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PraxisNachrichten: Hinterher ist man immer schlauer

KBV-Vorstand: „Wir sind ab sofort verhandlungsbereit“ – Bundestag beschließt Entbudgetierung der hausärztlichen Versorgung

31.01.2025 - Gut drei Wochen vor der Bundestagswahl hat der Bundestag heute die Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen beschlossen. Der Vorstand der KBV begrüßte die Entscheidung ausdrücklich und als dringend notwendig.

Lange versprochen, dank einer Initiative der FDP auf den letzten Metern noch einmal ins parlamentarische Verfahren eingebracht, könne die hausärztliche Entbudgetierung nun endlich kommen, erklärten die Vorstände Dr. Andreas Gassen, Dr. Stephan Hofmeister und Dr. Sibylle Steiner. Richtung Krankenkassen sagten sie: „Wir sind ab sofort verhandlungsbereit.“

Die Umsetzung werde alles andere als einfach, da der in den Nachtstunden verabschiedete Gesetzesentwurf leider weiterhin die bekannten Schwachstellen aufweise. „Doch wir werden dafür kämpfen, den Weg der Entbudgetierung erfolgreich zu beschreiten.“

Die KBV und der GKV-Spitzenverband haben den Auftrag, im Bewertungsausschuss die Details zu regeln. Dies betrifft auch die beiden neuen Pauschalen für Hausärzte, die mit dem Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz beschlossen wurden (siehe Infokasten).

KBV-Vorstand: Gesundheitspolitik neu ausrichten

Auf einer Pressekonferenz der KBV am Freitag im Vorfeld der Bundestagswahl forderte der Vorstand eine Neuausrichtung der Gesundheitspolitik. Nötig sei ein Stil- und Politikwechsel im Bundesgesundheitsministerium, sagte Gassen. Zu den vordringlichsten Problemen, die gelöst werden müssten, gehörten die Sicherstellung der Finanzierungsgrundlage, der Bürokratieabbau sowie eine zielgerichtete Steuerung bei der Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen. Darüber hinaus müsse die Politik Mittel gegen den Fachkräftemangel finden.

Es sei wichtig, dass die Politik sich darüber im Klaren sei, wie sie die knappen Ressourcen im Gesundheitswesen zielgerichteter beziehungsweise bedarfsorientiert einsetze. Aktuelle Forderungen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nach einer Termingarantie seien da alles andere als hilfreich, sagte der KBV-Chef. Das sei eine reine „Worthülse“ und völlig absurd. Es könne nicht sein, dass Externe über die Termine freiberuflicher Praxen verfügen.

Was sich die KBV hingegen vorstellen könne, dass die Krankenkassen eine bestimmte Anzahl an Terminen für ihre Versicherten buchen könnten. Dabei müsse aber klar sein, dass diese Termine mit der Buchung auch bezahlt würden – „ob der Patient kommt oder nicht“, sagte Gassen. Er wies darauf hin, dass teilweise bis zu 25 Prozent der vereinbarten Termine nicht wahrgenommen würden.

Gassen: „Deutschland muss Praxenland bleiben“

Die wohnortnahe Versorgung mit Ärzten und Psychotherapeuten hierzulande sei aber alles andere als eine Selbstverständlichkeit, sagte der KBV-Chef mit Blick auf die in der kommenden Woche beginnende neue Phase der Kampagne „Wir sind für Sie nah“. Dabei solle deutlich gemacht werden, was auf dem Spiel stehe, wenn die Politik nicht die richtigen Weichen für die Versorgung stelle. Die klare Forderung lautet deshalb: Deutschland muss „Praxenland“ bleiben.

KBV-Vize-Chef Dr. Hofmeister bekräftigte, dass sich die KBV weiterhin aktiv in die Gestaltung der Gesundheitsversorgung einbringen werde. „Wir stehen für sachliche und ideologiefreie Problemlösungen zur Verfügung.“

Forderung nach einem Praxiszukunftsgesetz

KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner wies darauf hin, dass es die Praxen seien, die mit ihren Teams, viel Engagement und eigenem Geld den Pfad der Digitalisierung im deutschen Gesundheitssystem am weitesten beschritten hätten. „Wir brauchen im Bereich der Digitalisierung dringend ein Praxiszukunftsgesetz, analog der staatlichen Förderung im Rahmen des Krankenhauszukunftsgesetzes“, sagte Steiner.

