Hofmeister: „Für die Praxen ist das Impfen tägliche Routine“
Den Fokus beim Impfen gegen COVID-19 endlich auf die Praxen statt auf die Impfzentren legen! Das hat Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), heute bei der digitalen KBV-Vertreterversammlung gefordert: „Es wird so getan, als sei das Impfen in Zentren der Normalzustand und das Impfen in Praxen eine Besonderheit. Dabei ist es in Deutschland doch genau anders herum!“
Berlin, 26. März 2021 – Hinsichtlich der Corona-Pandemie unterstrich der stellvertretende KBV-Chef die Kompetenz der Vertragsärzteschaft bei Immunisierungen: „Lasst die Ärztinnen und Ärzte impfen und zwar in allen Praxen, die dazu bereit sind. Impfen haben wir in mindestens zwölf Jahren Ausbildung gelernt, das können unsere Teams und wir.“
Mehr noch als Bürgerinnen und Bürger durch Impfungen zu schützen, scheine manchen Landes- und Kommunalpolitikern daran gelegen zu sein, ihre Impfzentren zu schützen und damit Handlungskompetenz zu demonstrieren, kritisierte der KBV-Vize. Die Zentren seien aus der Not geboren, weil klar war, dass es zunächst nur eine sehr begrenzte Menge an Impfstoff geben und dass die Logistik eine Herausforderung würde. Hofmeister: „Für diese schwierige Anfangsphase war die Zentrenlösung zweifelsfrei die richtige. Die Kolleginnen und Kollegen sowie das medizinische Personal machen dort einen wichtigen und sehr guten Job.“ Dennoch seien die Zentren ein Sonderweg, die Praxen müssten nun flächendeckend in das Impfgeschehen einsteigen.
„Für die Praxen ist das Impfen tägliche Routine“, so Hofmeister. Sie bräuchten dafür keine Sondererlaubnis. „Das einzige, was sie brauchen, ist eine verlässliche Belieferung und klare Regelungen zum Impfen. Dafür haben wir inzwischen die Voraussetzungen geschaffen. Alles Weitere ist eine Frage des politischen Willens.“
Mit Blick auf die Grippesaison 2021/22 verlangte der KBV-Vize, dass Ärztinnen und Ärzte, die vorsorgen, um möglichst vielen Menschen ein Impfangebot machen zu können, keine Nachteile entstehen. Hintergrund sind Ordern für die kommende Saison. Hofmeister: „Viele Ärzte sind der Empfehlung der Pharmaindustrie, aber auch des Bundesgesundheitsministeriums gefolgt und haben den Influenza-Impfstoff für die kommende Saison frühzeitig, das heißt bereits vor Ende vorigen Jahres bestellt.“ Im Januar habe jedoch der Gemeinsame Bundesausschuss die Schutzimpfungs-Richtlinie geändert.
Demnach sollten gesetzlich Versicherte ab dem Alter von 60 Jahren ausschließlich mit einem neuen Hochdosis-Impfstoff geimpft werden. „Dieser war zu dem Zeitpunkt, als die meisten Praxen geordert haben, aber noch gar nicht verfügbar. Diese Praxen hätten nun neu und zusätzlich bestellen müssen“, sagte Hofmeister. Sie hätten damit riskiert, auf den ursprünglich beschafften Dosen sitzen zu bleiben und dadurch in Regress zu geraten, da sich solche frühzeitigen Bestellungen oft nicht stornieren ließen.
Nach deutlicher Kritik durch die KBV habe das Bundesgesundheitsministerium reagiert und eine klarstellende Rechtsverordnung erlassen. „Ärztinnen und Ärzte sollten nicht bestraft werden, wenn sie vorsorgen, um möglichst vielen Menschen ein Impfangebot machen zu können“, betonte Hofmeister und ergänzte: „Ich appelliere an die Bundesregierung, die Regressregelung bei Impfstoffen grundsätzlich zu streichen.“
Im Hinblick auf das Superwahljahr kritisierte der Vize-Chef der KBV die mangelnde Wahrnehmung der Vertragsärzteschaft in den Wahlprogrammen der Parteien: „Heute muss man froh sein, wenn die Niedergelassenen und ihre Selbstverwaltung überhaupt erwähnt werden.“ Er forderte von der Politik, etwas für die ärztlichen und psychotherapeutischen Praxen zu tun, um diese Strukturen zu erhalten. „Wir werden mit großer Aufmerksamkeit die Positionierung der Parteien hierzu verfolgen und kritisch hinterfragen“, so Hofmeister.