Außerklinische Intensivpflege: Mehr Ärzte für die Versorgung zugelassen und weitere Neuerungen
21.09.2023 - Alle Vertragsärztinnen und Vertragsärzte dürfen jetzt außerklinische Intensivpflege verordnen, sofern sie Kompetenzen im Umgang mit beatmeten oder trachealkanülierten Versicherten nachweisen. Ein entsprechender Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses ist in Kraft getreten. Zudem werden weitere Fachgruppen einbezogen, die bei Kindern und Jugendlichen die Potenzialerhebung durchführen können.
Für die außerklinische Intensivpflege (AKI) von schwer kranken Menschen gelten seit Jahresbeginn neue Regelungen. Mit dem Ziel, die Versorgung für Betroffene zu verbessern, werden die Beatmungsentwöhnung und die Dekanülierung stärker in den Fokus gerückt. Hierfür soll regelmäßig das Potenzial erhoben werden (die PraxisNachrichten berichteten).
Allerdings ist unklar, ob ausreichend Ärztinnen und Ärzte in der jeweiligen Region zur Verfügung stehen. Deshalb hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) seine Regelungen angepasst. Hierdurch sollen sich mehr Ärztinnen und Ärzte an der Versorgung beteiligen können und Lücken in der Versorgung vermieden werden. Ferner wurde festgelegt, dass vor jeder Verordnung eine ärztliche Erhebung des Entwöhnungspotenzials zwar erfolgen „soll“, aber nicht „muss“. Diese Regelung ist bis Ende 2024 befristet.
Mehr Ärztinnen und Ärzte für die Verordnung
Wie bisher gilt, dass bestimmte Fachgruppen AKI verordnen dürfen und hierfür keine Genehmigung ihrer Kassenärztlichen Vereinigung benötigen. Dazu gehören Fachärztinnen und Fachärzte mit der Zusatzbezeichnung Intensivmedizin, für Innere Medizin und Pneumologie, für Anästhesiologie, für Neurologie oder für Kinder- und Jugendmedizin. Auch Fachärzte mit Genehmigung zur Potenzialerhebung benötigen keine zusätzliche Genehmigung für die AKI-Verordnung.
Neu ist aber nun, dass darüber hinaus alle anderen Vertragsärztinnen und Vertragsärzte mit Kompetenzen im Umgang mit beatmeten oder trachealkanülierten Menschen ebenfalls eine AKI-Verordnung ausstellen dürfen. Bisher galt dies nur für Hausärztinnen und Hausärzte. Wichtig: Sie benötigen hierfür eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung, die sie beantragen müssen.
Fortbildung nutzen
Zum Erwerb der geforderten Qualifikation bietet die KBV eine Online-Fortbildung an, die aus drei Modulen besteht und mit insgesamt neun CME-Punkten bewertet ist. Die Teilnahmebescheinigungen müssen bei der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung eingereicht werden. Die Fortbildung ist im Fortbildungsportal der KBV verfügbar (Login erforderlich, siehe Infokasten und "Mehr zum Thema").
Potenzialerhebung bei Kindern und Jugendlichen
Außerdem hat der G-BA geregelt, dass weitere Fachgruppen bei Kindern und Jugendlichen sowie jungen Volljährigen das Entwöhnungspotenzial erheben dürfen. Hierzu zählen etwa Kinder- und Jugendmediziner mit der Zusatzbezeichnung Kinder- und Jugend-Pneumologie (alle weiteren siehe Infokasten). Wichtig auch hier: Sie benötigen eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung, die sie beantragen müssen.
„Soll“-Regelung zur Potenzialerhebung bis Ende 2024
Neu ist außerdem die „Soll“-Regelung zur Potenzialerhebung, die bis zum 31. Dezember 2024 befristet ist. Demnach darf die außerklinische Intensivpflege auch dann ärztlich verordnet werden, wenn die vorgeschriebene Potenzialerhebung nicht vorliegt, weil eine dazu qualifizierte Ärztin oder ein dazu qualifizierter Arzt vor der Verordnung nicht rechtzeitig zur Verfügung steht. Dies ist auf der Verordnung entsprechend zu dokumentieren.
