Start der Finanzierungsverhandlungen
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KBV-Vorstand: Angebot der Kassen "enttäuschend" - Verhandlungen zum OW 2025 haben begonnen
14.08.2024 - Die Verhandlungen zur Finanzierung der ambulanten Versorgung im Jahr 2025 wurden am heutigen Mittwoch ohne Ergebnis unterbrochen und auf nächste Woche vertagt. Die KBV fordert eine Anhebung des Orientierungswertes und damit der Preise für ärztliche und psychotherapeutische Leistungen um knapp sechs Prozent.
Die Krankenkassen lehnen die Forderung ab und haben stattdessen 1,6 Prozent angeboten. Entsprechend „enttäuscht“ zeigten sich die Vorstände der KBV, Dres. Andreas Gassen, Stephan Hofmeister und Sibylle Steiner nach der ersten Runde im Bewertungsausschuss. Der Sitzung vorausgegangen waren bereits zahlreiche vorbereitende Treffen auf der Arbeitsebene von KBV und GKV-Spitzenverband.
„Wie ein roter Faden“ ziehe sich durch, dass die Kassenseite die ärztliche Leistung überhaupt nicht bei der Anhebung des Orientierungswertes (OW) berücksichtigen wolle, kritisierten die Vorstände. Der Verweis der Krankenkassen auf hohe finanzielle Belastungen, die ihnen durch Krankenhausreform und andere gesetzgeberische Maßnahmen aufgebürdet würden, „kann und darf nicht das Problem der Praxen sein“.
„Immerhin“, so die Vorstände, „scheint es eine Annäherung bei den sogenannten technischen Leistungen zu geben, worunter unter anderem die Personalkosten der Medizinischen Fachangestellten fallen.“
Gassen: Dann wird die Versorgung deutlich schlechter
Der Vorstand forderte die Krankenkassen auf, in die ambulante Versorgung zu investieren, um die Gesundheitsversorgung der Menschen im Land zu sichern. Die von der Politik forcierte einseitige Förderung der Krankenhäuser werde nicht nur die Gesundheitsausgaben in die Höhe schnellen lassen, sondern auch das dichte Netz an Praxen ausdünnen, sagte KBV-Chef Gassen den PraxisNachrichten und fügte hinzu: „Dann wird es bei höheren Kosten eine deutlich schlechtere Versorgung geben.“
Er wies darauf hin, dass der für die Krankenhäuser relevante Veränderungswert seit dem Jahr 2013 um rund 43 Prozent gestiegen ist, der für die Praxen dagegen nur um etwa 20 Prozent. Zudem würden die Pflegepersonalkosten zu 100 Prozent von den Krankenkassen übernommen.
„Diese unterschiedliche Entwicklung ist weder erklärbar noch gerechtfertigt“, betonte Gassen. Die KBV schlägt vor, dass diese Entwicklung durch das Institut des Bewertungsausschusses aufgearbeitet und die Ursachen ermittelt werden mit dem Ziel, die angemessene Finanzierung der ambulanten Versorgung im Vergleich zum stationären Sektor sicherzustellen.
Enger gesetzlicher Rahmen
Anders als bei Tarifverhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern ist der Rahmen für die Finanzierungsverhandlungen von KBV und GKV-Spitzenverband gesetzlich vorgegeben und entsprechend eng. Die Forderung der KBV nach einer Anhebung des Orientierungswertes zum 1. Januar 2025 um 5,691 Prozent beruht auf verschiedenen Daten, die für die Berechnung der Steigerungsrate heranzuziehen sind. Das sind vor allem Personalkosten, das kalkulatorische Arztgehalt und Kosten für Energie, Miete und Investitionen.
Personalkosten für MFA
Bei den Personalkosten sind in diesem Jahr erstmals die aktuellen Tarifsteigerungen für Medizinische Fachangestellte zu berücksichtigt. Dies hatte der Erweiterte Bewertungsausschuss bei den letzten OW-Verhandlungen im vergangenen Jahr beschlossen und sich damit von dem Verfahren verabschiedet, wonach stets die Kostenentwicklung des Vorjahres zum Vorvorjahr zu betrachten ist.
Anhebung des Arztgehalts
Auch bei der Steigerung des kalkulatorischen Arztgehalts, das ebenfalls in den OW einfließt, müssen nach Ansicht der KBV aktuelle Daten herangezogen werden. Bezugsgröße sind die tariflichen Oberarztgehälter der Krankenhausärzte, die in diesem Jahr im Schnitt um 5,2 Prozent gestiegen sind. Die Krankenkassen lehnen eine Anhebung der ärztlichen Gehälter dagegen komplett ab.
Die Verhandlungen von KBV und GKV-Spitzenverband werden in der kommenden Woche im Bewertungsausschuss fortgesetzt.
