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Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen kommt, aber mit Hindernissen

Was bedeutet die Entbudgetierung für die hausärztliche Versorgung?

Dr. Stephan Hofmeister, Stellvertretender Vorsitzender der KBV
„Zuallererst einmal bedeutet das, dass hier zumindest in Teilen ärztliche Arbeit vollständig bezahlt wird, so wie sie erbracht wird. Das ist richtig, überfällig und eine Forderung, die die KBV schon lange und kontinuierlich immer gehabt hat. Generell gilt, dass die Entbudgetierung, so wie sie jetzt gekommen ist, bedauerlicherweise einige Haken enthält, die wir glaubten, im letzten Jahr schon ausgeräumt zu haben. Es gab jetzt im ganzen letzten Jahr in vielen Runden mit dem BMG, auch mit den Verbänden und auch zum Teil mit Parlamentariern, schon einen deutlichen Fortschritt in der Textierung des Gesetzentwurfs. Unglücklicherweise ist jetzt aber der Urentwurf fast unverändert wieder zur Abstimmung vorgelegt worden und der enthält einige doch problematische Anteile.“

Wo liegen die Schwachstellen?

Dr. Stephan Hofmeister, Stellvertretender Vorsitzender der KBV
„Das kann man in zwei Teile teilen. Der eine Teil ist tatsächlich technischer Art, da geht es um die Bereinigung. Immer wenn etwas entbudgetiert wird, dann muss das Honorar aus der mengenbegrenzten Gesamtvergütung bereinigt werden. Das ist ein hochtechnischer, sehr komplizierter Vorgang, der in allen KVen unterschiedlich wirkt. Und hier hätten wir uns gewünscht und hatten auch einen Konsens mit dem BMG, dass dort einige Sätze angepasst werden müssen, damit klar ist, wie diese Bereinigung zu erfolgen hat. Das ist jetzt nicht der Fall und das macht die Verhandlungen im Bewertungsausschuss zur Bereinigung einfach sehr viel schwieriger.“

Und der zweite problematische Teil?

Dr. Stephan Hofmeister, Stellvertretender Vorsitzender der KBV
„Da geht es um zwei inhaltlich neue Ziffern, die vom Deutschen Hausärztinnen-Hausärzte-Verband mit dem Minister zusammen im vorvorigen Jahr im November besprochen wurden. Einmal eine Strukturpauschale, die die 03040, die bisherige Strukturpauschale, ersetzen soll. Die 03040 entspricht etwa knapp einem Drittel des hausärztlichen Fallwertes und muss neu gestaltet werden. Es sind neue Anforderungen an die Praxen, die hier im Gesetz zum Teil schon exemplarisch aufgeführt sind und das soll in verschiedenen Stufen möglicherweise in die Praxen kommen. Das heißt, hier wird Geld umverteilt, denn der Gesetzgeber hat dazugeschrieben, dass es weder Mehr- noch Minderausgaben geben darf. Das heißt also definitiv es gibt neue Anforderungen, um dasselbe Geld, das man mit der 03040 vorher bekommen hat, wiederzubekommen oder eben nicht ganz wiederzubekommen. Das ist die eine Sache, die gefordert war und die jetzt drinsteht. Die zweite Forderung, die eingebracht worden ist, ist eine Chronikerziffer, die für leichte oder einzeln chronische Erkrankungen da ist, unter der Voraussetzung, Patienten müssen nicht so oft in die Praxen kommen. Die Chronikerpauschale bisher bedeutet ja zweimal im Quartal Patientenkontakt, dann konnte man die in vier Quartalen jeweils abrechnen, die Chronikerpauschale. Bei dieser neuen Chronikerziffer soll es so sein, dass sie mindestens ein Jahr, also ein Jahr regelhaft gelten soll, kann aber auch etwas kürzer sein, vielleicht also auch nur ein halbes Jahr und sich auf eine chronische Krankheit und ein Medikament beschränken soll. Diese Chronikerziffer wird, anhand der Begründung im Gesetz leicht erkennbar, natürlich weniger wert sein als die bisherige viermalige Abrechnung der alten Chronikerziffer, wird also eine andere Bewertung bekommen und wir müssen dann schauen, wie das nachher im Doing genau ist. Wenn es ein Jahr ist, ist die Frage der Bindung an den Arzt, wenn Patientin oder Patient zu mehreren Ärzten geht und die alle die Chronikerziffer abrechnen, muss die hinterher wieder weggenommen werden durch die KVen, das heißt da stehen einige Komplikationen bevor. Wir hätten das nicht so gebraucht, wir haben das auch deutlich gesagt, das sind innerärztliche Umverteilungsmechanismen, wir werden jetzt das Beste draus machen in den Verhandlungen, aber die Rahmenbedingungen sind durch das Gesetz, durch den Gesetzentwurf, der jetzt geschlossen ist, sehr sehr eng.“

Was muss nun nach dem Beschluss des Gesetzgebers passieren?

