Das ambulante Versorgungsangebot
Sprechstunden für Erstgespräche, Akutbehandlung, Gruppentherapie: Hier erhalten Sie einen Überblick zum ambulanten psychotherapeutischen Versorgungsangebot.
Sprechstunden für Erstgespräche, Akutbehandlung, Gruppentherapie: Hier erhalten Sie einen Überblick zum ambulanten psychotherapeutischen Versorgungsangebot.
Erstes Gespräch und Abklärung des Behandlungsbedarfs
Die Psychotherapeutische Sprechstunde dient der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und stellt einen niedrigschwelligen Zugang zur Psychotherapie dar. Die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut klärt in dem Erstgespräch ab, ob ein Verdacht auf eine psychische Krankheit vorliegt und der Patient eine Psychotherapie benötigt oder ob ihm mit anderen Unterstützungs- und Beratungsangeboten (z.B. Präventionsangebote, Ehe- und Familienberatungsstelle) geholfen werden kann. Auch erste therapeutische Interventionen sind möglich.
Angebot verpflichtend: Jeder Arzt und Psychotherapeut, der eine Genehmigung zur Abrechnung von Richtlinien-Psychotherapie hat, muss Sprechstunden anbieten. Dies gilt ebenso für Ärztinnen und Ärzte mit der Zusatzbezeichnung Psychotherapie, Ausbildungsinstitute und in bestimmten Fällen auch für ermächtigte Ärztinnen und Ärzte.
Umfang: Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten müssen pro Woche mindestens 100 Minuten für Sprechstunden anbieten, bei hälftigem Versorgungsauftrag mindestens 50 Minuten (sofern KVen keine abweichenden Regelungen treffen).
Dauer: Eine Sprechstunde dauert mindestens 25 Minuten pro Patientin oder Patient und kann höchstens sechsmal je Krankheitsfall bei Erwachsenen (insgesamt bis 150 Minuten) durchgeführt werden, bei Kindern und Jugendlichen sowie bei Menschen mit einer geistigen Behinderung höchstens zehnmal (insgesamt bis zu 250 Minuten). In der Regel werden 50-minütige Sitzungen durchgeführt. Der Krankheitsfall umfasst das aktuelle und die drei darauffolgenden Quartale. Die Sprechstunden werden nicht auf die Therapiekontingente angerechnet.
Weiterführende Behandlung: Sie muss nicht durch den Psychotherapeuten erfolgen, der die Sprechstunde durchgeführt hat.
Organisation: Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten entscheiden selbst, wie sie die Sprechstunde organisieren. Möglich sind feste Zeiten, aber auch eine individuelle Terminvereinbarung. Auch offene Sprechstunden sind möglich, in der Regel werden jedoch Terminsprechstunden angeboten.
Mitteilung an die KV: Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten melden ihrer KV, ob sie eine Psychotherapeutische Sprechstunde mit oder ohne Terminvereinbarung anbieten. Ferner müssen sie mitteilen, zu welchen Zeiten die Praxis für Patientinnen und Patienten telefonisch erreichbar ist, um Termine zu vereinbaren.
Achtung: Dies hat nichts mit den Terminservicestellen zu tun. Diese vermitteln nur Termine, die die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ausschließlich zur Vermittlung durch die Servicestellen ihrer KV melden.
Sprechstunde auch für Patienten Pflicht
Erst wenn eine Patientin oder ein Patient eine Sprechstunde aufgesucht hat, kann mit probatorischen Sitzungen oder einer Akutbehandlung begonnen werden - dieses Erstgespräch ist Pflicht. Vorgeschrieben sind mindestens 50 Minuten.
Ausnahmen gibt es für Patientinnen und Patienten, die aufgrund einer psychischen Erkrankung in einer stationären Krankenhausbehandlung oder rehabilitativen Behandlung waren. Sie können ohne vorherige Sprechstunde mit probatorischen Sitzungen, der Gruppenpsychotherapeutischen Grundversorgung oder einer Akutbehandlung beginnen. Dies gilt auch, wenn ein Psychotherapeutenwechsel während einer laufenden Psychotherapie erfolgt.
PTV 10: Das Formular ist eine allgemeine Patienteninformation, in der das ambulante psychotherapeutische Versorgungsangebot sowie die verschiedenen Psychotherapieverfahren und Behandlungsmöglichkeiten vorgestellt werden. Die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut händigt das Infoblatt der Patientin beziehungsweise dem Patienten in der Sprechstunde aus.
PTV 11: Zum Ende der Sprechstunde erhält jede Patientin und jeder Patient einen Befundbericht mit Ergebnissen und Empfehlungen für das weitere Vorgehen. Der Psychotherapeut verwendet dafür das PTV 11. Darauf trägt er unter anderem ein, ob eine behandlungsbedürftige psychische Störung vorliegt und ob weitere Maßnahmen erforderlich sind, beispielsweise eine Akutbehandlung oder das Aufsuchen einer Beratungsstelle.
Die Gruppenpsychotherapeutische Grundversorgung ist ein psychotherapeutisches Angebot in der Gruppe für Patientinnen oder Patienten, bei denen in der psychotherapeutischen Sprechstunde eine Indikation zur Anwendung von Psychotherapie festgestellt wurde.
Sie dient der strukturierten Vermittlung und weiteren Vertiefung von grundlegenden Inhalten der ambulanten Psychotherapie auch mit dem Ziel, individuelle Hemmschwellen und Vorbehalte, insbesondere gegenüber Psychotherapie in Gruppen, abzubauen und die Motivation zur Teilnahme an einer Gruppentherapie aufzubauen und zu stärken.
