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Praxisnachrichten

PraxisNachrichten: Hinterher ist man immer schlauer

Zweite Meinung ab Juli auch bei Eingriffen zum Hüftgelenkersatz

27.06.2024 - Versicherte haben ab dem 1. Juli auch vor Eingriffen zum Hüftgelenkersatz Anspruch auf eine zweite ärztliche Meinung. Ärzte, die als Zweitmeiner tätig werden wollen, können eine Genehmigung bei ihrer Kassenärztlichen Vereinigung beantragen.

Anspruch auf Zweitmeinung haben gesetzlich Versicherte, wenn der Einsatz einer Totalendoprothese am Hüftgelenk oder ein Revisionseingriff, der Wechsel oder auch die Entfernung einer Total- oder Teilprothese am Hüftgelenk empfohlen wird.

Zweitmeiner beraten in Bezug auf den empfohlenen Eingriff und mögliche Therapie- oder Handlungsalternativen, um Betroffenen eine informierte Entscheidung zu ermöglichen.

Zunächst Genehmigung beantragen

Voraussetzung, um Zweitmeinungen zu Hüftgelenksoperationen abgeben und mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen zu dürfen, ist eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung. Diese können ambulant oder stationär tätige Ärztinnen und Ärzte ab 1. Juli beantragen.

Berechtigt sind dazu folgende Fachrichtungen: Orthopädie und Unfallchirurgie, Orthopädie, Chirurgie mit Schwerpunkt Unfallchirurgie sowie Physikalische und Rehabilitative Medizin. Patienten werden die Zweitmeiner dann über die Website www.116117.de/zweitmeinung finden.

Weiteres Eingriffsthema: Aortenaneurysmen

Ab Oktober besteht auch vor Eingriffen an Aortenaneurysmen Anspruch auf eine ärztliche Zweitmeinung. Auch hier müssen Fachärztinnen und Fachärzte zunächst eine Genehmigung bei der Kassenärztlichen Vereinigung beantragen (die PraxisNachrichten berichteten).

Information und Abrechnung

Ärztinnen und Ärzte („Erstmeiner“) sind bei den oben genannten planbaren Eingriffen ab Juli beziehungsweise Oktober verpflichtet, ihre Patienten über den Rechtsanspruch auf eine Zweitmeinung zu informieren.

Die für die Vergütung notwendigen Gebührenordnungspositionen, die „Erstmeiner“ und „Zweitmeiner“ abrechnen können, sind bereits im EBM enthalten und können ab dann berechnet werden. Alles Wichtige dazu stellt die KBV auf einer Themenseite bereit (siehe „Mehr zum Thema“).

Details zu den neuen Zweitmeinungsverfahren

Hüftgelenkersatz 

Hier können ab 1. Juli 2024 folgende Fachrichtungen eine Genehmigung zur Zweitmeinung bei ihrer Kassenärztlichen Vereinigung (KV) beantragen: Orthopädie und Unfallchirurgie, Orthopädie, Chirurgie mit Schwerpunkt Unfallchirurgie sowie Physikalische und Rehabilitative Medizin. 

Ärztinnen und Ärzte müssen alle Leistungen des Zweitmeinungsverfahrens bei der Abrechnung nach bundeseinheitlichen Vorgaben eingriffsspezifisch kennzeichnen.

Für die Aufklärung und Beratung im Zusammenhang mit dem Zweitmeinungsverfahren bei Eingriffen zum Hüftgelenkersatz durch den „Erstmeiner“ ist die bundeseinheitliche Gebührenordnungsposition (GOP) 01645J vorgesehen. Durch den „Zweitmeiner“ hat eine indikationsspezifische Kennzeichnung aller im Zweitmeinungsverfahren durchgeführten und abgerechneten Leistungen als Freitext im Feld freier Begründungstext (KVDT‐Feldkennung 5009) mit dem Code 88200J zu erfolgen.

Aortenaneurysmen 

Hier können ab 1. Oktober 2024 folgende Fachrichtungen eine Genehmigung zur Zweitmeinung bei ihrer KV beantragen: Gefäßchirurgie, Herzchirurgie, Innere Medizin und Angiologie oder Innere Medizin und Kardiologie. 

