Steiner: eRezept erproben ja, aber Sanktionen lehnen wir ab - KBV stellt Infomaterial für Praxen bereit
27.07.2023 - Arztpraxen sollten sich rechtzeitig auf die verpflichtende Anwendung des elektronischen Rezepts ab 1. Januar 2024 vorbereiten. Auch wenn noch nicht alle Apotheken soweit sind, dass das eRezept per elektronischer Gesundheitskarte eingelöst werden kann, sollten sie die Möglichkeit nutzen, es auszuprobieren. Die KBV stellt zur Unterstützung Infomaterial bereit.
„Das eRezept für verordnungspflichtige Arzneimittel kommt. An dieser Absicht lässt das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) derzeit keine Zweifel aufkommen“, sagte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner den PraxisNachrichten. Der seit Kurzem vorliegende Referentenentwurf für ein Digitalgesetz sehe die verpflichtende Einführung des eRezepts zum 1. Januar vor.
Steiner erinnerte an den Beschluss der Gesellschafterversammlung der gematik von Ende Juni, mit dem das BMG als Mehrheitsgesellschafter die Weichen gestellt hatte. Der Beschluss, in Vorbereitung auf die gesetzlich vorgesehene Einführung 2024 sofort mit dem deutschlandweiten Rollout zu beginnen, war gegen die Stimmen der Ärzte- und Zahnärzteschaft getroffen worden. Auch die Apothekerschaft hatte nicht für den Beschluss gestimmt.
Steiner: Massenstart ohne ausreichende Testphase
„Wir wollten an dem von der Gematik zuvor beschlossenen stufenweisen Rollout festhalten, um das eRezept ausreichend testen zu können und dann, wenn es über die gesamte Prozesskette reibungslos läuft, zu sagen, man geht in die nächste Modellregion“, begründete Steiner das Nein der KBV. Immerhin würden in den Arztpraxen täglich rund 1,5 Millionen Rezepte ausgestellt. „Da muss jeder Schritt funktionieren“, sagte sie und fügte hinzu: „Jetzt soll es einen Massenstart ohne ausreichende Testphase geben.“
Mit der Möglichkeit, eRezepte per elektronischer Gesundheitskarte (eGK) in der Apotheke einlösen zu können, gebe es nun für Patienten eine einfache Lösung, sagte sie. Dafür hatten sich die KBV und die Kassenärztlichen Vereinigungen stark gemacht.
Verbleibende Zeit zur Vorbereitung nutzen
Praxisteams sollten daher die verbleibende Zeit zur Vorbereitung nutzen, technische Fragen rund um den elektronischen Verordnungsprozess klären und das eRezept ausprobieren: Wie funktioniert das elektronische Verordnen? Steht die Komfortsignatur bereit? Wie verändern sich gegebenenfalls die Abläufe in der Praxis durch das eRezept? Gibt es noch technische Probleme, die vor dem 1. Januar behoben werden müssen?
Das reine Ausstellen von eRezepten ist relativ einfach. Ärztinnen und Ärzte wählen dazu in der Verordnungssoftware wie bisher das Arzneimittel aus, das sie einem Patienten verschreiben wollen. Probleme bereitet bei einigen Softwaresystemen dagegen noch das elektronische Signieren. Bei einer Umfrage der KBV Anfang Juli hatte ein Drittel der Ärzte angegeben für die Komfortsignatur mehr als 25 Sekunden zu benötigen und damit deutlich mehr als im Praxisalltag akzeptabel.
Signieren nur mit eHBA
Für das Unterschreiben von eRezepten benötigen Ärztinnen und Ärzte ihren elektronischen Heilberufsausweis (eHBA), egal welches Signierverfahren sie nutzen. Die SMC-B-Karte kann dafür nicht verwendet werden. Mit Blick auf die geplante Einführung des eRezepts zum 1. Januar 2024 rät die KBV allen Ärztinnen und Ärzten, die noch keinen eHBA haben, diesen jetzt bei ihrer Ärztekammer zu bestellen und zu aktivieren.