Hierbei werden Informationen über die für die Gruppenmitglieder relevanten psychischen Störungen und deren Entstehungsbedingungen und Einflussfaktoren vermittelt, ein individuelles Krankheitsverständnis und der individuelle Umgang mit entsprechenden Symptomen, Funktionsbeeinträchtigungen und psychischen Belastungen erarbeitet und mögliche Fragen der Patientinnen und Patienten zu psychischen Erkrankungen und ihrer Behandlung bearbeitet.
Umfang: Die Gruppenpsychotherapeutische Grundversorgung kann viermal je Krankheitsfall mit jeweils 100 Minuten Dauer (insgesamt bis zu 400 Minuten), auch in Einheiten von 50 Minuten mit entsprechender Vermehrung der Gesamtsitzungszahl, erbracht werden.
Für den Fall der Einbeziehung von relevanten Bezugspersonen bei Kindern und Jugendlichen kann die Gruppenpsychotherapeutische Grundversorgung zusätzlich bis zu 100 Minuten je Krankheitsfall (insgesamt bis zu 500 Minuten) erbracht werden; die Einbeziehung der Bezugspersonen kann auch ohne Anwesenheit des Kindes oder Jugendlichen stattfinden.
Dies gilt entsprechend für die Behandlung von Menschen mit einer geistigen Behinderung. Die Gruppengröße umfasst mindestens drei bis höchstens neun Patientinnen und Patienten.
Keine Anzeige- oder Antragspflicht: Die Gruppenpsychotherapeutische Grundversorgung ist keine Richtlinientherapie und wird nicht auf die Therapiekontingente gemäß § 29 und § 30 der Psychotherapie-Richtlinie angerechnet.
Sie ist anzeige-, antrags- und genehmigungsfrei. Der Konsiliarbericht oder eine unmittelbar vorausgegangene somatische Abklärung sind nicht obligatorisch zur Inanspruchnahme.
Weiterbehandlung: Die Gruppenpsychotherapeutische Grundversorgung kann aufgrund ihrer von den probatorischen Sitzungen abweichenden inhaltlichen Zielsetzung diese nicht ersetzen. Vor dem Beginn einer sich anschließenden Richtlinientherapie sind mindestens zwei probatorische Sitzungen zu erbringen.
Die Akutbehandlung soll zur Besserung akuter psychischer Krisen beitragen. Patientinnen und Patienten, für die eine Akutbehandlung nicht ausreicht, sollen so stabilisiert werden, dass sie auf eine Psychotherapie vorbereitet sind oder ihnen andere ambulante, teil- oder vollstationäre Maßnahmen empfohlen werden können.
Die Durchführung der Akutbehandlung ist auch per Videosprechstunde möglich. Die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut haben dafür Sorge zu tragen, Regelungen zum Vorgehen bei gegebenenfalls aufkommender Eigen‐ oder Fremdgefährdung zu treffen.
Umfang: Die Akutbehandlung kann als Einzeltherapie bis zu 24-mal á 25 Minuten im Krankheitsfall (= vier Quartale) durchgeführt werden (maximal 600 Min., Mindesteinheit: 25 Min.), bei Kindern und Jugendlichen sowie bei Menschen mit einer geistigen Behinderung bis zu 30-mal, wenn die Bezugspersonen einbezogen werden (maximal 750 Min., Mindesteinheit: 25 Min.).
Anzeigepflichtig: Die Akutbehandlung ist nicht genehmigungspflichtig, die Kasse muss aber informiert werden. Für die Anzeige verwenden Therapeutinnen und Therapeuten das Formular PTV 12.
Weiterbehandlung: Soll nach der Akutbehandlung eine Richtlinientherapie erfolgen, sind mindestens zwei probatorische Sitzungen nötig. Erbrachte Stunden der Akutbehandlung sind mit den Stunden der Kurz- oder Langzeittherapie zu verrechnen.
PTV 12: Mit diesem Formular zeigt die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut an, dass die oder der Versicherte eine Akutbehandlung erhält. Eingetragen werden unter anderem das Datum des Beginns der Akutbehandlung, Angaben zum bisherigen Behandlungsverlauf und die ICD-10-Diagnosen.
Weiteres Kennenlernen & genaue Diagnostik in den „Probatorischen Sitzungen“
Vor einer Kurz- oder Langzeittherapie finden mindestens zwei probatorische Sitzungen statt – möglich sind bis zu vier bei Erwachsenen und bis zu sechs bei Kindern und Jugendlichen. Dies gilt auch, wenn eine Psychotherapeutische Sprechstunde und/oder Akutbehandlung durchgeführt wurde.
Ein Antrag auf Kurz- oder Langzeittherapie ist bereits nach der ersten probatorischen Sitzung möglich, wenn für die zweite Sitzung ein Termin vereinbart ist. Die restlichen probatorischen Sitzungen können bis zum Beginn der beantragten Richtlinientherapie durchgeführt werden.
Probatorische Sitzungen im Krankenhaus: Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen bereits frühzeitig sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden.
Probatorische Sitzungen im Gruppensetting: Sofern sich eine Gruppentherapie oder eine Kombinationsbehandlung aus Einzel- und Gruppentherapie anschließen soll, können probatorische Sitzungen auch im Gruppensetting stattfinden. Mindestens eine probatorische Sitzung muss im Einzelsetting stattfinden.
Es müssen mindestens zwei probatorische Sitzungen im Einzelsetting durchgeführt werden, wenn bei derselben Psychotherapeutin oder bei demselben Psychotherapeuten keine psychotherapeutische Sprechstunde mit insgesamt mindestens 50 Minuten durchgeführt wurde. Bei Kindern und Jugendlichen ist auch eine Einbeziehung der relevanten Bezugspersonen möglich.
Dies gilt entsprechend für die Behandlung von Menschen mit einer geistigen Behinderung. Zudem ist nun erlaubt, dass Gruppentherapie-Patienten und Gruppen-Probatorik-Patienten gleichzeitig in gemischten Gruppensitzungen behandelt werden können.
