Nur leichtes Umsatzplus bei deutlich gestiegenen Kosten – Honorarberichte fürs erste Halbjahr 2022 veröffentlicht
05.10.2023 - Die Honorarumsätze der Ärzte und Psychotherapeuten sind im ersten Quartal 2022 bei deutlich gestiegenen Kosten nur leicht gewachsen. Im zweiten Quartal ist sogar ein Umsatzrückgang zu verzeichnen. Dies geht aus den Honorarberichten der KBV für das erste und zweite Quartal 2022 hervor.
Während der Umsatz im ersten Quartal im Bundesdurchschnitt um 4,9 Prozent je Arzt/Psychotherapeut stieg, sank er im zweiten Quartal um 1,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Einbrüche gab es auch beim Honorarumsatz je Behandlungsfall: Er ging im ersten Quartal 2022 um 5,8 Prozent zurück, im zweiten Quartal um 0,3 Prozent.
Ärzte verbuchen reale Einkommensverluste
„Die Umsätze können mit den explodierenden Kosten und der hohen Inflation nicht mehr Schritt halten“, konstatierte der Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Andreas Gassen. Ärzte- und Psychotherapeuten müssten infolgedessen reale Einkommensverluste hinnehmen und hätten zunehmend Probleme, zu investieren und ausreichend Personal zu beschäftigen, ergänzte KBV-Vizechef Dr. Stephan Hofmeister. Dies alles wirke sich langfristig negativ auf die Versorgung aus.
Beide erneuerten ihre Forderung nach einer Abschaffung der Honorarbudgets. „Jede Untersuchung und Behandlung muss zum vereinbarten Preis bezahlt werden“, betonten sie. Notwendig sei eine nachhaltige und langfristig tragfähige Finanzierung der ambulanten Versorgung.
Fachärztlicher Versorgungsbereich
Im fachärztlichen Bereich erhöhte sich der durchschnittliche Honorarumsatz je Arzt/Psychotherapeut im ersten Quartal 2022 um 2,3 Prozent. Der Umsatz je Behandlungsfall sank um 3,4 Prozent. Ein Grund dafür ist, dass die Zahl der Behandlungsfälle nach der Corona-Pandemie wieder stark zugenommen hat (+8,1 Prozent).
Im zweiten Quartal 2022 verringerte sich der Honorarumsatz je Facharzt/Psychotherapeut gegenüber dem zweiten Quartal 2021 um 2,0 Prozent und der Honorarumsatz je Behandlungsfall um 0,1 Prozent. Die Behandlungsfallzahl blieb nahezu konstant (-0,1 Prozent).
Hausärztlicher Versorgungsbereich
Im hausärztlichen Versorgungsbereich sank der Umsatz je Behandlungsfall im ersten Quartal 2022 um 9,2 Prozent. Ein Grund für das Minus ist auch hier, dass die Fallzahlen nach dem pandemiebedingten Rückgang wieder deutlich angestiegen sind. Die Fallzahl je Arzt stieg im Schnitt um 20,9 Prozent. Der Umsatz je Hausarzt erhöhte sich so um durchschnittlich 9,7 Prozent.
Im zweiten Quartal sank der Honorarumsatz je Arzt um durchschnittlich 0,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal, der Honorarumsatz je Behandlungsfall ging um 0,5 Prozent zurück. Die Zahl der Behandlungsfälle stieg um 0,2 Prozent.
Entwicklung der Gesamtvergütung
Die Gesamtvergütung, also das Geld, das für die ambulante ärztliche und psychotherapeutische Versorgung von gesetzlich Krankenversicherten zur Verfügung steht, erhöhte sich im ersten Quartal 2022 um rund 600 Millionen Euro (+5,5 Prozent). Für das zweite Quartal weist der Bericht ein Plus von rund 300 Millionen Euro (+2,9 Prozent) gegenüber dem Vorjahresquartal aus.
Die Gesamtvergütung setzt sich aus der Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) und der extrabudgetären Vergütung zusammen. Gewachsen ist im Berichtszeitraum vor allem die extrabudgetäre Vergütung (+15,1 Prozent und 6,6 Prozent), die unter anderem für Früherkennungsuntersuchungen, Impfungen und ambulante Operationen gezahlt wird.
Zu dem Zuwachs bei der extrabudgetären Vergütung trugen unter anderem die Regelungen aus dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) zur schnelleren Terminvermittlung und zur Neupatientenregelung bei. Letztere hatte der Gesetzgeber trotz massiver Proteste der Ärzteschaft zum 31. Dezember 2022 abgeschafft, sodass die Behandlung neuer Patienten seit Jahresbeginn nicht mehr extrabudgetär bezahlt wird.
Die MGV, aus der der Großteil der Leistungen vergütet wird, sank dagegen im ersten Quartal 2022 um 1,3 Prozent. Im zweiten Quartal blieb die MGV gegenüber dem Vorquartal nahezu gleich (+0,1 Prozent). Der Rückgang zu Jahresbeginn ist teilweise darauf zurückzuführen, dass die MGV in dem Quartal stärker um TSVG-Leistungen bereinigt werden musste.
Vergleichbarkeit pandemiebedingt eingeschränkt
Bei der Bewertung der Daten für das erste und zweite Quartal 2022 ist zu beachten, dass diese aufgrund der Corona-Pandemie und ihrer Auswirkungen auf die vertragsärztliche Versorgung nur eingeschränkt mit denen der Vorjahresquartale vergleichbar sind. So wurden die Ärzte und Psychotherapeuten im Berichtszeitraum von ihren Patienten wieder stärker in Anspruch genommen. Im ersten Quartal 2022 beispielsweise stieg die Fallzahl je Arzt um 11,3 Prozent, während sie im Vorjahresquartal pandemiebedingt um 7,3 Prozent gesunken war.
Honorarumsatz aus vertragsärztlicher Tätigkeit
Der Honorarumsatz wird häufig mit dem Einkommen der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten verwechselt. Der im Honorarbericht ausgewiesene Honorarumsatz aus vertragsärztlicher Tätigkeit ist die Zahlung an den Arzt oder Psychotherapeuten für den Betrieb der Praxis und die Versorgung der GKV-versicherten Patienten. Der Umsatz ist nicht mit dem Nettoeinkommen gleichzusetzen.
Das Nettoeinkommen, also das Geld, das der Arzt/Psychotherapeut für seine Arbeit bekommt, beträgt durchschnittlich nur 25,5 Prozent des Honorarumsatzes. Aus den anderen 74,5 Prozent des Honorarumsatzes finanziert er
- Praxiskosten, zum Beispiel für Personal, Miete, Energie und Versicherungen, medizinische Geräte. Diese Betriebsausgaben sind je nach Fachgruppe unterschiedlich hoch.
- Steuerzahlungen (15,8 Prozent)
- berufsständische Altersversorgung (7,2 Prozent)
- Aufwendungen für Kranken- und Pflegeversicherungen (3,0 Prozent)
Erst nach Abzug aller Kosten erhält man das Nettoeinkommen, das dem Arzt persönlich zur Verfügung steht.