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Patientenfallkonferenz im Qualitätszirkel - Tutorial

Herzlich Willkommen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir möchten heute etwas ganz neues ausprobieren um Sie als Moderatoren beim Erlernen eines Moduls zur Gestaltung eines Qualitätszirkels zu unterstützen.

Wir werden heute ein Video-Tutorial für Sie darstellen, indem wir die Moderation der Patientenfallkonferenz mit Ihnen zusammen Schritt für Schritt erarbeiten wollen.
Ziel des Video-Tutorials ist es, dass wir die Texte im Handbuch „Qualitätszirkel“ der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, die Sie vor der Moderation lesen sollten, ergänzen durch dieses Video-Tutorial.

Es soll Ihnen eine Unterstützung sein, den Qualitätszirkel mit der Patientenfallkonferenz möglichst ohne große Probleme ein erstes Mal moderieren zu können.
Die Patientenfallkonferenz ist ein fallanalytisches Verfahren.
Wir wollen in diesem Verfahren drei zentrale Elemente zur Entwicklung eines neuen Behandlungsplans analysieren und aufarbeiten.
Diese Elemente sind die Beziehung von Arzt und Patient in Ihrer Bedeutung für den Fallverlauf, die genaue Kenntnis der Krankengeschichte und das Wissen um die beste Evidenz, die wir zurzeit wissenschaftlich zur Behandlung des Fallproblems haben.

Für den Fallvorsteller erbringt die Patientenfallkonferenz am Ende einen neuen Behandlungsplan, den er mit in seine Praxis nehmen kann. Für die Zuhörer passiert ein Lernen am exemplarischen Fall.
Die Zuhörer werden in ihrer Praxis viele ähnliche Fälle haben, auf die sie das Ergebnis dann gut übertragen können.

Eine Patientenfallkonferenz gliedert sich in vier Phasen, die aufeinander aufbauen. Jede Phase wird auf einem eigenen Plakat dokumentiert.

Als erstes die Fallvorstellung gefolgt von der Arzt-Patienten-Beziehung, dann das medizinische Behandlungsproblem, drittens der Vergleich mit Evidenzquellen und in Phase vier dann schließlich der neue Behandlungsplan.

Sehen wir uns die vier Phasen im Einzelnen an. In der ersten Phase gibt die Fallvorstellerin einen Überblick zu einem besonders komplexen oder schwierigen Behandlungsfall in ihrer Praxis.
Anschließend analysieren alle gemeinsam die Beziehung zwischen Ärztin und Patienten, die sich im Laufe der Behandlung bisher entwickelt hat.

Wenn Sie die Patientenfallkonferenz moderieren, erschrecken Sie bitte nicht über einen ersten 20-minütigen Teil, indem wir die Beziehung zwischen Arzt und Patient besprechen. Für Sie wichtig dabei ist immer, dass die Thematisierung der Beziehung ja eine ganz große Ressource innerhalb des Qualitätszirkels aufgreift, unsere Erfahrung ist, dass dieser Teil der Patientenfallkonferenz der lebendigste ist und Sie oftmals ein Problem haben ihn zeitlich zu begrenzen.

Erst in der zweiten Phase wird der medizinische Behandlungsverlauf dargestellt, also Anamnese, Diagnostik und Therapie. In der Gruppendiskussion können die Zirkelmitglieder Fragen stellen. Das soll helfen sogenannte blinde Flecken der Behandlung zu erhellen.

"Ich habe für mich festgelegt, mich zwischenzeitlich noch mal mit ihrer Akte zu befassen und gedanklich da noch mal drüber nachzudenken. Und da bot sich natürlich die Fallkonferenz ganz gut an mein Problem loszuwerden."

In den Phasen 1 und 2 haben Sie den Fall kennengelernt. Was ist bisher geschehen? Wie stellt sich die Arzt-Patienten-Beziehung dar? Und welche konkreten Maßnahmen wurden bisher ergriffen?

In der dritten Phase wird verglichen: Anamnese, Diagnostik und Therapie des vorgestellten Falls einerseits, mit den verfügbaren Evidenzquellen andererseits.


