihrer Preisbildung an von der Selbstverwaltung vereinbarte Pauschalen hält. „Wir teilen die Erwartungen nicht, dass nach der durch die vom Gesetzgeber vorgesehene Umstellung der Pauschalen der TI-Finanzierungsvereinbarung und der damit verbundenen Deckelung der Erstattungsbeträge die Preise am Markt für die Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten sinken werden. Dass Anbieter von IT-Systemen im Gesundheitswesen aufgrund von pauschalen Kostenerstattungsgrenzen ihre Preise auf die Erstattungsbeträge absenken, ist realistisch nicht zu erwarten“, schreiben die KBV-Vorstände an den Minister.
Pochhammer erklärte: „Die Pläne werden nicht funktionieren, weil der Markt im Bereich der TI-Anwendungen nicht funktioniert. Aber anstatt die Industrie in die Pflicht zu nehmen, werden die Zahnarztpraxen zur Kasse gebeten, indem sie noch weniger Geld für die Ausstattung und den Betrieb der TI erhalten sollen.“ KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner ergänzte: „Es ist für die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen fast unmöglich, einen IT-Anbieter ohne großen Aufwand zu wechseln. Sie sind diesem mehr oder minder auf Gedeih und Verderben ausgeliefert. Sie haben zudem keine Spielräume, den Preisvorstellungen der Anbieter nachzukommen.“
BMG ist jetzt am Zuge
Nach dem Scheitern der Verhandlungen kann das Bundesministerium für Gesundheit per Rechtsverordnung die Höhe der monatlichen Pauschalen festlegen, die ab Juli gezahlt werden sollen. So sieht es die entsprechende Regelung im Krankenhauspflegeentlastungsgesetz vor.