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Sektorengleiche Vergütung: KBV sieht erheblichen Nachbesserungsbedarf bei Hybrid-DRG

26.10.2023 - Mit der geplanten Hybrid-DRG-Verordnung wird nach Ansicht der KBV die Chance auf eine echte Ambulantisierung und einen fairen Wettbewerb der Sektoren vertan. In ihrer Stellungnahme zu dem Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums fordert sie diverse Änderungen mit dem Ziel, dass künftig deutlich mehr Eingriffe ambulant statt stationär erfolgen.

Die KBV moniert unter anderem, dass der Katalog an Leistungen, für die es ab Januar eine spezielle sektorengleiche Vergütung geben soll, zu klein sei. Mit nur 244 OPS-Kodes für fünf Leistungsbereiche könne die Ambulantisierung nicht substanziell vorangetrieben werden. Damit würden lediglich etwa 200.000 Krankenhausfälle pro Jahr in Hybrid-DRG überführt. Ein entsprechendes Gutachten des IGES Instituts hatte das Ambulantisierungspotenzial mit 4,3 Millionen Fällen beziffert.

Nach Plänen des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) wird zum 1. Januar eine spezielle sektorengleiche Vergütung über sogenannte Hybrid-DRG eingeführt. Damit sollen Vertragsärzte und Krankenhäuser dieselbe Vergütung für bestimmte Eingriffe erhalten, egal, ob sie ambulant oder stationär durchgeführt werden. Darüber hinaus sollen Anreize gesetzt werden, mehr ambulant statt stationär zu operieren und – wie im Koalitionsvertrag vorgesehen – die ambulante medizinische Versorgung weiter gestärkt werden.

Das BMG hat Anfang Oktober einen Referentenentwurf für eine Verordnung zu einer speziellen sektorengleichen Vergütung (Hybrid-DRG-V) vorgelegt, nachdem die Verhandlungen zwischen KBV, GKV-Spitzenverband und Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG) im März gescheitert waren. Dieser enthält einen „Startkatalog“ mit Eingriffen, die ab Januar nach den neuen Hybrid-DRG bezahlt werden sollen. Auch die Höhe und Art der Vergütung ist darin festgelegt.

Kein echter Wettbewerb der Sektoren

In ihrer Stellungnahme kritisiert die KBV, dass bei der Ausarbeitung der Verordnung nur die stationäre Sichtweise berücksichtigt worden sei. Ein echter Wettbewerb der Sektoren werde so nicht stattfinden. Zwar seien die Preise der Hybrid-DRG zum Teil höher als die Vergütung für ambulante Operationen nach EBM vor allem in niedrigen EBM-OP-Kategorien. Sie seien aber deutlich niedriger als die DRG, womit der Anreiz für Krankenhäuser entfallen dürfte.

Ambulantisierung jedoch bedeute, dass bisher stationär durchgeführte Operationen ambulant erfolgten, was insbesondere höhere EBM-OP-Kategorien betreffe, stellt die KBV heraus. Doch hier seien die Hybrid-DRG mehrheitlich geringer als die derzeitige Vergütung nach EBM. Es besteht demnach für Vertragsärzte ebenfalls kein Anreiz, in den Wettbewerb einzusteigen.

Zudem sei die Abgrenzung der von den Hybrid‐DRG umfassten Leistungen unzureichend geregelt. Es bleibe zum Beispiel unklar, welche Leistungen dazu zählten. Insbesondere der Einbezug der Erstattungsbeträge für Sachkosten wird nach Auffassung der KBV dazu beitragen, dass eine Abrechnung nach Hybrid-DRG zum Teil nicht kostendeckend ist.

Offen sei darüber hinaus, wie der Pflegeaufwand für Vertragsärztinnen und Vertragsärzte vergütet werde, falls eine Übernachtung nach einem Eingriff erforderlich sei – Krankenhäuser hingegen behielten ihr Pflegebudget. Hier müsse dringend nachgebessert werden, fordert die KBV.