Kurzzeittherapien umfassen bis zu 24 Therapieeinheiten. Die Beantragung erfolgt in zwei Schritten für jeweils ein Kontingent von 12 Therapieeinheiten und ist grundsätzlich nicht gutachtenpflichtig, es sei denn, dass innerhalb der vergangenen zwei Jahre eine Psychotherapie stattfand oder die Krankenkasse im Einzelfall ein Gutachten anfordert.
Antrag auf Kurzzeittherapie: Die Beantragung bei der Krankenkasse erfolgt möglichst schon während der probatorischen Sitzungen. Die Patientin oder der Patient füllt dazu den Antrag PTV 1 aus. Die Psychotherapeutin oderr der Psychotherapeut reicht diesen Antrag zusammen mit den Angaben zu Erkrankung und geplanter Psychotherapie (PTV 2) ein.
Zeitpunkt der Antragstellung: Um das erste Kontingent der Kurzzeittherapie (KZT 1) zu beantragen, muss der Termin für die zweite probatorische Sitzung feststehen und zusammen mit dem ersten, bereits stattgefundenen Termin eingetragen werden. Nach sieben Therapieeinheiten der KZT 1 kann das zweite Kontingent (KZT 2) beantragt werden.
Antragsbewilligung: Die Anträge gelten nach Ablauf einer Drei-Wochen-Frist auch ohne Bescheid als bewilligt. Der Patient erhält einen Bescheid seiner Kasse. Wird eine Kurzzeittherapie nicht bewilligt, erhalten sowohl Patient als auch Psychotherapeut eine Mitteilung.
Umwandlung in Langzeittherapie: Eine Kurzzeittherapie kann in eine Langzeittherapie umgewandelt werden. Dies sollte spätestens mit der achten Therapieeinheit der KZT 2 erfolgen (in der Regel etwa vier bis fünf Wochen vor dem Ende der Kurzzeittherapie), um eine nahtlose Weiterbehandlung zu gewährleisten.
Der Umwandlungsantrag erfolgt ebenfalls mit Antrag der Patientin oder des Patienten (PTV 1), dem Formular PTV 2 (Feld „Langzeittherapie als Umwandlung“) und ist gutachtenpflichtig. Dem Antrag ist daher ein verschlossener Briefumschlag für die Gutachterin oder den Gutachter (PTV 8) mit folgendem Inhalt beizufügen:
Antrag auf Langzeittherapie: Der erste Bewilligungsschritt in der Langzeittherapie ist antrags- und gutachtenpflichtig. Dem Antrag ist – wie bei der Umwandlung einer Kurzzeittherapie – ein verschlossener Umschlag für die Gutachterin oder den Gutachter (PTV 8) beizufügen. Ob Anträge auf Fortführung der Psychotherapie gutachtenpflichtig sind, liegt im Ermessen der Krankenkassen. Die meisten Patientinnen und Patienten können innerhalb des ersten Bewilligungsschrittes eine Besserung erreichen. Mit dem Fortführungsantrag (zweiter Bewilligungsschritt) kann direkt das Höchstkontingent beantragt werden, wenn weitere Therapiestunden notwendig sind. Es müssen nicht alle Stunden beantragt werden, wenn schon absehbar ist, dass diese nicht notwendig sind.
Antragsbewilligung: Die Krankenkasse teilt bei der oder dem Versicherten und der Psychotherapeutin oder dem Psychotherapeuten ihre Entscheidung formlos mit.
Die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut nutzt dieselben Formulare wie bei der Kurzzeittherapie. Bei Langzeittherapie ist darüber hinaus auf dem Formular PTV 2 anzugeben, ob nach Abschluss der Behandlung eine Rezidivprophylaxe erfolgen soll. Hier kann die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut wählen zwischen ja, nein, noch nicht absehbar oder angeben, dass ein Fortführungsantrag voraussichtlich erforderlich ist.
Langzeittherapie bei Erwachsenen | |||
Verfahren | Bewilligungsschritte | Therapieeinheiten Einzel-/Gruppentherapie* | |
AP | 1 2 |
160/80 300/150 |
|
ST | 1 2 |
36/36 48/48 |
|
TP | 1 2 |
60/60 100/80 |
|
VT | 1 2 |
60/60 |
* Therapieeinheit à 50 Minuten in Einzelbehandlung, à 100 Minuten in Gruppenbehandlung
Nach Beendigung einer Langzeittherapie kann eine Rezidivprophylaxe erfolgen, um Rückfälle zu vermeiden. Dafür werden Stunden aus dem Kontingent der Langzeittherapie genutzt:
Für Kinder, Jugendliche und Menschen mit geistiger Behinderung können mehr Stunden für die Rezidivprophylaxe verwendet werden (10 bzw. 20 Stunden). Die Rezidivprophylaxe kann bis zu zwei Jahre nach Abschluss der Langzeittherapie durchgeführt werden. Dazu gibt die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut bereits im Antrag für eine Langzeittherapie (PTV 2) an, wie viele Stunden für die Rezidivprophylaxe eingesetzt werden sollen oder dass dies zum Zeitpunkt der Antragsstellung noch nicht absehbar ist.
Wichtig ist nur, dass eine Rezidivprophylaxe nicht im Vorfeld ausgeschlossen wird. Voraussetzung ist die Übermittlung der Zusatzziffer 88131 für die Beendigung mit anschließender Rezidivprophylaxe über die Praxissoftware im Rahmen der Abrechnung.
Gruppentherapien sind nach der Psychotherapie-Richtlinie in allen Verfahren mit drei bis neun Teilnehmerinnen und Teilnehmern möglich – bei Erwachsenen sowie bei Kindern- und Jugendlichen.