So laufen die Finanzierungsverhandlungen ab
Bei den jährlichen Finanzierungsverhandlungen von KBV und GKV-Spitzenverband geht es darum, wie viel Geld die Krankenkassen im nächsten Jahr für die ambulante Versorgung bereitstellen. Im Mittelpunkt steht die Anpassung des Orientierungswertes (OW) an die gestiegenen Kosten und Investitionen der Praxen. Denn von der Höhe des Orientierungswertes hängt maßgeblich ab, wie die ärztlichen und psychotherapeutischen Untersuchungen und Behandlungen für gesetzlich krankenversicherte Patientinnen und Patienten vergütet werden.
Enger Verhandlungsspielraum
Anders als bei Tarifverhandlungen von Gewerkschaften und Arbeitgebern ist bei den Finanzierungsverhandlungen das Verfahren gesetzlich vorgegeben. Der Paragraf 87 Absatz 2g SGB V regelt, welche Faktoren für die Anpassung des Orientierungswertes zu berücksichtigen sind:
- die Entwicklung der für Arztpraxen relevanten Investitions- und Betriebskosten
- Möglichkeiten zur Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven
- die allgemeine Kostendegression bei Fallzahlsteigerungen
Entsprechend eng ist der Verhandlungsspielraum.
Bei der Anwendung dieser Anpassungsfaktoren wird jeweils die Kostenentwicklung der Vorjahre betrachtet. Für den Orientierungswert 2025 werden somit die Veränderungen der Kosten des Jahres 2023 gegenüber dem Jahr 2022 berücksichtigt. Neu ab diesem Jahr ist, dass bei den Personalkosten aktuelle Daten herangezogen werden dürfen. So fließen die Tarifsteigerungen für Medizinische Fachangestellte für das Jahr 2024 in die Anpassung des Orientierungswertes für 2025 ein und nicht erst für 2026.
Verhandlungen im Bewertungsausschuss
Die Verhandlungen finden im Bewertungsausschuss statt, der paritätisch mit jeweils drei Vertretern der KBV und des GKV-Spitzenverbandes besetzt ist. Beide Seiten bringen vor Beginn der ersten Beratung einen Beschlussentwurf ein, über den dann verhandelt wird. Kommt eine Einigung ganz oder teilweise nicht zustande, schalten sie den Erweiterten Bewertungsausschuss ein. Dessen unparteiischer Vorsitzender vermittelt zwischen den beiden Parteien.
Entscheidung mit einfacher Mehrheit der Mitglieder
Im Unterschied zu einem Schlichter bei Tarifverhandlungen benötigt der unparteiische Vorsitzende für seinen Vorschlag immer die Zustimmung mindestens einer Partei. Die Festsetzung einer Vereinbarung durch den Erweiterten Bewertungsausschuss erfolgt mit der einfachen Mehrheit seiner Mitglieder. Das Gremium setzt sich aus den Mitgliedern des Bewertungsausschusses erweitert um einen unparteiischen Vorsitzenden und zwei weitere unparteiische Mitglieder zusammen.
Veränderungsraten der Morbidität und Demografie
Im Rahmen der Finanzierungsverhandlungen werden auch die regionalen Veränderungsraten der Morbidität und Demografie festgelegt. Sie bilden neben dem Orientierungswert die Grundlage für die regionalen Vergütungsverhandlungen, die im Herbst beginnen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen verhandeln dann mit den Krankenkassen vor Ort, wie viel Geld diese im neuen Jahr für die ambulante Versorgung ihrer Versicherten in der Region bereitstellen.
Bewertungsausschuss
Der Bewertungsausschuss ist paritätisch besetzt mit jeweils drei Vertretern der KBV und des GKV-Spitzenverbandes. Seine Hauptaufgabe ist es, den EBM zu erstellen und weiterzuentwickeln. Darüber hinaus passt er einmal jährlich im Rahmen der Finanzierungsverhandlungen den bundesweit geltenden Orientierungswert an, der wiederum Grundlage für die Vereinbarung regionaler Gebührenordnungen mit Euro-Preisen ist. Zudem beschließt er unter anderem Empfehlungen zur Weiterentwicklung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung.
Erweiterter Bewertungsausschuss
Kommt im Bewertungsausschuss eine Einigung ganz oder teilweise nicht zu Stande, kann der Erweiterte Bewertungsausschuss auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern angerufen werden. Das Gremium setzt sich aus den Mitgliedern des Bewertungsausschusses erweitert um einen unparteiischen Vorsitzenden und zwei weitere unparteiische Mitglieder zusammen. Die Festsetzung einer Vereinbarung durch den Erweiterten Bewertungsausschuss erfolgt mit der einfachen Mehrheit seiner Mitglieder.