Dr. Andreas Gassen zum Thema Impfpflicht
Der KBV-Vorstandsvorsitzende äußert sich skeptisch gegenüber einer Impfpflicht gegen SARS-CoV-2.
Berlin, 06. Januar 2021 - „Es muss jedem völlig klar sein, dass das Impfen das wirksamste Instrument im Kampf gegen das Virus ist. Deshalb unterstütze ich grundsätzlich jede Maßnahme zur Verbesserung der Impf- und Boosterquote nach Kräften.
Trotzdem halte ich nach wie vor nicht viel von einer Impfpflicht, zumal ich glaube, dass wir dadurch letztlich keine relevante Erhöhung der Impfquote im Vergleich zu einer guten und intensiven Impfkampagne, flankiert von Maßnahmen wie 2 G erreichen werden.
Davon unabhängig gibt es allein schon zu viele organisatorische Hindernisse, um dieses Vorhaben in kurzer Zeit starten zu können. Das fängt bereits beim Impfregister an. Wer soll das unter Wahrung des Datenschutzes erstellen, wo soll es gepflegt werden?
Wer lädt wen zum Impfen ein, und wohin, welcher Impfstoff, nach welchem Impfschema? Wer kontrolliert, wer hakt nach, wie sollen Impfverweigerer sanktioniert werden? Wir erleben gerade jeden Tag, dass wir noch nicht einmal einen halbwegs guten Überblick über das aktuelle Infektionsgeschehen haben, weil die Datenlage mehr als wackelig ist.
Wie soll da eine so komplexe Thematik wie eine Impfpflicht verlässlich gemonitort werden? Bis wir dies alles erarbeitet haben, ist die Corona-Gefahr vermutlich wirklich vorbei. Außerdem muss dann auch abschließend klar sein, welcher Impfstoff wie oft verimpft werden muss – man kann den Leuten nicht ernsthaft eine Impfpflicht auferlegen und dann feststellen, dass die Wirkung des Impfstoffes immer nur ein paar Monate hält.
Auch der Ethikrat macht aktuell sehr deutlich, dass es keineswegs eine klare und einheitliche und unbedingte Empfehlung zur Impfpflicht gibt, sondern durchaus unterschiedliche Vorstellungen dazu. Im Augenblick stecken wir ja mitten in einer durchaus erfolgreichen Boosterkampagne - die ersten sprechen aber schon von einer 4. Impfung.
Es werden sich zunehmend Menschen nach dem Sinn einer Impfung fragen, die nur wenige Monate schützt. Auch die Frage der zunehmenden Spannungen in der Gesellschaft lässt einen nicht unberührt.“