Größere Gruppentherapie (ab 6 bis 14 Patientinnen und Patienten) sind möglich, wenn zwei Psychotherapeutinnen oder Psychotherapeuten die Gruppentherapie durchführen. Einzel- und Gruppentherapie können kombiniert werden.
Bei Gruppenpsychotherapien sind Videokonferenzen nur durch eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten durchführbar. Bei gruppenpsychotherapeutischen Leistungen sind Videokonferenzen mit einer Gruppengröße von insgesamt bis zu neun Teilnehmerinnen oder Teilnehmer, einschließlich Patientinnen oder Patienten, Psychotherapeutin oder Psychotherapeut und gegebenenfalls einzubeziehender Bezugspersonen, zulässig.
Antrag einer Therapeutin oder eines Therapeuten: Bei der Beantragung einer Therapie kreuzt die Therapeutin oder der Therapeut auf dem PTV 2 an, ob ausschließlich Einzeltherapie, Gruppentherapie oder eine Kombinationsbehandlung vorgesehen ist.
Bei einer Kombinationsbehandlung muss wiederum angegeben werden, welches die überwiegend durchgeführte Anwendungsform ist und ob die Behandlung gegebenenfalls durch zwei Therapeutinnen oder Therapeuten erfolgt.
Antrag von zwei Therapeutinnen oder Therapeuten: Sind zwei Therapeutinnen oder Therapeuten beteiligt, füllen beide jeweils ein Formular PTV2 aus und fügen es dem Antrag der oder des Versicherten (einmal PTV 1 ausreichend) bei.
Beispiel:
Keine Begutachtung bei überwiegend Gruppe: Anträge auf Gruppentherapie oder Anträge auf eine Kombination aus überwiegend durchgeführter Gruppentherapie mit Einzeltherapie werden in der Regel nicht mehr begutachtet. Überwiegend bedeutet, dass mehr als die Hälfte der beantragten Therapieeinheiten im Gruppensetting erfolgen soll.
Eine Begutachtung in Einzelfällen (z. B. wenn die vorherige Psychotherapie vor weniger als zwei Jahren beendet wurde) ist jedoch nach wie vor auch in der Gruppentherapie oder in der Kombinationsbehandlung aus Einzel- und Gruppentherapie (in beiden Varianten) möglich.
Psychotherapie kann nicht nur als Einzel- und Gruppentherapie, sondern auch als Kombinationstherapie Anwendung finden. Dabei ist es möglich, während einer laufenden Behandlung das Verhältnis der Stunden zwischen Einzel- und Gruppentherapie zu ändern. Folgendes ist dabei zu beachten:
Eine Therapeutin oder ein Therapeut behandelt: Bleibt die überwiegende Anwendungsform bestehen, überwiegt also beispielsweise weiterhin die Einzeltherapie, ist weder ein erneuter Antrag noch eine Anzeige notwendig.
Ändert sich die überwiegende Anwendungsform, genügt bei der Kurzzeittherapie eine formlose Mitteilung an die Krankenkasse, bei der Langzeittherapie ist ein erneuter Antrag erforderlich – gegebenenfalls auch ein neues Gutachten.
Zwei Therapeutinnen oder Therapeuten behandeln: Bleibt es bei der überwiegenden Form, die beide im Antrag angegeben haben, genügt eine gemeinsame formlose Anzeige bei der Kasse. Anderenfalls ist ein neuer gemeinsamer Antrag erforderlich.
Gruppentherapie kann ab sechs Patientinnen oder Patienten gemeinsam durch zwei Therapeutinnen oder Therapeuten mit ihnen jeweils fest zugeordneten Patientinnen oder Patienten (Bezugspatientinnen oder Bezugspatienten) durchgeführt werden.
Bei gemeinsamer Durchführung der Gruppentherapie durch zwei Therapeutinnen oder Therapeuten ist eine Gruppengröße bis höchstens 14 Patientinnen oder Patienten zulässig. Eine Therapeutin oder ein Therapeut hat mindestens drei und maximal neun Bezugspatientinnen oder Bezugspatienten in hauptverantwortlicher Behandlung.
Die hauptverantwortliche Behandlung umfasst neben der Gruppenbehandlung insbesondere die Tätigkeit als Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner in allen Fragen zur Behandlung, die Durchführung der probatorischen Sitzungen, die Unterstützung bei der Entscheidungsfindung und der Beantragung der Behandlung sowie die schriftliche Dokumentation (und bei Kombinationsbehandlung auch für das Ausfüllen des Formulars PTV 2).
Die gemeinsame Durchführung von Gruppentherapien und probatorischen Sitzungen im Gruppensetting durch zwei Therapeutinnen oder Therapeuten muss durch Angabe einer bundeseinheitlich kodierten Zusatzkennzeichnung dokumentiert werden.
Gruppenpsychotherapeutische Grundversorgung, Gruppentherapie und probatorische Sitzungen im Gruppensetting können nun auch außerhalb der eigenen Praxisräume in anderen geeigneten Räumlichkeiten stattfinden.
Dies können insbesondere die Praxisräume der beiden beteiligten Therapeutinnen und Therapeuten sein, die eine Gruppentherapie in Paarleitung durchführen. KVen können damit die Leistungserbringung an anderen Orten für die oben genannten Leistungen ermöglichen.
In der Systemischen Therapie darf auch das Mehrpersonensetting durchgeführt werden. Das Mehrpersonensetting kann in der Einzel- und in der Gruppentherapie durchgeführt werden.
Hier kommen Spezifika dieses Psychotherapieverfahrens zum Tragen: Für die Erkrankung bedeutsame Beziehungen und Interaktionen, zum Beispiel zwischen einer Patientin oder einem Patienten und dem Familiensystem, können in diesem Setting besprochen und verändert werden. Das Familiensystem geht in die Therapiesitzungen mit.