Dies soll laut G-BA aber die Ausnahme sein, um Versorgungslücken zu vermeiden. Grundsätzlich ist vor jeder AKI-Verordnung eine Erhebung des Entwöhnungspotenzials erforderlich.
Serviceheft der KBV nutzen
Zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege bietet die KBV ein Serviceheft an. Es richtet sich an Ärztinnen und Ärzte sowie Praxisteams, die insbesondere beatmete oder trachealkanülierte Patientinnen und Patienten behandeln. Auf 24 Seiten wird alles Wichtige anschaulich dargestellt, zudem gibt es Praxisbeispiele. Das Heft ist als Webversion in der Mediathek abrufbar und kann dort auch als gedrucktes Heft bestellt werden (siehe "Mehr zum Thema").
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- Hausärzte und alle weiteren Vertragsärzte mit Kompetenzen im Umgang mit beatmeten oder trachealkanülierten Patienten. Sie benötigen eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung, die sie beantragen müssen.
- Fachärzte mit Zusatzbezeichnung Intensivmedizin / für Innere Medizin und Pneumologie / für Anästhesiologie / für Neurologie / für Kinder- und Jugendmedizin. Sie benötigen keine Genehmigung.
- Fachärzte mit Genehmigung zur Potenzialerhebung. Sie benötigen eine Genehmigung für die Potenzialerhebung, aber keine für die Verordnung von außerklinischer Intensivpflege.
Dies gilt in gleicher Weise für Ärzte in ermächtigten Einrichtungen (z.B. Institutsambulanzen, Sozialpädiatrische Zentren), die als Leistungserbringer an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen.
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- Fachärzte mit der Zusatzbezeichnung Intensivmedizin,
- Fachärzte für Innere Medizin und Pneumologie,
- Fachärzte für Anästhesiologie mit mindestens 6-monatiger einschlägiger Tätigkeit in der prolongierten Beatmungsentwöhnung auf einer auf die Beatmungsentwöhnung von langzeitbeatmeten Versicherten spezialisierten Beatmungsentwöhnungs-Einheit,
- Fachärzte für Innere Medizin, Chirurgie, Neurochirurgie oder Neurologie mit mindestens 12-monatiger einschlägiger Tätigkeit in der prolongierten Beatmungsentwöhnung auf einer auf die Beatmungsentwöhnung von langzeitbeatmeten Versicherten spezialisierten Beatmungsentwöhnungs-Einheit,
- weitere Fachärzte mit mindestens 18-monatiger einschlägiger Tätigkeit in einer spezialisierten Beatmungsentwöhnungs-Einheit
- bei nicht beatmeten Patienten auch Fachärzte mit mindestens 18-monatiger einschlägiger Tätigkeit in einer stationären Einheit der neurologisch-neurochirurgischen Früh-Reha
Für die Potenzialerhebung ist eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung erforderlich.
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- Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin mit der Zusatzbezeichnung Kinder- und Jugend-Pneumologie
- Fachärzte mit jeweils einschlägiger Tätigkeit in der Behandlung von langzeitbeatmeten oder trachealkanülierten, nicht beatmeten Kindern und Jugendlichen auf einer hierfür spezialisierten stationären Einheit, in einer entsprechend hierfür spezialisierten Hochschulambulanz oder in einem entsprechend hierfür spezialisierten sozialpädiatrischen Zentrum:
- Fachärzte für Anästhesiologie: mindestens sechs Monate Tätigkeit
- Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin: mindestens zwölf Monate Tätigkeit
- weitere Fachärzte: mindestens 18 Monate Tätigkeit
Bei jungen Volljährigen kann die Erhebung bei einschlägiger Tätigkeit in der Behandlung von langzeitbeatmeten oder trachealkanülierten, nicht beatmeten Versicherten in einem hierfür spezialisierten medizinischen Behandlungszentrum zusätzlich erfolgen durch:
- Fachärzte für Anästhesiologie: mindestens sechs Monate Tätigkeit
- weitere Fachärzte: mindestens 18 Monate Tätigkeit
Für die Potenzialerhebung ist eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung erforderlich.