Wir wollen uns nun das dritte Plakat der Patientenfallkonferenz anschauen. Es geht hier um die Gegenüberstellung der bisherigen klinischen Praxis und der verfügbaren besten Evidenz. Häufig ist dieses Plakat der Einstieg in die vertiefende Arbeit mit der Methode der Evidenzbasierten Medizin. Wichtig dabei ist, dass wir das was wir bisher als gute klinische Praxis in unseren Sprechstunden machen vergleichen mit dem, was zum Beispiel in Leitlinien, Reviews oder in Originalarbeiten steht. Der Vergleich soll die Teilnehmer zu einem kritischen Urteil über ihre eigene Evidenznutzung anregen und sie nachdenklich machen. Durch das Gegenüberstellen verhindern wir eine Wertung einzelner Beiträge.
Manchmal reicht in dieser einen Sitzung hierfür die Zeit nicht aus oder es fehlen die technischen oder logistischen Möglichkeiten die Evidenzquellen zu beschaffen. Dann ist eine zweite Sitzung hilfreich, beispielsweise mit einen sogenannten Experteninterview oder Journal Club oder aber in Form des Moduls Methoden und Instrumente der Evidenzbasierten Medizin. So kann sich aus Phase 3 auch eine Zirkelsequenz ergeben zur fortgesetzten Arbeit an der zentralen Frage zum vorgestellten Fall.

"Dass Sie die jetzt vielleicht so fürs Erste mitnehmen und, dass wir bei der nächsten Sitzung diese vielen Komplexfragen, die sich ja hier noch gestellt haben, vielleicht noch einmal näher analysieren."



Als Tipp: diese Zirkelsequenzen sollten nicht länger als drei bis vier Sitzungen sein, damit der Zirkel auch noch andere aktuelle Themen gut bearbeiten kann. Die Patientenfallkonferenz würden Sie dann immer an den Anfang einer Zirkelsequenz stellen, um vom realen Fall auf die Analyse der Evidenzquellen im Modul Evidenzbasierte Medizin Leitlinien über zu gehen und dann kommt oft ein dritter Schritt in der Zirkelsequenz, dass Sie sich einen lokalen Experten einladen, der zu Fragen, die nicht in den Evidenzquellen stehen pragmatisch handhabbare Antworten gibt.

Das Experteninterview hat einen großen Charme: der eingeladene Experte bekommt ein Medienverbot. Die Zirkelmitglieder stellen ihm Fragen, die sie für wichtig halten und er muss in einer kollegialen Beratung so darauf antworten, dass der Kollege das am nächsten Tag nutzen kann.

Diese Methode hat sich sehr bewehrt um das ständige berieselt werden mit Vorträgen in Zirkeln etwas abzumildern. Wir werden oft gefragt, welche Bedeutung die Patientenfallkonferenz in der Arbeit psychotherapeutischer Qualitätszirkel hat.
Bei Psychotherapeuten haben wir eine Gemengelage.
Sie ist beschrieben durch die Kultur der Intervision von Fällen, die sie seit Jahren auf sehr hohem Niveau betreiben und die als eine der Stärken psychotherapeutischer Qualitätssicherung gelten kann.

Anders als in der Körpermedizin stehen in der Psychotherapie meist keine randomisierten kontrollierten Studien zur Verfügung. Dennoch kann es auch für Psychotherapeuten hilfreich sein, sich im Rahmen der Patientenfallkonferenz im Qualitätszirkel auszutauschen. Etwa zur Frage welche verfügbare externe Evidenz auf den konkreten Behandlungsfall anwendbar ist.
Gut geeignet ist hierfür zum Beispiel die Methode des Journal Clubs.

In der vierten und letzten Phase erarbeiten alle im Zirkel gemeinsam einen neuen Behandlungsplan für den vorgestellten Fall. Dieser Plan kann dann unmittelbar in die weitere Behandlungspraxis einfließen.

Achten Sie darauf, dass das Plakat am Ende der Patientenfallkonferenz auf jeden Fall vollständig abgearbeitet wird. Tragen Sie Therapieziel, Diagnostik und Therapie in der von der Gruppe erarbeiteten Weise ein. Der letzte Eintrag auf dem vierten Plakat gerät oft ins Hintertreffen. Er fällt schlichtweg aus.

Meistens durch den Zeitverbrauch in der sehr lebendigen Diskussion der Patientenfallkonferenz.
Diesen Teil „Wie rede ich mit den Patienten über Veränderungen“ müssen Sie unbedingt bearbeiten. Das ist wenn man so will der Transferschritt vom Zirkel und seiner Ergebnisse zur Verbesserung der Behandlung des Patienten hin zur Sprechstundenwirklichkeit des vorstellenden Kollegen.
Überlegen Sie hier, wie man den Patienten ansprechen kann, wie man ihn für Veränderungen gewinnen kann, wie man ihm aber auch zum Beispiel mitteilt, dass der vorstellende Arzt diesen Patienten, anonym, in einer Gruppe von Kollegen vorgestellt hat, um sich mit ihnen zu beraten, was man noch besser machen kann.

Alle vier Phasen sind durchlaufen, das heißt alle vier Moderationsplakate sind vollständig ausgefüllt und es gibt einen neuen Behandlungsplan für den vorgestellten Fall. Nun soll die Fallvorstellerin Gelegenheit zu einem Fazit erhalten. Wie hat sie die Patientenfallkonferenz erlebt und was nimmt sie für ihre Behandlungspraxis mit?