Das Mehrpersonensetting geht damit über die auch in den anderen Psychotherapieverfahren mögliche Einbeziehung von Bezugspersonen hinaus, die den Fokus auf Beratung und Begleitung der Psychotherapie der Patientin oder des Patienten legt.
Soziales Umfeld: „Relevante Bezugspersonen aus dem sozialen Umfeld“ können in die Behandlung einbezogen werden. Damit sind zum Beispiel neben den Eltern auch Lehrerinnen und Lehrer oder Erzieherinnen und Erzieher gemeint, die unmittelbar und regelmäßig mit der Erkrankung der Patientin oder des Patienten konfrontiert sind.
Altersgrenzen: Im Sinne der Psychotherapie-Richtlinie sind Kinder Personen, die noch nicht 14 Jahre alt sind; Jugendliche, die 14, aber noch nicht 21 Jahre alt sind.
Außerdem: Eine Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie muss nicht genau mit dem 21. Geburtstag enden. Sie kann in Ausnahmefällen fortgeführt werden, wenn ein bereits davor eingetretener Therapieerfolg damit gesichert werden kann. Grundsätzlich haben Patientinnen und Patienten ab 18 Jahren auch Anspruch auf eine Erwachsenentherapie – dann gelten die Regelungen für Erwachsene.
Psychotherapeutische Sprechstunde: Bei Kindern und Jugendlichen können im Krankheitsfall (= vier Quartale) bis zu 250 Minuten Psychotherapeutische Sprechstunde durchgeführt werden, 100 Minuten davon auch mit relevanten Bezugspersonen ohne Anwesenheit des Kindes oder Jugendlichen.
Akutbehandlung: Bei Kindern und Jugendlichen können im Krankheitsfall (= vier Quartale) bis zu 750 Minuten Akutbehandlung durchgeführt werden, wenn relevante Bezugspersonen einbezogen werden.
Probatorische Sitzungen: Es sind zwei bis sechs probatorische Sitzungen erlaubt. Relevante Bezugspersonen können einbezogen werden.
Rezidivprophylaxe: Bei einer Behandlungsdauer von 40 oder mehr Stunden können maximal 10 Stunden, bei 60 oder mehr Stunden maximal 20 Stunden für die Rezidivprophylaxe genutzt werden.
Langzeittherapie bei Kindern (K) und Jugendlichen (J) | |||
Verfahren | Bewilligungsschritte | Therapieeinheiten Einzel-/Gruppentherapie* | |
AP | 1 2 |
K: 70/60 J: 90/60 K: 150/90 J: 180/90 |
|
ST | 1 | 36/36 | |
2 | 48/48 | ||
TP | 1 2 |
K: 70/60 J: 90/60 K: 150/90 J: 180/90 |
|
VT | 1 2 |
60/60 |
* Therapieeinheit à 50 Minuten in Einzelbehandlung, à 100 Minuten in Gruppenbehandlung
Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten müssen sicherstellen, dass ihre Praxis für die Terminkoordination telefonisch erreichbar ist:
Sie müssen ihrer Kassenärztlichen Vereinigung mitteilen, zu welchen Zeiten sie die insgesamt 200 Minuten Erreichbarkeit in der Woche anbieten. Die Zeiten sollten auch auf dem Anrufbeantworter der Praxis angegeben werden. Auch die Krankenkassen erhalten die Daten (von der KV), um ihre Versicherten zu informieren.
Kooperation und Delegation sind möglich
Wie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten die telefonische Erreichbarkeit organisieren, ist ihnen freigestellt: So kann das Praxispersonal den Dienst übernehmen oder das Telefon umgeleitet werden. Entscheidend ist, dass der Anruf persönlich entgegengenommen wird.
Die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen vermitteln an Patientinnen und Patienten auch freie Termine bei Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Dabei geht es um Termine für die Psychotherapeutische Sprechstunde, die Akutbehandlung, für probatorische Sitzungen und damit auch für die Kurz- und Langzeittherapien (Richtlinien-Psychotherapie).
Die Terminservicestellen sind verpflichtet, den Patientinnen oder Patienten einen Termin bei einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten innerhalb von vier Wochen anzubieten. Bei der Akutbehandlung gilt eine Frist von zwei Wochen.
Ist das nicht möglich, sollen sie einen Termin im Krankenhaus vermitteln. Dort, so sieht es die Vereinbarung vor, dürfen nur solche Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten die Behandlung durchführen, die über die gleiche fachliche Befähigung verfügen wie Vertragspsychotherapeutinnen oder -therapeuten.
Eine Überweisung – so sieht es die gesetzliche Regelung vor – ist generell nicht erforderlich.
Eine Terminvereinbarung ist möglich:
Voraussetzungen probatorische Sitzung
Patientinnen und Patienten, die sich wegen einer probatorischen Sitzung an eine Servicestelle wenden, müssen zuvor eine Psychotherapeutische Sprechstunde aufgesucht haben. Denn Voraussetzung für die Vermittlung eines Termins ist, dass die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut in der individuellen Patienteninformation (PTV 11) eine Empfehlung für eine zeitnah erforderliche ambulante Psychotherapie ausgesprochen hat (auf dem Formular müssen die Felder "ambulante Psychotherapie" und "zeitnah erforderlich" angekreuzt sein).
Der Patient hat Anspruch auf einen weiteren Termin bei einem anderen Psychotherapeuten, falls sich in der probatorischen Sitzung zeigt, dass Psychotherapeut und Patient nicht zusammenarbeiten können.
Eine Ausnahme besteht, wenn die Patientin oder der Patient aus einer stationären Krankenhausbehandlung oder aus einer rehabilitativen Behandlung entlassen wird. In diesen Fällen kann sie oder er sich direkt an eine Terminservicestelle wenden.
