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PraxisNachrichten: Hinterher ist man immer schlauer

Gassen: "Wir steuern auf ein riesiges Versorgungsproblem zu" – Hohe Inflation und steigende Kosten machen Praxen zu schaffen

03.08.2023 - Die Finanzmittel für die ambulante ärztliche und psychotherapeutische Versorgung müssen deutlich aufgestockt werden. Das sagte KBV-Vorstandschef Dr. Andreas Gassen im Vorfeld der Finanzierungsverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband für 2024, die nächste Woche in Berlin beginnen.

„Die hohe Inflation und die stark gestiegenen Kosten vor allem beim Personal machen den Praxen zu schaffen“, betonte Gassen in einem Gespräch mit den PraxisNachrichten. Die Ärzte und Psychotherapeuten hätten weder für das vorige Jahr noch für dieses Jahr einen Inflationsausgleich erhalten, fuhr er fort. Durch die jahrelange Unterfinanzierung und Budgetierung treffe dies den ambulanten Bereich besonders hart.

Inflationsausgleich auch für 2023

Bei den Finanzierungsverhandlungen für 2023 vor einem Jahr hatte die KBV gefordert, dass die hohe Inflation berücksichtigt wird. Dies fand im Erweiterten Bewertungsausschuss keine Mehrheit. „Das war falsch und muss in diesem Jahr korrigiert werden“, forderte Gassen. Die inflationsbedingten Mehrbelastungen, die die Praxen momentan zu tragen hätten, erschütterten ihre wirtschaftliche Situation, ohne dass sie die Möglichkeit zum Gegensteuern hätten.

Der Orientierungswert (OW) ist zu Jahresbeginn um lediglich 2 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: Die Inflationsrate lag im ersten Quartal bei 8,3 Prozent.

Gassen wies darauf hin, dass die Niedergelassenen infolge der hohen Preissteigerungen reale Einkommensverluste hinnehmen müssten, während die Gehälter in den Krankenhäusern steigen. „Wir steuern auf ein riesiges Versorgungsproblem zu, wenn der ambulante Bereich kaputtgespart und für den Ärztenachwuchs zunehmend unattraktiver wird“, warnte er. Schon jetzt fänden viele Ärztinnen und Ärzte für ihre Praxen keine Nachfolger.

Ohne Personal können Praxen dichtmachen

Das gleiche Problem zeichnet sich Gassen zufolge bei qualifiziertem nicht ärztlichen Personal ab, wo es bereits einen akuten Mangel gibt. Praxisinhaber könnten ihre Mitarbeitenden zunehmend nicht mehr adäquat bezahlen, sodass immer mehr von ihnen durch Kliniken abgeworben würden. Ohne Personal müssten viele Praxen ihren Leistungsumfang kürzen oder gar dichtmachen.

„Wir brauchen dringend finanzielle Unterstützung durch die Krankenkassen, um die Attraktivität des Berufsbildes zu erhalten und Abwanderungen aus dem ambulanten Sektor abzuwenden“, betonte der Vorstandsvorsitzende. Diese werde die KBV in den Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband einfordern. Gassen: „Der eklatante Wettbewerbsnachteil im Rennen um qualifiziertes Personal mit den Kliniken muss ein Ende haben.“

Verhandlungen zum Orientierungswert 2024

Bei den am Mittwoch beginnenden Finanzierungsverhandlungen von KBV und GKV-Spitzenverband geht es darum, wie viel Geld die Krankenkassen im nächsten Jahr für die ambulante Versorgung bereitstellen. Dazu wird der bundeseinheitliche Punktwert als Orientierungswert an die gestiegenen Kosten und Investitionen der Praxen angepasst.

Anders als bei Tarifverhandlungen gibt es für die OW-Verhandlungen gesetzliche Vorgaben, wie die Höhe der Anpassung festzulegen ist.

Die PraxisNachrichten werden über die Finanzierungsverhandlungen berichten.

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