GVSG: Referentenentwurf liegt vor
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Hofmeister: Entbudgetierung und neue Pauschalen für Hausärzte müssen jetzt vernünftig geregelt werden
18.04.2024 - Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wiederholt angekündigte Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen ist auf der Zielgeraden. Der jetzt vorgelegte Referentenentwurf für ein Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz sieht außerdem neue Strukturpauschalen vor. Was es damit auf sich hat und welche Änderungen noch nötig sind, erläutert KBV-Vizechef Dr. Stephan Hofmeister in einem Video-Interview.
Dass die hausärztliche Endbudgetierung endlich kommen solle, sei ganz entscheidend, sagte Hofmeister. Die „MGV Plus“, wie sie jetzt anlog zu der Regelung für die Kinder- und Jugendärzte vorgesehen sei, enthalte noch ein paar kleinere Probleme, die im Dialog mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gelöst werden könnten. Positiv sei ferner die Einführung einer Bagatellgrenze für die Wirtschaftlichkeitsprüfung von 300 Euro. Sie werde die Praxen deutlich entlasten.
Hofmeister: Es wird endlich bezahlt, was getan wird
Anders als in einigen Medien zitiert, würden die Hausärzte durch die Entbudgetierung aber nicht besser honoriert, betonte Hofmeister. Es werde „lediglich das endlich vollständig bezahlt, was getan wird“, sagte er und fügte hinzu: „Das ist ein ganz wichtiger Unterschied.“ Auch die Strukturveränderungen, die Lauterbach mit den neuen Jahrespauschalen plane, würden ausschließlich aus vorhandenem hausärztlichem Honorar finanziert. Die Folge sei eine Umverteilung.
Lauterbach plant strukturelle Änderungen ohne zusätzliches Geld
Für die strukturellen Änderungen werde es zusätzliches Geld geben müssen, stellte Hofmeister klar. Denn eine Umverteilung werde das Problem nicht lösen, da im hausärztlichen Bereich nicht genug Geld da sei. Eine klare Absage erteilte er in dem Zusammenhang der im Referentenentwurf genannten Annahme, dass Veränderungen in der Struktur auch zu Minderausgaben führen könnten. „Ich kenne keine hausärztliche Praxis, von der ich sagen könnte, wir können ihr Geld wegnehmen, um es umzuverteilen und anderen zu geben.“
Strukturpauschalen und Förderungen dieser Art seien notwendig und wichtig, unterstrich Hofmeister. Doch so wie im Referentenentwurf angelegt, seien sie ungeeignet, die hausärztliche Versorgung zu fördern. „Jetzt wird darüber zu diskutieren sein, wie werden die so implementiert, dass wir nicht mit dem Pflug durch die Praxislandschaft gehen müssen und nicht alles Honorar umverteilen, sondern tatsächlich auch möglicherweise neues Honorar generieren.“
Erhebliche Nachbesserungen noch nötig
Umstrukturierungen kosteten Geld, fuhr er fort. Auch die Einführung der Selektivverträge, die mit höheren Anforderungen verbunden gewesen seien, habe Geld gekostet. Hofmeister: „Und in diese Richtung muss das gehen. Dafür haben wir konkrete Vorschläge und Überlegungen und an der Stelle muss noch erheblich an dem Entwurf gearbeitet werden.“
Neue Vergütungssystematik für Hausärzte: Das sieht der Referentenentwurf vor
Der Entwurf für ein Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) sieht neben der Entbudgetierung eine jahresbezogene Versorgungspauschale und eine Vorhaltepauschale für Hausarztpraxen vor.
Versorgungspauschale für chronisch Kranke
Eine neue Versorgungspauschale soll bei chronisch Kranken die jetzigen Versicherten- und Chronikerpauschalen ersetzen. Sie soll einmal im Jahr von nur einer Arztpraxis berechnungsfähig sein, ohne dass sich der Patient einschreiben muss. Für nicht chronisch erkrankte Patienten würde weiterhin die Versichertenpauschale einmal im Behandlungsfall gezahlt.
Nach Berechnungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) werden derzeit 35 Prozent der chronisch erkrankten Patienten durch mehr als eine Hausarztpraxis behandelt. Die Pauschale soll nach jetzigem Stand aber nur einmal pro Arztpraxis und Jahr gezahlt werden. Die KBV befürchtet zugleich erhebliche Umverteilungen zulasten betreuungsintensiver Patienten.
Vorhaltepauschale
Für Hausarztpraxen mit mehr als 450 Patienten im Quartal plant Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach eine Vorhaltepauschale. Die Vergütung soll an bestimmte Bedingungen geknüpft sein, zum Beispiel monatliche Abendsprechstunden und ein ergänzendes Angebot an Samstagssprechstunden sowie regelmäßige Haus- und Pflegeheimbesuche vor allem bei über 75-Jährigen.
Die neue Vorhaltepauschale würde die Gebührenordnungsposition 03040 im EBM ersetzen, die der Vorhaltung notwendiger Strukturen zur Erfüllung der Aufgaben der hausärztlichen Grundversorgung dient. Sie soll nach den Plänen des Ministeriums bei chronisch Kranken ebenfalls nicht mehr jedes Quartal, sondern nur einmal jährlich gezahlt werden. Die KBV befürchtet durch die neue Vorhaltepauschale erhebliche Honorarumverteilungen. Denn Hausärzte, die einige oder alle Kriterien nicht erfüllen, erhalten laut Referentenentwurf keine oder nur eine gekürzte Pauschale.
Forderungen der KBV
Die KBV fordert, dass hierfür zusätzliche Mittel bereitgestellt werden. Zudem sollten nicht bereits per Gesetz bis ins Detail Bedingungen für die neuen Pauschalen vorgegeben werden. Enge und detaillierte Vorgaben durch den Gesetzgeber wären kontraproduktiv und würden den Handlungsspielraum der gemeinsamen Selbstverwaltung zu stark einschränken, warnt die KBV mit Blick auf die Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband. Denn beiden Seiten müssen später die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben regeln.