Voraussetzungen Akutbehandlung
Patientinnen und Patienten, die sich wegen einer Akutbehandlung an eine Servicestelle wenden, müssen zuvor eine Psychotherapeutische Sprechstunde aufgesucht haben. Denn Voraussetzung für die Vermittlung eines Termins ist, dass die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut in der individuellen Patienteninformation (PTV 11) eine Empfehlung für eine Akutbehandlung ausgesprochen hat (auf dem Formular muss das Feld "ambulante Psychotherapeutische Akutbehandlung" angekreuzt sein).
Eine Ausnahme besteht, wenn die Patientin oder der Patient aus einer stationären Krankenhausbehandlung oder aus einer rehabilitativen Behandlung entlassen wird. In diesen Fällen kann sie oder er sich direkt an eine Terminservicestelle wenden.
Den Zuschlag erhalten Vertragsärztinnen und -ärzte und Vertragspsychotherapeutinnen und -psychotherapeuten, wenn sie im Quartal eine bestimmte Mindestpunktzahl von antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen, Psychotherapeutischen Sprechstunden, Akutbehandlungen und Leistungen der Gruppenpsychotherapeutischen Grundversorgung abgerechnet haben.
Damit soll gut ausgelasteten Praxen ermöglicht werden, eine Halbtagskraft zur Praxisorganisation zu beschäftigen.
Der Strukturzuschlag ist berechnungsfähig, sobald im Abrechnungsquartal die abgerechnete Mindestpunktzahl der Gebührenordnungspositionen (GOP) 30932, 30933 (neuropsychologische Leistungen), 35151, 35152, 35173 bis 35179, der GOP der Abschnitte 35.2.1 und 35.2.2 sowie der GOP 37500 das Volumen von 178.407 Punkten überschreitet.
Das heißt: Hat eine Psychotherapeutin oder ein Psychotherapeut diese Mindestpunktzahl erreicht, erhält sie oder er für jede weitere Therapiestunde, Sprechstunde, Akutbehandlung und/oder Gruppenpsychotherapeutische Grundversorgung einen Strukturzuschlag bis zu einer Maximalpunktzahl von 416.283 bei vollem Tätigkeitsumfang (die Hälfte bei hälftigem Tätigkeitsumfang).
Für Leistungen vor Erreichen der Mindestpunktzahl wird kein Zuschlag gezahlt.
Hinweis: Die GOP werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen zugesetzt.
Einbeziehung von Bezugspersonen bei Psychotherapien und Probatoriken
In die Behandlung können relevante Bezugspersonen einbezogen werden. Damit sind zum Beispiel neben den Eltern auch Lehrerinnen und Lehrer oder Erzieherinnen und Erzieher gemeint, die unmittelbar und regelmäßig mit der Erkrankung der Patientin oder des Patienten konfrontiert sind.
In solchen Fällen werden diese Leistungen hinter der Abrechnungsposition mit einem Zusatzkennzeichen (Buchstabe) gemäß Codierungsliste gekennzeichnet.
Rezidivprophylaxe
Die Leistungen der Rezidivprophylaxe sind hinter der Abrechnungsposition mit einem Zusatzkennzeichen (Buchstabe) gemäß Codierungsliste zu kennzeichnen.
Werden im Rahmen der Rezidivprophylaxe Therapieeinheiten zur Einbeziehung von Bezugspersonen abgerechnet, sind die Leistungen hinter der Abrechnungsposition mit einem Zusatzkennzeichen (Buchstabe) gemäß Codierungsliste zu kennzeichnen.
Therapieende in der Abrechnung kennzeichnen
Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten müssen in ihrer Abrechnung kennzeichnen, wenn eine Richtlinien-Psychotherapie beendet wurde. Dafür gibt es zwei Zusatzziffern:
Beide Zusatzziffern sind in der Praxissoftware hinterlegt und werden im Rahmen der Abrechnung übermittelt.
Im Rahmen der Abschlussplanung einer Psychotherapie sollte zunächst fachlich-inhaltlich abgewogen werden, ob ein klares Ende, eine Rezidivprophylaxe oder eine spätere Weiterbehandlung sinnvoll ist. Die Übermittlung muss nach § 10 Absatz 5 der Psychotherapie-Vereinbarung „unverzüglich“, also in dem Quartal erfolgen, in dem das Therapieende liegt.
Die Pseudo-GOP soll – soweit möglich – dem Datum zugeordnet werden, an dem die letzte bewilligte Stunde erfolgt ist. Kann ein Therapieende noch nicht sicher abgesehen werden (beispielsweise bei Planung einer Katamnese im Rahmen des bewilligten Kontingents), ist eine Übermittlung der Kennzeichnung auch in den zwei darauffolgenden Quartalen zulässig.
Wird eine Psychotherapie länger als ein halbes Jahr unterbrochen ist nach § 11 Absatz 13 der Psychotherapie-Vereinbarung weiterhin eine formlose Begründung der Therapiepause an die Krankenkasse erforderlich.
Die Übermittlung der Kennzeichnung erfolgt in solch einem Fall dann (nach der Wiederaufnahme der Behandlung) mit der regulären Beendigung der Psychotherapie.
Informationen zum Einsatz von Videosprechstunden in der Psychotherapie:
Die verschiedenen Versorgungsangebote – von der Sprechstunde über die Akutbehandlung bis zur Therapie in einem der vier Psychotherapieverfahren – werden in zwei übersichtlichen Schaubildern und einem animierten Video patientengerecht aufbereitet. Ergänzt wird der Service um eine Patienteninformation mit Checkliste zu den ersten Schritten zur Behandlung.
