PraxisBarometer Digitalisierung 2024
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PraxisBarometer 2024: Praxen nutzen digitale Anwendungen immer häufiger
21.11.2024 - Praxen kommunizieren immer häufiger digital miteinander und bauen digitale Angebote für ihre Patienten, beispielsweise die Online-Rezeptbestellung, immer weiter aus. Allerdings berichten nicht wenige Ärzte und Psychotherapeuten auch weiterhin von Schwierigkeiten mit der Technik.
Zum siebten Mal in Folge untersuchte das IGES Institut im Auftrag der KBV, wie sich die Digitalisierung in den Praxen von Ärzten und Psychotherapeuten entwickelt. „Der Austausch wird immer digitaler“, fasste KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner die Situation hinsichtlich der Kommunikation unter den Praxen zusammen. „Nur mit den Krankenhäusern klappt das leider nicht so gut“, sagte Steiner bei einem Pressegespräch. Daher fordere die KBV, dass die Krankenhäuser bei der Digitalisierung mitzögen.
Hoffen auf den digitalen Entlassbrief
Die Zahlen des aktuellen PraxisBarometers Digitalisierung sprechen eine deutliche Sprache. „Die Kommunikation der Praxen untereinander findet für ein knappes Drittel von ihnen nahezu komplett oder mehrheitlich digital statt. Gegenüber dem Vorjahr ist dieser Anteil um acht Prozentpunkte gestiegen“, sagte Dr. Martin Albrecht, Geschäftsführer des IGES Instituts. Die Kommunikation mit Krankenhäusern sei hingegen nur bei sieben Prozent der Praxen entsprechend digitalisiert – „ein eher ernüchterndes Ergebnis“, so Albrecht.
Dabei erhoffe sich eine große Mehrheit, nämlich 80 Prozent der Praxen, einen Anwendungsnutzen im digitalen Austausch mit Krankenhäusern in Form von Entlassbriefen. Tatsächlich hätten aber nur neun Prozent berichtet, Entlassbriefe auf diesem Weg erhalten zu haben. Vier von fünf Arztpraxen gaben laut IGES-Geschäftsführer hingegen an, keinerlei digitalen Austausch mit Krankenhäusern zu haben.
KIM legt deutlich zu
Die am häufigsten verwendete Kommunikationsform im ambulanten Bereich ist nach wie vor die E-Mail mit 58 Prozent. Deutlich zugenommen hat der Nachrichtenaustausch über Kommunikation im Medizinwesen (KIM): Gaben im letzten Jahr noch 38 Prozent der Praxen an, über diesen Kommunikationsdienst zu kommunizieren, stieg der Anteil in diesem Jahr auf 45 Prozent.
Die stärksten Veränderungen bezüglich der Inhalte der digitalen Kommunikation gab es in diesem Jahr laut IGES-Geschäftsführer beim Versand von Labordaten (+10 % auf 30 %), von Befunddaten (+13 % auf 39 %) und von Arztbriefen (+12 % auf 53 %) sowie beim Empfang von Befunddaten (+12 % auf 53 %) und Arztbriefen (+14 % auf 77 %). „Die Praxen sehen für diese Inhalte auch am häufigsten den größten Anwendungsnutzen des digitalen Austauschs mit anderen Praxen beziehungsweise ambulanten Einrichtungen“, sagte Albrecht.
Muster 16 ist weiter in Gebrauch
Mit der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) und dem elektronischen Rezept (eRezept) seien die ersten Anwendungen der Telematikinfrastruktur (TI) fest im Versorgungsalltag der Praxen integriert, auch wenn deren Nutzung nach wie vor nicht immer problemlos verlaufe, so der Geschäftsführer des IGES Instituts.
Der Grund für Schwierigkeiten bei der eAU sei, dass zeitweise der Versand nicht möglich sei, aber auch, dass manche Arbeitgeber bis heute eine AU in Papierform verlangten. Immerhin 99 Prozent der Hausarztpraxen nutzen die eAU regelmäßig, während es beim eRezept 96 Prozent sind. Allerdings greift knapp die Hälfte der Praxen aus verschiedenen Gründen auch noch auf das Muster 16 – das bekannte rosa Papierrezept – zurück.
Signatur dauert oftmals noch zu lange
Nach wie vor ein Manko ist für die Mehrheit (60 Prozent) der Arztpraxen, dass für die Signatur des eRezeptes mehr als zehn Sekunden benötigt werden. Ein Viertel der Praxen benötigt hierzu zwischen fünf und zehn Sekunden. Lediglich 12 Prozent berichten von einem schnelleren Signiervorgang.
Nur leicht zugenommen hat die Digitalisierung bei der Kommunikation mit den Patienten außerhalb der Praxis. Berichteten im vergangenen Jahr 41 Prozent der Praxen, nahezu komplett oder mehrheitlich digital mit Patienten zu kommunizieren, lag der Anteil im Jahr 2024 bei 44 Prozent, so ein Ergebnis der Umfrage. Für die Patienten sehen die Arztpraxen den größten Nutzen digitaler Angebote in der Online-Rezeptbestellung. Psychotherapeuten bewerten hingegen Videosprechstunden als besonders nützlich.
Skeptischer Blick auf die ePA
Auch wenn sich rund 70 Prozent der Ärzte und Psychotherapeuten als aufgeschlossen gegenüber digitalen Innovationen bezeichnen, erwarten circa 90 Prozent der Praxen mit der Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) einen erheblichen Mehraufwand hinsichtlich Verwaltung, Befüllung und Recherche, aber auch für die Aufklärung der Patienten. Gerade Letzteres sei aber Aufgabe der Krankenkassen, erinnerte Steiner.
Folglich blickten die Praxen der ePA mit gemischten Gefühlen entgegen. „Sie hoffen auf schnellere und einfachere Kommunikation, befürchten aber hohen Aufwand“, so Steiner. Für die KBV sei deshalb wichtig, dass die ePA in den PVS gut umgesetzt ist. „Das heißt: ausreichend erprobt, nutzerfreundlich und aufwandsarm in der Anwendung“, betonte sie.
Steiner: Praxen brauchen funktionierende Systeme
In Bezug auf die TI habe die Befragung gezeigt, dass „die Störanfälligkeit noch immer zu hoch ist“, sagte Steiner. Laut IGES Institut berichten 43 Prozent der Praxen von wöchentlichen Vorkommnissen. Am häufigsten wirkten sich diese Fälle dahingehend aus, dass Kartenlesegeräte oder der Konnektor neu gestartet werden musste. „Die Praxen brauchen bei ihrer täglichen Arbeit verlässliche Strukturen und funktionierende Systeme, damit die Digitalisierung zu einer Entlastung führen und erfolgreich sein kann“, forderte Steiner.
Das PraxisBarometer Digitalisierung ist die bisher einzige bundesweite repräsentative Befragung von Vertragsärzten und Vertragspsychotherapeuten zur Digitalisierung in Praxen. In diesem Jahr beteiligten sich rund 2.600 Praxen.