Teilnahme für Vertragsärzte zu bürokratisch

Besonders problematisch sind nach Einschätzung der KBV die hohen bürokratischen Hürden für die Niedergelassenen. So werde für sie ein neues zusätzliches Abrechnungsverfahren eingeführt. Vertragsärztinnen und Vertragsärzte müssten eine sogenannte Gruppierungssoftware („DRG-Grouper“) nutzen, die bislang nur in der Krankenhausabrechnung eingesetzt wird. Zudem sollen die stationären Kodierrichtlinien gelten.

Vorschläge zu Nachbesserung liegen vor

Konkrete Vorschläge zur Nachbesserung liegen dem BMG bereits vor. Denn bereits im April hatte die KBV dem Ministerium ein umfassendes Papier mit konkreten Vorschlägen zur Einführung einer speziellen sektorengleichen Vergütung übermittelt. Diese Vorschläge, die die vertragsärztlichen Alltagswelt abbildeten, seien jedoch in dem vorliegenden Referentenentwurf des BMG „schlichtweg ignoriert“ worden, kritisiert die KBV.

Verordnung zu einer speziellen sektorengleichen Vergütung: Das plant das BMG

Der Referentenentwurf des BMG für eine Verordnung zu einer speziellen sektorengleichen Vergütung – kurz Hybrid-DRG-V – sieht folgendes vor:

  • Ab 1. Januar: Startkatalog mit 244 OPS-Kodes für fünf Leistungsbereiche (Anlage 1 Hybrid-DRG-V):
    • Bestimmte Hernien-Eingriffe
    • Entfernung von Harnleitersteinen
    • Ovariektomien
    • Arthrodesen der Zehengelenke
    • Exzision eines Sinus pilonidalis
  • Zur Abrechnung gibt das BMG in Paragraf 4 der Hybrid-DRG-V u. a. vor:
    • Die im Startkatalog aufgeführten Eingriffe werden über eine Fallpauschale, sogenannte Hybrid-DRG, vergütet (Anlage 2 Hybrid-DRG-V).
    • Die Abrechnung von Hybrid-DRG ist nur nach Einsatz einer sogenannten Gruppierungssoftware („DRG-Grouper“) erlaubt, die bislang ausschließlich im Krankenhaus verwendet wird.
    • Es sind die für den stationären Sektor gültigen Deutschen Kodierrichtlinien zu beachten.

Stichwort: Sektorengleiche Vergütung

Für eine Auswahl von Leistungen, die bislang überwiegend stationär erfolgen, soll es eine spezielle sektorengleiche Vergütung geben. Diese soll unabhängig davon gezahlt werden, ob der Eingriff ambulant oder stationär erfolgt. Der Gesetzgeber hatte zu Jahresbeginn die KBV, den GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft beauftragt, bis Ende März 2023 die entsprechenden Leistungen aus dem AOP-Katalog auszuwählen und die Höhe sowie den Inhalt der Leistungspauschalen festzulegen. Die Verhandlungen sind gescheitert.

Damit war das Bundesgesundheitsministerium am Zuge: Es ist gesetzlich ermächtigt (§ 115f Abs. 4 SGB V), durch Rechtsverordnung die spezielle sektorengleiche Vergütung und die zu vereinbarenden Leistungen zu bestimmen, soweit eine Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien nicht zustande kommt. Hierzu hat das BMG jetzt den entsprechenden Referentenentwurf veröffentlicht.

Stichwort: AOP-Katalog

Das Spektrum der Operationen und Eingriffe, die von Vertragsärzten und Krankenhäusern ambulant durchgeführt werden dürfen, unterliegt unterschiedlichen Regelungen. Art und Umfang des ambulanten Operierens für Vertragsärzte wird durch den Anhang 2 des EBM und das dazugehörige Regelwerk bestimmt. Das ambulante Operieren am Krankenhaus wird durch die Vereinbarung Ambulantes Operieren, sonstige stationsersetzende Eingriffe und stationsersetzende Behandlungen im Krankenhaus (AOP-Vertrag) nach Paragraf 115b SGB V geregelt. Damit sollen in der Regel ambulant erbringbare Leistungen auch von den Krankenhäusern ambulant erbracht werden.

Der Katalog ambulant durchführbarer Operationen, sonstiger stationsersetzender Eingriffe und stationsersetzender Behandlungen – kurz AOP-Katalog – enthält alle Operationen und sonstigen Eingriffe, die die Krankenhäuser in der Regel ambulant vornehmen sollen.

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