Vergütung geregelt: Komplexversorgung für schwer psychisch kranke Kinder kann starten
20.03.2025 - Die ambulante Komplexversorgung schwer psychisch kranker Kinder und Jugendlicher kann am 1. April starten. Die KBV, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der GKV-Spitzenverband haben sich jetzt im ergänzten Bewertungsausschuss auf die Vergütung geeinigt. Danach werden mehrere neue Leistungen in den EBM aufgenommen.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte das Versorgungsprogramm für Kinder und Jugendliche im vorigen Jahr beschlossen und Näheres in einer Richtlinie geregelt (die PraxisNachrichten berichteten). Das Programm soll Betroffenen mit schweren psychischen Erkrankungen helfen, selbstständig und stabil zu leben. Dazu werden sie von einem multiprofessionellen Team engmaschig betreut. Für Erwachsene besteht ein solches Angebot bereits seit Oktober 2022.
Mit dem Beschluss des ergänzten Bewertungsausschuss wurde der EBM um die Leistungen erweitert, die für die Versorgung der schwer psychisch kranken Kinder und Jugendlichen nach der G-BA-Richtlinie erforderlich sind. Dazu gehören unter anderem die Eingangssprechstunde (GOP 37600 / 29,25 Euro), die differentialdiagnostische Abklärung (GOP 37610 / 28,63 Euro) und Fallbesprechungen (GOP 37650 / 15,86 Euro). Alle Leistungen können mehrmals im Krankheits- oder Behandlungsfall abgerechnet werden.
Leistungen des Bezugsarztes oder -therapeuten
Weiterhin gibt es Leistungen, die nur der Bezugsarzt oder der Bezugspsychotherapeut abrechnen kann, zum Beispiel die Erstellung des Gesamtbehandlungsplans (GOP 37620). Die Höhe der Vergütung ist abhängig von der Größe des Teams. Ab fünf Teilnehmern sind es 77,71 Euro, darunter 55,52 Euro.
Der Bezugsarzt oder der Bezugspsychotherapeut erhält zudem eine Zusatzpauschale für Leistungen wie die Aktualisierung des Gesamtbehandlungsplans sowie die Kooperation und Abstimmung mit den an der Behandlung Beteiligten (GOP 37625). Auch hier variiert die Vergütung je nach Größe des Teams (siehe Infobox mit allen Leistungen).
Extrabudgetäre Vergütung
Die Vergütung der neuen Leistungen erfolgt zunächst extrabudgetär. Ärzte und Psychotherapeuten, die an dem Versorgungsprogramm teilnehmen und die neuen Leistungen abrechnen wollen, müssen dies gegenüber ihrer Kassenärztlichen Vereinigung erklären.
Mehr psychotherapeutische Gespräche möglich
Zusätzlich zur Aufnahme der neuen Leistungen wurde der EBM an anderen Stellen angepasst. So sind Besuche (GOP 01410 bis 01413 und 01415) und psychotherapeutische Gespräche (GOP 22220 und 23220), die im Zusammenhang mit der Komplexversorgung erfolgen, in der Abrechnung zu kennzeichnen.
Die psychotherapeutischen Gespräche sind zudem häufiger berechnungsfähig – nämlich bis zu 25-mal statt bis zu 15-mal im Behandlungsfall. Ab dem 16. Gespräch erfolgt die Vergütung zunächst extrabudgetär und damit in voller Höhe.
Ziele des Versorgungsprogramms
Nachdem für Erwachsene mit schweren psychischen Erkrankungen bereits seit Oktober 2022 ein Versorgungsprogramm besteht, ist es nun das Ziel, ein vergleichbares Angebot für Kinder und Jugendliche aufzubauen. Es soll eine bessere Koordination von verschiedenen Berufsgruppen gewährleisten, damit neben der medizinischen Behandlung auch psychotherapeutische, psychiatrische, psychosomatische und psychosoziale Belange abgedeckt sind und die Versorgung damit effektiver wird.
Um die Kinder und Jugendlichen und ihre Angehörigen in den verschiedenen Lebensbereichen – sei es in der Schule, in einem Wohnheim oder in der Familie – zu unterstützen, wird patientenindividuell ein multiprofessionelles Team gebildet. Dazu gehören mindestens ein Arzt, ein Psychotherapeut und eine koordinierende Person, die wiederum mit Kolleginnen und Kollegen sowie anderen Berufsgruppen eng zusammenarbeiten.