Nötig sei Unterstützung durch die Politik, indem Sanktionen abgeschafft und stattdessen Anreize gesetzt würden, beispielsweise für Praxen, die sich innovativ zeigten, neue Entwicklungen in ihre Arbeit integrierten. Aber auch die Zuverlässigkeit der Telematikinfrastruktur (TI) sei weiter ein großes Thema: „Die TI muss stabiler werden.“

Steiner fordert Korrekturen bei der ePA für Kinder

Zur Einführung der neuen elektronischen Patientenakte (ePA) forderte Steiner vor allem zwei Korrekturen, die aus Sicht der KBV dringend erfolgen müssten. Für Minderjährige dürfe die ePA nur per Opt-In-Verfahren eingerichtet werden. Mindestens aber müssten Ärzte und Psychotherapeuten von der Pflicht befreit werden, die Akte bei Kindern und Jugendlichen zu befüllen, sofern dies zum Nachteil der Minderjährigen sein könnte.

Die zweite Korrektur betrifft die Abrechnungsdaten, die die Krankenkassen in der ePA hinterlegen und die alle einsehen können, die grundsätzlich Zugriff auf die Akte haben. Diese Daten dürften nur für die Versicherten selbst sichtbar sein, forderte Steiner. Denn die Übersicht könne auch sensible Informationen beispielweise zu einer psychischen Erkrankung enthalten.

Zu der momentan laufenden Testphase sagte sie, dass nach zwei Wochen immer noch nicht alle Testpraxen die ePA nutzen könnten. Ein Drittel habe noch kein ePA-Modul. Auch vor diesem Hintergrund forderte sie „eine faktenbasierte Beurteilung“, wann die ePA bundesweit starten könne. Steiner: „Wir müssen uns auf eine hohe Nutzerfreundlichkeit und Sicherheit verlassen können.“

Das hat der Bundestag beschlossen

Der Bundestag hat am 31. Januar Teile des seit über einem Jahr diskutierten Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG) beschlossen. Dazu gehören unter anderem:

Entbudgetierung: Abschaffung des Honorardeckels für hausärztliche Leistungen

Neue Pauschalen für Hausärzte:

  • Quartalsübergreifende Versorgungspauschale: Hausärzte sollen diese bei über 18-jährigen Chronikern abrechnen können, deren Erkrankung eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel bedarf und keinen intensiven Betreuungsbedarf begründet. Die Pauschale soll jeweils nur ein Arzt abrechnen können, auch wenn der Patient wegen seiner chronischen Erkrankung bei mehreren Ärzten in Behandlung ist.
  • Vorhaltepauschale für Hausärzte: Die neue Pauschale sollen Hausärzte erhalten, die bestimmte Kriterien erfüllen, unter anderem eine bedarfsgerechte Versorgung mit Haus- und Pflegeheimbesuchen sowie bedarfsgerechte Praxisöffnungszeiten. Die bisherige Vergütung der Gebührenordnungsposition 03040 soll dafür entfallen.

Beide Pauschalen sollen laut Gesetz weder zu Mehrausgaben noch zu Minderausgaben der Krankenkassen führen. Die KBV und der GKV-Spitzenverband wurden mit der Ausgestaltung der Pauschalen beauftragt.

Sonstige Produkte zur Wundbehandlung: Die gesetzliche Regelung, wonach Ärzte sonstige Produkte zur Wundbehandlung zulasten der Krankenkassen verordnen dürfen, wird bis zum 2. Dezember 2025 verlängert. Die Regelung war Anfang Dezember 2024 ausgelaufen (die PraxisNachrichten berichteten). Einige Krankenkassen waren dem Appell des Bundesgesundheitsministeriums gefolgt, zumindest bis März 2025 weiterhin die Kosten zu übernehmen. Insofern ist die gesetzliche Klarstellung für die Versorgungssicherheit erforderlich.

Hilfsmittelversorgung von Menschen mit Behinderung: Bei Hilfsmitteln, die von Sozialpädiatrischen Zentren oder von medizinischen Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen empfohlen wurden, ist eine Einbeziehung des Medizinischen Dienstes nicht mehr erforderlich. Damit sollen Bewilligungsverfahren im Hilfsmittelbereich beschleunigt werden.

Notfallkontrazeptiva: Frauen, die Opfer sexueller Gewalt wurden, haben künftig Anspruch auf nicht verschreibungspflichtige Notfallkontrazeptiva unabhängig vom Alter. Bislang gab es eine Altersgrenze von 22 Jahren.

Weiterer Zeitplan: Das GVSG muss jetzt noch den Bundesrat passieren; möglicher Termin ist der 14. Februar. Danach kann die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt erfolgen; einen Tag danach tritt das Gesetz in Kraft.

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