Praxen können die Materialien nutzen, um ihre Patientinnen und Patienten kompakt zu informieren und bei der Vermittlung in ein passendes Versorgungsangebot zu unterstützen. Sie können die Dokumente herunterladen und ausdrucken (siehe Übersicht unten).
Patientinnen und Patienten finden die Materialien sowie weitere Informationen etwa zur Terminvermittlung unter www.116117.de/psychotherapie.
Zudem bietet die Bundesarztsuche unter www.psychotherapiesuche.116117.de eine Filtermöglichkeit nach Psychotherapieverfahren und Gruppentherapie.
"Wir wussten natürlich, dass das schon seit Ende 2019 ging - Videosprechstunde. Es ist aber relativ wenig genutzt worden von Psychotherapeutinnen und dann kam Corona. Und wir mussten uns umstellen, um die Versorgung sicherzustellen und haben dann relativ flächendeckend videobasierte Psychotherapie angeboten. Das Wichtigste war natürlich, dass man irgendwie gucken muss, dass mein Laptop dann in der Praxis hatte mit der entsprechenden Ausstattung. Die KBV hat ja dann zeitnah auch die zertifizierten Video Dienstanbieter veröffentlicht, sodass man auch wusste, worüber kann man die Sprechstunde laufen lassen."
Wie waren Ihre ersten Sitzungen?
"Wir hatten tatsächlich vor allem am Anfang erhebliche Verbindungsprobleme. Es gab eigentlich in fast jeder Stunde technische Abbrüche, dann mussten die Patientinnen wieder rein oder man musste natürlich auch supporten. Wie geht das, obwohl der Zugang relativ einfach ist. Also es war ein bisschen anstrengend am Anfang, das hat sich aber deutlich stabilisiert. Hängt aber nach wie vor stark davon ab natürlich, wie gut die Internet-Verbindung vor Ort ist."
Für wen eignet sich die Videosprechstunde?
"Also, es geht besser als wir vorher dachten, das muss man ganz klar sagen. Es geht vor allem dann relativ gut, wenn das Patientin sind, die wir schon vorher gekannt haben, wo einfach schon ein guter persönlicher Kontakt da war und auch eine gute therapeutische Beziehung. Es ist sicher auch hilfreich für Patientinnen wie z.B. lange Anfahrtswege haben wir aus dem ländlichen Raum kommen, zu uns in die Stadt beispielsweise oder auch für Menschen mit körperlichen Behinderungen, die sonst große Probleme hatten, barrierearme Praxen zu finden."
Worin liegen die Probleme bei den Videosprechstunden?
"Ein großes Problem - die Frage der Vertraulichkeit - also wie privat ist man eigentlich zu Hause? Für Menschen, die alleine leben, ist das kein großes Problem. Aber wenn Sie sich vorstellen, sie haben irgendwie Ehepartner nebenan oder die halbe Familie, dann ist diese Privatsphäre einfach nicht ausreichend gewährleistet. Man darf auch nicht vergessen, dass wir als Psychotherapeutinnen plötzlich in die Räume unserer Patientin reingucken. Jetzt kann man sagen, das ist diagnostisch interessant - ich finde das grenzwertig teilweise. Weil das auch eine Frage ist, Inwieweit respektiere ich eigentlich die Privatsphäre meiner Patientin? Es ist auch so, dass es nicht so einfach ist, die therapeutische Beziehung herzustellen, per Video. Das hängt sicher mit verschiedenen Sachen zusammen. Das eine ist, dass man keinen Blickkontakt halten kann, wie wir das kennen. Wir haben nur eingeschränkte Informationen, z.B. über die Sitzhaltung, über die Mimik, über die sich jemand im Raum bewegt. Und das sind schon alles auch wichtige Informationen und teilweise auch Arbeitsmittel in einer Psychotherapie und das ist einfach eingeschränkt.
Was auch nicht so einfach möglich ist, sind bestimmte Interventionen, psychotherapeutische Interventionen per Video durchzuführen. Es ist nicht unmöglich, aber es ist oft schlechter, als es face to face wäre und das gilt beispielsweise für Expositionen bei Angsterkrankungen oder posttraumatischen Belastungsstörung, wo wir einfach sagen, da muss man vor Ort sein und da braucht man auch den persönlichen Kontakt."
Was ist bei Sitzungen mit Kindern zu beachten?
"Die Eltern machen in der Regel dann das Laptop an und gehen dann raus und verziehen sich, damit das Kind auch eine gewisse Privatsphäre hat. Aber es ist einfach viel weniger gut umsetzbar, die Arbeit mit Kindern per Video und die die Einheiten sind dann auch häufig kürzer, weil die Kinder nicht 50 Minuten konzentriert durchhalten. Es ist eher so, dass wir gucken mussten, z.B. mit jüngeren Kindern, wo man viel auch versucht über das Spiel zu arbeiten, wie kann man diese Spiele per Video abbilden? Also wenn Sie sich vorstellen, sie hätten Regelspiele wie Mensch ärgere dich nicht, dann bräuchten sie eine Version. Ich bräuchte eine Version und das hat durchaus auch Spaß gemacht, das natürlich gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen zu entwickeln. Also einfach neue Ideen da reinzubringen und kreativ zu sein. Wie kriegen wir das jetzt gut umgesetzt?"
Wie funktioniert die Terminorganisation?
"In einer Psychotherapie Praxis ist die Patientenorganisationen ein ganz anderer als im hausärztliche oder fachärztlichen Bereich, und zwar vor allem deshalb, weil wir unsere Patientinnen über lange Zeit sehen und einmal pro Woche. Das heißt, wir haben viel regelmäßige Kontakte, die einfach dann auch quasi gebucht sind oder fest sind. Und die andere Besonderheit ist, dass wir klare Zeitvorgaben haben. Wir müssen 50 Minuten mit den Patientinnen verbringen. Das empfinden wir auch sehr positiv, weil niemand im Gesundheitswesen so viel Zeit normalerweise für Patientinnen hat, führt aber auch dazu, dass unsere Therapieplätze natürlich begrenzt sind. Wenn ich acht Patientinnen am Tag sehe, dann kann ich die eben nicht beliebig verkürzen und sagen Ich will die alle paar 10 Minuten und dafür kann ich aber dann 25 am Tag sehen. Das ist in der Psychotherapie schlichtweg nicht möglich."