Ärztinnen und Ärzte müssen alle Leistungen des Zweitmeinungsverfahrens bei der Abrechnung nach bundeseinheitlichen Vorgaben eingriffsspezifisch kennzeichnen.

Für die Aufklärung und Beratung im Zusammenhang mit dem Zweitmeinungsverfahren bei Eingriffen an Aortenaneurysmen durch den „Erstmeiner“ ist die bundeseinheitliche GOP 01645K vorgesehen. Durch den „Zweitmeiner“ hat eine indikationsspezifische Kennzeichnung aller im Zweitmeinungsverfahren durchgeführten und abgerechneten Leistungen als Freitext im Feld freier Begründungstext (KVDT‐Feldkennung 5009) mit dem Code 88200K zu erfolgen.

Regelungen zur Vergütung

Die für die Vergütung notwendigen Gebührenordnungspositionen, die „Erstmeiner“ und „Zweitmeiner“ abrechnen können, sind bereits im EBM enthalten. Nach Erteilung der KV-Genehmigung können Ärztinnen und Ärzte diese abrechnen. 

„Erstmeiner“: Der Arzt, der die Indikation stellt, kann für die Aufklärung und Beratung im Zusammenhang mit dem ärztlichen Zweitmeinungsverfahren die GOP 01645 einmal im Krankheitsfall (vier Quartale) abrechnen. Sie ist mit 75 Punkten bewertet. Die Leistung beinhaltet auch die Zusammenstellung aller erforderlichen Unterlagen für die Patientin oder den Patienten.

„Zweitmeiner“: Die Abrechnung der Zweitmeinung ist im Abschnitt 4.3.9 „Ärztliche Zweitmeinung“ im Allgemeinen Teil des EBM geregelt. Danach rechnet der Arzt, der die Zweitmeinung abgibt, für den Patienten seine jeweilige arztgruppenspezifische Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale ab. Sind für seine Beurteilung ergänzende Untersuchungen notwendig, kann er diese ebenfalls durchführen, muss sie aber medizinisch begründen.

Hinweis: Die Vergütung der Leistungen erfolgt ab dem Inkrafttreten des jeweiligen Zweitmeinungsverfahrens befristet für drei Jahre extrabudgetär.

Näheres zur Kennzeichnung, Abrechnung und Vergütung sowie weitere Informationen stehen auf der Themenseite Zweitmeinung.
 

Planbare Eingriffe mit Anspruch auf Zweitmeinung

Vor diesen Eingriffen, sofern sie planbar sind, können Versicherte eine zweite Meinung einholen:

  • Mandeloperationen (Tonsillektomie, Tonsillotomie)
  • Gebärmutterentfernungen (Hysterektomien)
  • Arthroskopische Eingriffe an der Schulter
  • Amputationen beim diabetischen Fußsyndrom
  • Implantationen einer Knieendoprothese
  • Eingriffe an der Wirbelsäule
  • Kathetergestützte elektrophysiologische Herzuntersuchungen und Ablationen am Herzen
  • Implantation von Herzschrittmachern und Defibrillatoren
  • Entfernung der Gallenblase 
  • Ab 1. Juli 2024: Hüftgelenkersatz
  • Ab 1. Oktober 2024: Aortenaneurysmen
     

Gesetzlicher Anspruch auf eine ärztliche Zweitmeinung

Der Anspruch auf Zweitmeinung ist im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz von 2015 verankert (§ 27b SGB V). Damit haben gesetzlich versicherte Patienten einen Rechtsanspruch auf Einholung einer unabhängigen ärztlichen Zweitmeinung bei bestimmten planbaren Eingriffen. Im Gesetz ist auch festgelegt, dass die Krankenkassen die Kosten tragen, die Ärzten durch die Bereitstellung von Befundunterlagen zur Zweitmeinung entstehen. Die Verfahrensregeln für die Zweitmeinung hat der Gemeinsame Bundesausschuss in einer Richtlinie festgelegt.

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