Praxisinformation und Checkliste zur Vorbereitung
Was Praxen für das eRezept noch benötigen, wie es funktioniert und für welche Verordnungen es anzuwenden ist, fasst eine Praxisinformation zusammen. Sie gehört zu dem Infopaket, das die KBV online bereitstellt. Es umfasst außerdem eine Checkliste zur Vorbereitung auf das eRezept und ein Video, das die Abläufe erläutert. Für einen schnellen Überblick sorgt ein einseitiges Infoblatt „Auf einen Blick“.
Ergänzend dazu starten die PraxisNachrichten ab August mit einer Serie, in der einzelne Aspekte wie das Signieren näher beleuchtet werden.
Scharfe Kritik am geplanten Digitalgesetz
Steiner sicherte den Arztpraxen zu, sich bei der Politik weiterhin dafür einzusetzen, dass neue Anwendungen ausreichend getestet und die IT-Firmen verpflichtet werden, leistungsfähige und einfach zu bedienende Systeme bereitzustellen. In dem Referentenentwurf für ein Digitalgesetz vermisse sie allerdings solche Ansätze.
Mit mehr als einer Milliarde Patientenkontakten pro Jahr komme den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten eine Schlüsselrolle bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen zu, stellte sie heraus. Doch anstatt sie zu unterstützen, droht die Politik ihnen nun erneut mit Sanktionen und Bußgeldern.
So soll Ärztinnen und Ärzten, die künftig nicht in der Lage sind, verschreibungspflichtige Arzneimitteln elektronisch zu verordnen, die Vergütung pauschal um ein Prozent gekürzt werden. „Das ist vollkommen inakzeptabel“, kritisierte Steiner und fordert die Streichung der geplanten Sanktionen.
Ihr Infopaket zum eRezept
PraxisInfo: Elektronisches Rezept
Infoblatt: Auf einen Blick – das eRezept startet!
Auf einen Blick
- Die Umstellung auf das eRezept betrifft verschreibungspflichtige Arzneimittel, die bislang auf dem Muster 16 verordnet werden.
- Der Gesetzgeber plant die verpflichtende Einführung zum 1. Januar 2024.
- Versicherte legen zum Einlösen eines eRezepts ihre elektronische Gesundheitskarte (eGK) vor. Laut Bundesgesundheitsministerium sollen bis Ende Juli rund 80 Prozent der Apotheken in der Lage sein, die Karte einzulesen. Weiterhin möglich ist das Einlösen per App oder über einen Papierausdruck.
- Für das Ausstellen des eRezepts ist es egal, wie es eingelöst wird. Die Verordnungsdaten werden auf einem zentralen Server der Telematikinfrastruktur gespeichert; nicht auf der eGK oder in der App.
- Der Arzt, der das eRezept ausstellt, muss es persönlich signieren. Dazu benötigt er seinen elektronischen Heilberufsausweis (eHBA).
- Praxen sollten sich rechtzeitig auf den Start vorbereiten und das eRezept ausprobieren: Wie funktioniert das Ausstellen von eRezepten? Steht die Komfortsignatur bereit? Wie verändern sich gegebenenfalls die Abläufe in der Praxis durch das eRezept?
Welche Ausstattung ist für das eRezept nötig?
- Anbindung an die Telematikinfrastruktur mit einem Konnektor ab der Version PTV4+
- eRezept-Update für das Praxisverwaltungssystem
- aktivierter eHBA mit PIN für die persönliche elektronische Signatur (Unterschrift ist nur mit eHBA möglich, nicht per SMC-B-Karte)
- empfehlenswert: eingerichtete Komfortsignatur
- Drucker mit Mindestauflösung von 300 dpi für den Patientenausdruck (Papierformat DIN A4 oder A5)
Für die technische Installation ist der jeweilige PVS-Hersteller zuständig. Einen elektronischen Heilberufsausweis erhalten Ärztinnen und Ärzte bei der zuständigen Landesärztekammer.