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KBV fordert Klarstellung bei Wirtschaftlichkeitsprüfung - Brief an Lauterbach

13.06.2024 - Die KBV hat den Bundesgesundheitsminister aufgefordert, eine Klarstellung in punkto Wirtschaftlichkeitsprüfung auf den Weg zu bringen. Konkret will sie erreichen, dass die sogenannte Differenzkostenberechnung unter anderem auch bei leitliniengerechten Arzneiverordnungen im Off-Label-Use angewendet wird.

Grund für den Brief an den Minister ist ein aktuelles Urteil des Bundessozialgerichts vom 5. Juni 2024 (BSG, AZ: B 6 KA 10/23R). Demnach ist die Differenzkostenmethode nur bei Verordnungen anzuwenden, die unter quantitativen Gesichtspunkten als unwirtschaftlich gelten – beispielsweise, wenn der Arzt eine zu große Arzneimittelpackung verordnet hat.

Damit die Differenzkostenberechnung auch bei Arzneiverordnungen im Off-Label-Use zulässig ist, bedürfe es einer gesetzlichen Neuregelung.

Gerichte verweisen auf Gesetzgeber

Darum geht es: Laut Gesetz sind bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen Nachforderungen der Krankenkassen auf die Differenz der Kosten zwischen der wirtschaftlichen und tatsächlich ärztlich verordneten Leistung zu begrenzen (Paragraf 106b Abs. 2a SGB V). Bei einem Regress soll das den finanziellen Nachteil des Arztes mindern.

Diese Regelung gilt nach der vorgenannten Entscheidung des BSG allerdings nicht für den Einsatz von Arzneimitteln im Off-Label-Use. Zwar hatten KBV und GKV-Spitzenverband eine solche Regelung zwischenzeitlich vereinbart. Doch das Bundesschiedsamt hat diese vor zwei Jahren neu festgesetzt und unzulässige Verordnungen wie beispielsweise den Off-Label-Use generell aus dem Anwendungsbereich der Differenzkostenberechnung ausgenommen, nachdem der GKV-Spitzenverband die Rahmenvorgaben Wirtschaftlichkeitsprüfung gekündigt hatte.

Sowohl das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg als auch jetzt das BSG sind dieser Auffassung gefolgt und sehen eine Ausweitung der Differenzkostenberechnung unter anderem auf Off-Label-Verordnungen nur in einer gesetzlichen Neuregelung.

Medizinische Gründe berücksichtigen

"Wir bitten daher dringend um eine Erweiterung der Regelung zur Differenzkostenberechnung in der Wirtschaftlichkeitsprüfung, die über rein quantitative Unwirtschaftlichkeiten hinaus unter anderem auch Fälle eines leitlinienkonformen Einsatzes von Arzneimitteln im Off-Label-Use einbezieht", schreibt die KBV an den Minister.

Dabei verweist sie auch darauf, dass die beim Off-Label-Use eingesetzten Arzneimittel sogar preiswerter sein können als eine zugelassene Vergleichstherapie.

So werde in einer Leitlinie empfohlen, zur Behandlung der primär progredienten Multiplen Sklerose nur CD20-Antikörper einzusetzen. Die Leitlinie benenne hierbei das Arzneimittel Ocrelizumab, das für diese Indikation zugelassen ist, ebenso wie Rituximab mit dem Hinweis auf den Off-Label-Use bei dieser Indikation.

Die Therapie mit Ocrelizumab koste im Jahr rund 25.000 Euro, die mit Rituximab rund 8.600 Euro, sodass sich bei Rituximab jährliche Einsparungen von rund 16.400 Euro ergeben. Wenn jedoch bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung die Prüfungsstelle den Einsatz von Rituximab im Nachhinein nicht anerkenne, würden vom Arzt die Kosten in voller Höhe regressiert (8.600 Euro). Bei Anwendung der Differenzkostenmethode dagegen würde die Anrechnung entfallen.

Gesetzliche Regelung zur Differenzkostenmethode

Die sogenannte Differenzkostenberechnung bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen wurde 2019 mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz eingeführt. Demnach sind Nachforderungen "auf die Differenz der Kosten zwischen der wirtschaftlichen und der tatsächlich ärztlich verordneten Leistung zu begrenzen". Weiter heißt es dort: "Etwaige Einsparungen begründen keinen Anspruch zugunsten des verordnenden Arztes."

Paragraf 106b Absatz 2a SGB V

Pflicht zur Wirtschaftlichkeit

Vertragsärztinnen und -ärzte sind zur Wirtschaftlichkeit verpflichtet. Das heißt, die verordneten Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (Paragraf 12 SGB V). Wirtschaftlich sind Leistungen, wenn die gewählte Therapie im Vergleich zu anderen ein günstiges Verhältnis von Kosten und Nutzen aufweist. Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass die Einhaltung der Wirtschaftlichkeit überprüft werden kann.

Weiterführende Informationen gibt es hier: KBV-Themenseite Wirtschaftlichkeitsprüfung.

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