Bericht von Dr. Stephan Hofmeister an die Vertreterversammlung
Rede des stellvertretenden KBV-Vorstandsvorsitzenden am 13. September 2024
Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,
ich begrüße Sie zu unserer September-Vertreterversammlung hier in Berlin. Der nun beginnende Herbst ist ja die Zeit der Ernte, aber ob Minister Karl Lauterbach die von ihm erhoffte Ernte seiner Gesetzesmaschinerie dieses Jahr noch wird einfahren können, daran darf man getrost ein Fragezeichen machen. Wilhelm Busch hat in einem seiner vielen Gedichte einen Müller porträtiert, der beim Blick aus seiner Mühle frustriert feststellt: „Hat man Korn, so fehlts am Winde. Hat man Wind, so fehlt das Korn.“ Das Gedicht trägt den schönen Titel „Ärgerlich“. Das passt zur gesundheitspolitischen Gemengelage: Mal fehlt die politische Durchsetzungskraft, sprich der Wind, um beispielsweise die Entbudgetierung der Hausärzte jetzt umzusetzen; in anderen Fällen wird viel Wind produziert, aber wenig brauchbare Substanz geliefert, wie etwa bei der Krankenhausreform. Beides ist ärgerlich. Insgesamt lässt sich festhalten: Die gesetzgeberischen Mühlen mahlen langsam und geraten immer wieder ins Stocken. Die Rücknahme von geplanten Maßnahmen durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und die ständigen Verzögerungen im Verfahren werfen überdies Fragen nach der handwerklichen Qualität der Gesetzentwürfe auf.
Immerhin: Unsere Kritik wurde zumindest in Teilen berücksichtigt, etwa beim „Gesundes-Herz-Gesetz“ (GHG) und beim Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG). Auch Letzteres verzögert sich immer weiter, die geplante Anhörung im Bundestag war für September beplant, nun wird es wohl Oktober oder noch später. In ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme der Länder zum GVSG hat die Bundesregierung zugesagt zu prüfen, ich zitiere: „(…) inwieweit die gesetzliche Regelung anzupassen ist, um eine Festsetzung der ‚Hausarzt-MGV‘ sicherzustellen, die weder zu Lasten anderer Arztgruppen geht noch zu Mehrausgaben in der GKV führt“. Zur Klarstellung: Gemeint ist hiermit nicht eine generelle Kostenneutralität der Entbudgetierung, sondern lediglich auf den Stichtag der Umsetzung bezogen. Alles andere wäre ja auch widersinnig. Trotzdem enthält das Ganze noch einige technische Kinken, die Verknüpfung der Entbudgetierung mit den neuen Vorhalte- und Versorgungspauschalen bleibt, gelinde gesagt, herausfordernd. Zumal Letztere kein neues Geld bringen, sondern sie bringen vor allem eins: Umverteilung innerhalb der Hausärzteschaft!
Was wir in jedem Fall brauchen, ist eine gesetzlich vorgesehene Möglichkeit von Ausnahmeregelungen für bestimmte Praxistypen, etwa Schwerpunktpraxen für Diabetologie und HIV-Behandlung, Substitutions- oder Schmerztherapie, die wir für die Versorgung dringend benötigen. Denn für sie hätte sowohl die Umstellung von Quartals- auf Jahrespauschalen für chronisch Kranke als auch die Verknüpfung der Vorhaltepauschale potenziell schwerwiegende negative Auswirkungen. Alles in allem haben wir es mit einem komplexen Eingriff in die bisherige Honorarsystematik zu tun, der neue Probleme nach sich zieht, das haben mittlerweile auch alle verstanden.
Wer allerdings etwas nicht verstanden hat, ist der Bundesrechnungshof. Er kritisiert in seiner Prüfung des Haushaltsplans des Bundesgesundheitsministeriums für 2025, dass man durch die hausärztliche Entbudgetierung ein Instrument zur Ausgaben- und Versorgungssteuerung aus der Hand gebe. Damit nicht genug: Die Budgetierung schütze die Versicherten vor „nicht erforderlichen Leistungen“, so der Bundesrechnungshof weiter.