Dr. Stephan Hofmeister, Stellvertretender Vorsitzender der KBV
„Also jetzt wird es in Verhandlungen gehen, wir sind dazu bereit, wir sind vorbereitet darauf, waren das auch die ganze Zeit, haben im Hintergrund alles natürlich so vorbereitet, dass wir sofort starten können, die Verhandlungen müssen schnell gehen, denn sobald das Gesetz durch den Bundesrat ist, was vermutlich im Februar so sein wird, es ist nicht zustimmungspflichtig, ist also reine Formsache, ist der Ziel oder das Ziel erreichen das vierte Quartal 2025, das heißt also, die Regelungen müssen in den nächsten Monaten im Bewertungsausschuss verhandelt werden und entweder im Bewertungsausschuss oder auch, wenn wir uns nicht mit den Kassen einigen können, im erweiterten Bewertungsausschussdurch die Schiedspersonen dann geschiedst werden, durch die unparteiischen, und Ziel ist und im Gesetz steht, dass es bis zum vierten Quartal passen muss. Das ist sehr, sehr ambitioniert, insbesondere weil auch die Bereinigung hochkomplex ist für die KVen, aber wir sind so weit, wir sind bereit, wir können in diese Verhandlungen gehen.“

Wann können Hausarztpraxen mit einer Vergütung nach den neuen Vorgaben rechnen?

Dr. Stephan Hofmeister, Stellvertretender Vorsitzender der KBV
„Das Ziel ist, wie gesagt, die Erreichung des vierten Quartals 2025 mit der beschriebenen Einschränkung, dass das sehr, sehr sportlich ist, rein ablauftechnisch all diese Dinge umzusetzen, nochmal die KVen müssen das ja nachher auch noch umsetzen und für KVen in bestimmten Bereichen, und für KVen in bestimmten Bereichen, wie zum Beispiel Hamburg oder Berlin, ist es definitiv so, dass die Hausärzte mit einer deutlichen Verbesserung ihrer Honorarsituation rechnen können. Für alle die KV-Regionen, in denen es annähernd 100% Vergütung bisher gegeben hat, wird das nicht so sein, da wird es keine Verbesserungen geben, aber es wird Umverteilungen geben und zwar bei allen. So wie ich das beschrieben habe durch diese neuen Ziffern, die der Gesetzgeber dort reingeschrieben hat und für die es kein neues Geld gibt, das steht ausdrücklich im Gesetz und das ist wichtig das zu betonen, es geht um Erwartungsmanagement, nicht dass eine falsche Vorstellung davon herrscht, was damit gemeint ist. Also das eine ist, da wo es Budgetierung gegeben hat, wird es sozusagen bessere Vergütung geben für die von der Entbudgetierung betroffenen Ziffern, das sind nicht alle Ziffern, zum Beispiel die Sonographie und die psychosomatische Grundversorgung sind nicht extra budgetär, die bleiben weiter in der MGV.“

Ist die Entbudgetierung ein Schritt, um dem Ärztemangel entgegenzuwirken?

Dr. Stephan Hofmeister, Stellvertretender Vorsitzender der KBV
„Da bin ich ganz vorsichtig, denn in zweieinhalb Jahren soll ja geguckt werden, was ist passiert und es wird natürlich nicht so sein, dass wegen dieser Entbudgetierung, die ja gar nicht tatsächlich maßgeblich etwas verändert in der hausärztlichen Honorierung, sondern nur dafür sorgt, dass überall die Hausärzte endlich vollständig nach EBM bezahlt bekommen, bei den betroffenen Ziffern, aber es ist zumindest ein Signal an den Nachwuchs, die Trendwende zu stoppen, zu sagen, ihr müsst arbeiten und immer mehr arbeiten, immer mehr Bürokratie und werdet dafür dann auch noch budgetiert, also bekommt nicht mal bezahlt, was ihr arbeitet. Insofern kann es ein starkes Signal sein in Richtung Kolleginnen und Kollegen, die sich mit dem Gedanken tragen, sich niederzulassen, zu sagen, an der Stelle können sie wenigstens sicher kalkulieren und müssen nicht Angst haben, dass sie budgetiert werden. Immer vorausgesetzt, der Gesetzgeber lässt es dabei, er hat uns ja bei der Neupatientenregelung gezeigt, wie unzuverlässig auch die Gesetzgebung geworden ist, da gilt was ein Jahr oder zwei und dann nimmt man es wieder weg. Auch das ist hier nicht ausgeschlossen.“

Wie sieht Ihr Fazit aus?

Dr. Stephan Hofmeister, Stellvertretender Vorsitzender der KBV

„Es ist richtig, dass ärztliche Leistungen oder psychotherapeutische Leistungen vollständig zum Punktwert des EBM bezahlt werden, so wie sie korrekt erbracht sind. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Die wird hier zumindest in Teilen eingelöst. Das ist eine Grundvoraussetzung für solides Arbeiten. Weniger schön sind einige Randbedingungen, wie wir sie beschrieben haben, mit denen wir jetzt eben werden leben müssen und mit denen wir uns auseinandersetzen müssen und wir müssen am Ende sehen, was dabei rauskommt. Das grundsätzliche Problem für die Praxen, bürokratischer Overkill, Mikromanagement durch gesetzgeberische Aktivitäten, ist damit noch nicht gelöst. Dort gibt es weiterhin viel Arbeit.“

Die Entbudgetierung, also die volle Bezahlung aller erbrachten Leistungen der Hausärztinnen und Hausärzte, ist ein Ziel, auf das die KBV lange hingearbeitet hat. Warum er mit der Umsetzung im Gesetz nun dennoch nicht zufrieden ist, erläutert der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Stephan Hofmeister.