"Am Ende jetzt von der Fallkonferenz, möchte ich erstmal allen danken für die guten Ideen. Ich denke, ich habe vor allem davon profitiert, dass sehr viele verschiedene Kollegen da sind und auch von vielen Blickrichtungen die Patientin gesehen haben."

Ich möchte Ihnen gern jetzt einige Hinweise zur Moderation der Patientenfallkonferenz geben, die sich in einer 20-jährigen Evaluations- und Moderationspraxis als sehr wichtig erwiesen haben. Die erste wesentliche Festsetzung ist, dass Sie bitte nicht gleichzeitig moderieren und auf den Plakaten dokumentieren.

Sie müssen sich im Zirkel einen Dokumentar suchen, der auf Ihren Zuruf hin auf den Plakaten die Zurufe dokumentiert. Der Dokumentar moderiert bitte auf keinem Fall mit. Das führt zu großer Verwirrung am Anfang Ihrer Moderationspraxis.
Wenn Sie ein sehr geübtes Paar von Moderator und Dokumentar sind, können diese Grenzen auch ruhig ein bisschen verwischen. Das braucht aber einiges an Übung.

Das Zweite, was Sie bitte berücksichtigen, wenn Sie die Patientenfallkonferenz moderieren, ist die Tatsache, dass wir oftmals sehr ehrlich gemeinte Wortbeiträge von Teilnehmern hören.
Eine in der Evaluation immer wieder aufgefallene Problematik ist, dass der Moderator den Wortbeitrag eines Qualitätszirkelmitgliedes noch einmal neu formuliert, ihn wendet, ihn reflektiert. Das ist überaus problematisch, weil die Zirkelteilnehmer das als oftmals sehr entwertend erleben, das was sie ernsthaft in den Zirkel beitragen wollten, wird vom Moderator noch einmal uminterpretiert.

Es gilt hier ganz nachdrücklich das Gebot der Wörtlichkeit.
Wir nehmen das, was einer im Zirkel zum Fall sagt wörtlich. Verkürzen können Sie sehr lange Beiträge sehr gut, wenn Sie den Beitrag Geber ansprechen „Kannst du es bitte in ein, zwei Worten zusammenfassen“
Alle vier Phasen der Patientenfallkonferenz finden Sie auch im KBV-Handbuch „Qualitätszirkel“ beschrieben. Ebenso im Sicheren Netz der KVen und der KBV.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was Sie sehen konnten ist, dass die Patientenfallkonferenz allen Beteiligten sehr viel Spaß gemacht hat.
Die Stärke der Patientenfallkonferenz ist, dass wir ein fallanalytisches Verfahren anwenden, das die Realität Ihrer Arztpraxis, nämlich das Arbeiten mit einzelnen Fällen, genau anschaut und sie dabei unterstützen soll.

Die Lebendigkeit der Patientenfallkonferenz entsteht dadurch, dass alle merken, dass sie ganz ähnliche Fälle bearbeiten. Das führt auch dazu, dass man einen zunehmenden Respekt vor der Unzulänglichkeit und vor der Schwierigkeit des eigenen Handelns bekommt.

Ich hoffe, dass unser Video-Tutorial Ihnen eine Hilfe dabei sein kann, selber die Patientenfallkonferenz zu moderieren. Haben Sie am Anfang und beim ersten Mal keine zu hohen Ansprüche an Ihre Moderation.
Wenn Sie die vier Plakate gut ab moderieren und der Gruppe genug Raum lassen aktiv zu diskutieren, trägt sich diese Dramaturgie von ganz alleine.
Ich hoffe Sie haben viel Spaß mit der Patientenfallkonferenz und danke für Ihr Interesse, dass Sie sich unser Video angeguckt haben. Auf Wiedersehn.

Weitere Informationen rund um Qualitätszirkel finden Sie im Internetangebot der KBV.

Qualitätszirkel sind bei ambulant tätigen Ärzten und Psychotherapeuten eine etablierte Form der Fortbildung. Ein hilfreiches Instrument dabei: die Patientenfallkonferenz (PFK). Darin tauschen sich die Kolleginnen und Kollegen in moderierten Arbeitskreisen über ihre Arbeit aus, um die eigene Behandlungspraxis zu analysieren und gezielt weiterzuentwickeln. In einer PFK wird jeweils ein konkreter komplizierter Behandlungsfall gemeinsam besprochen und dafür ein alternativer Therapieansatz gesucht. Wie eine solche PFK gestaltet und geleitet wird, zeigt dieses Tutorial.

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