Wie sind Ihre Erfahrungen mit neuen Patienten?
"Die Erfahrungen sind sehr gemischt. Es gibt Patienten, wo das relativ gut klappt. Und es gibt auch Erfahrungen, wo man sagt, dass es eher schwierig. Wobei ich selber auch die Erfahrung gemacht habe, dass die Maßstäbe, die ich als Therapeutin anlege, gar nicht immer natürlich auch die Maßstäbe der Patientinnen sind. Ich habe eine junge Patientin, wo der Erstkontakt nur per Video möglich war und ich fand es grauenhaft, ehrlich gesagt. Es war eine unheimlich schlechte Verbindung, es war dauernd ein Delay drin, ich konnte sie nur schlecht verstehen und ich musste sehr oft nachfragen und das fand ich alles relativ unangenehm. Dann habe ich mich am Ende bei ihr entschuldigen, aber gesagt es tut mir leid, dass es jetzt so schlecht lief und sie hat mich angestrahlten, hat gesagt, das wäre doch ganz egal, Hauptsache sie hätte endlich alle Therapiestunden gehabt.
Die Videosprechstunde fester Bestandteil der Psychotherapie?
90 Prozent des Berufsstands haben videobasierte Therapie schon mal angeboten. Das ist schon mal einfach ein sehr positives Signal gewesen. In den Praxen umgesetzt ist es jetzt so, was die Zahlen der KVen sagen und auch unsere Erfahrungen auch in unserer eigenen Praxis, dass sehr genau geschaut wird. Für wen kommt das infrage? Also, Indikationsstellung. Wo sehen wir auch deutlich Grenzen und wo ist es vielleicht sogar Kontraindiziert? Und ich denke, da müssen wir insgesamt auch zur entsprechenden so eine Art Leitlinien kommen, um hier ein gutes Niveau für Video basierte Psychotherapie auf vorzubehalten.
Was bedeutet die videobasierte Psychotherapie für Therapeuten?
Jeder von uns weiß inzwischen, was es heißt, acht Stunden in einer Videokonferenz zu sitzen oder eben mit Patientinnen. Es ist einfach anstrengender, es fordert eine andere Art von Konzentration und man bewegt sich einfach viel, viel weniger. Und das macht sich alles bemerkbar. Also das ist schon eine anstrengende Geschichte, wenn ich mir nicht mehr vorstellen sollte, dass ich so arbeiten würde. Es wäre für mich unvorstellbar."
Gibt es weitere Besonderheiten?
"Ich habe z.B. relativ schnell beschlossen, alle E-Mail-Programm auszuschalten, wenn ich Videotherapie mache, weil das, natürlich nimmt man dieses Aufploppen wahr und ist ganz kurz abgelenkt, ohne da jetzt selbstverständlich reinzugucken. Aber das, das fand ich einfach wirklich hinderlich und auch störend. Und unsere jüngeren Patientinnen, das ist schon ein Phänomen, dass wenn wir sie in der Praxis haben, die eben eine Stunde lang nicht auf ihr Handy gucken, was ja sonst oft sozusagen angewachsen ist, aus Eltern sich zumindest und die dann aber in einer ähnlichen Situation zu Hause sind, wo eben diese ganzen Sachen verfügbar sind, und dann ruft der Kumpel an, und dann kommt die SMS rein, so, dass wir da bei manchen schon eine deutlich höhere Ablenkbarkeit natürlich hätten."
Was könnte aus Ihrer Sicht verbessert werden?
"Wenn man das vergleicht die zertifizierten Videodienstanbieter, die es gibt, mit anderen Programmen wie zoom oder Microsoft Teams oder was es so als Videocall-Anbieter gibt, dann muss man sagen es sind die schon reduzierter die zertifizierten Anbieter. Also man kann schlechter sowas machen wie, dass man auf Whiteboard was schreibt oder dass man eine Umfrage macht - solche Geschichten und das würde sicher manche Interventionen nochmal erleichtern oder Therapien für Kinder und Jugendliche auch nochmal interessanter machen."
Wird das Angebot auch nach der Pandemie bestehen bleiben?
"Wir haben einfach durch die videobasierte Psychotherapie eine gute Erweiterung von unserem Behandlungsspektrum bekommen. Ja, das ist was, was wir flexibel einsetzen können, wenn es angezeigt ist, wenn die Patientinnen damit einverstanden sind und wenn es die Therapie weiterbringt. Es ist auch klargeworden, dass tatsächlich face to face Goldstandard ist. Es ermöglicht eine andere therapeutische Beziehung, es ermöglicht ein intensiveres therapeutisches Arbeiten und das garantiert auch die Privatsphäre. Trotzdem, denke ich, wird die Zukunft so sein, dass wir eine Mischung haben, sogenannte Blended Therapy, von analogen face to face Anteilen und digitalen Elementen. Das muss ja nicht nur die digitale Sprechstunde sein, sondern das kann ja auch der Einsatz von geeigneten Apps beispielsweise sein."
Das Angebot der Psychotherapie per Videosprechstunde wurde im Zuge der Corona-Pandemie massiv ausgebaut, um die Versorgung von Patientinnen und Patienten sicherzustellen. Sabine Maur, Psychologische Psychotherapeutin, berichtet von ihren Erfahrungen.
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