PraxisInfoSpezial mit weiteren Details
Alle wichtigen Details zum Ablauf der psychiatrischen Komplexversorgung von Kindern und Jugendlichen hat die KBV in einer PraxisInfoSpezial zusammengefasst (siehe „Mehr zum Thema“). Dort finden Interessierte auch, welche Fachgruppen an dem neuen Versorgungsprogramm nach der Richtlinie des G-BA über die berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung insbesondere für schwer psychisch kranke Kinder und Jugendliche (KJ-KSVPsych-RL) mitwirken können.
Die neuen Leistungen ab 1. April im Überblick
GOP Leistung Hinweis Bewertung (Punkte / Euro) 37600 Eingangssprechstunde max. 6-mal im Krankheitsfall, davon 3-mal auch nur mit Bezugspersonen möglich 236 / 29,25
je 15 Min.37610 Differentialdiagnostische Abklärung max. 6-mal im Krankheitsfall, davon 3-mal auch nur mit Bezugspersonen möglich 231 / 28,63
je 15 Min.37620 Erstellen eines Gesamtbehandlungsplans 1-mal im Krankheitsfall 448 / 55,52,
627 / 77,71
bei mind. 5 Teammitgliedern37625 Zusatzpauschale für Leistungen des Bezugsarztes oder -psychotherapeuten 1-mal im Behandlungsfall 450 / 55,77,
630 / 78,08
bei mind. 5 Teammitgliedern37626 Zuschlag zur GOP 37625 für Leistungen bei Überleitung in die Erwachsenenversorgung 1-mal im Krankheitsfall, 2-mal mit med. Begründung 232 / 28,75 37630 Koordination der Versorgung durch eine nichtärztliche Person 1-mal im Behandlungsfall 577 / 71,51,
808 / 100,14
bei mind. 5 Teammitgliedern37635 Aufsuchen eines Patienten im häuslichen Umfeld durch eine nichtärztliche Person max. 5-mal im Behandlungsfall 166 / 20,57 37650 Fallbesprechung max. 8-mal im Behandlungsfall 128 / 15,86
je 10 Min.37651 Zuschlag zur GOP 37650 bei nichtärztlichen / nichtpsychotherapeutischen Teilnehmern, die nach der KJ-KSVPsych-RL an der Behandlung beteiligt sind max. 8-mal im Behandlungsfall 128 / 15,86
je 10 Min.37655 Teilnahme an einer Hilfekonferenz max. 8-mal im Krankheitsfall 128 / 15,86
je 10 Min37656 Zuschlag zur GOP 37655 bei nichtärztlichen / nichtpsychotherapeutischen Teilnehmern, die nach der KJ-KSVPsych-RL an der Behandlung beteiligt sind max. 8-mal im Krankheitsfall 128 / 15,86
je 10 Min.Hinweise zur Abrechnung:
- Nur Vertragsärzte und -psychotherapeuten, die zur Teilnahme an der psychiatrischen Komplexversorgung für Kinder und Jugendliche nach der KJ-KSVPsych-Richtlinie berechtigt sind und dies gegenüber ihrer Kassenärztlichen Vereinigung erklärt haben, dürfen die Leistungen abrechnen – mit Ausnahme der GOP 37650: Die GOP für Fallbesprechungen dürfen auch Vertragsärzte und -psycho-therapeuten abrechnen, die nicht an der Komplexversorgung teilnehmen.
- Die GOP 37620, 37625, 37630, 37635, 37651 und 37656 können ausschließlich durch den Bezugsarzt oder Bezugspsychotherapeuten abgerechnet werden.
- Voraussetzung für die Abrechnung der GOP 37610 und 37620 ist, dass der Patient in dem aktuellen Quartal oder dem Quartal davor in der Eingangssprechstunde war und dafür die GOP 37600 berechnet wurde.
- Die GOP 37650 und 37655 können auch berechnet werden, wenn die Fall- beziehungsweise Hilfekonferenz telefonisch oder per Video stattfindet. Der Arzt oder Psychotherapeut, der eine Videofallkonferenz initiiert, kann zusätzlich den Technikzuschlag für Videosprechstunden (GOP 01450) abrechnen.