Liebe Rechnungsprüfer, umgekehrt wird ein Schuh draus: Die Entbudgetierung sorgt dafür, dass alle notwendigerweise erbrachten ärztlichen Leistungen bezahlt werden! Ärztinnen und Ärzten implizit zu unterstellen, sie würden den Patienten unnötige Behandlungen aufschwatzen, um sich selbst zu bereichern, ist eine Frechheit und eine Verdrehung – oder schlichte Unkenntnis – der Tatsachen.
Gerne erinnere ich an dieser Stelle an die Worte des Bundesgesundheitsministers selbst bei der 1. Lesung des GVSG im Bundestag Ende Juni. Er sagte wörtlich: „Die Budgets in der hausärztlichen Versorgung sind eine Geißel für die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen. Wenn wir ohnehin zu wenige Hausärzte haben, kann es nicht sein, dass wir nicht alle Leistungen bezahlen, die von diesen Hausärzten erbracht werden. Das beenden wir jetzt.“ Der Vollständigkeit halber sei ergänzt: Das Wörtchen „jetzt“ in Lauterbachs Nachsatz ist irreführend. Denn selbst wenn das GVSG mitsamt der hausärztlichen Entbudgetierung die politischen Mühlen übersteht, werden die Praxen frühestens Mitte 2025 tatsächlich alle Leistungen vergütet bekommen. Und wenn das GVSG aufgrund der gesetzgeberischen Fristen bis zum Ende der Legislatur gar nicht mehr kommt, dann ist mutmaßlich auch die Entbudgetierung bis auf Weiteres nichts als heiße Luft des Ministers. Auch hier gilt: Nicht an Worten, an ihren Taten sollt ihr sie erkennen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Thema, dass wir nach langem Ringen zu einem befriedigenden Abschluss bringen konnten, ist die Frage nach der Sozialversicherungspflicht im ärztlichen Bereitschaftsdienst. Dafür waren viele Gespräche auf Arbeits- und Führungsebene des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), des BMG, der Deutschen Rentenversicherung Bund sowie unsererseits nötig. Hierbei möchte ich mich ausdrücklich auch bei Ihnen, den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), sowie allen anderen Beteiligten für die gute Zusammenarbeit bedanken. Am Ende hat sich die Politik, namentlich das zuständige BMAS, wesentliche Aspekte unserer Sicht zu eigen gemacht. In einem Ergebnispapier vom 12. Juli 2024 wurden drei Punkte festgehalten, die erfüllt sein müssen, damit im Bereitschaftsdienst tätige Ärztinnen und Ärzte als selbstständig und somit nicht sozialversicherungspflichtig zu betrachten sind.
- Eigenständige Abrechnung der erbrachten Leistungen mit eigener ärztlicher Abrechnungsnummer und entsprechende Vergütung,
- Zahlung eines angemessenen, nicht umsatzbezogenen Entgelts für die Nutzung von durch die KV bereitgestellten Räumlichkeiten, Personal und Ausstattung,
- Möglichkeit zur Benennung einer qualifizierten Vertretung des diensthabenden Arztes oder der Ärztin. Die KVen können Mindeststandards für die Qualifikation festlegen.
Natürlich wäre uns eine Gesetzesanpassung in Form einer sozialversicherungsrechtlichen Gleichstellung von Bereitschaftsärzten mit Notärzten im Rettungsdienst lieber gewesen. Dennoch sehen wir die Vereinbarung als Grundlage, sozialversicherungsrechtliche Unsicherheiten in Zukunft zu vermeiden. Darüber hinaus haben wir im gemeinsamen Protokoll festgehalten, dass Vertragsärzte per se als selbstständig und damit nicht sozialversicherungspflichtig anzusehen sind. Damit dieser Punkt rechtsverbindlich wird, muss dieser Sachverhalt im Gesetzestext klargestellt werden. Eine solche Klarstellung ist vom BMG versprochen und muss jetzt auch kommen. Auch hier ist Herr Lauterbach noch in der Pflicht.
Um es aber klar zu sagen: Die jetzt erreichte Lösung betrifft nur einen Teilaspekt des Not- und Bereitschaftsdienstes. Mehr noch: Sie ist eine Lösung für ein Problem, das vor dem Urteil des Bundesozialgerichts vom Oktober 2023 in der Dimension gar nicht existiert hat! Der Dienst als solcher und dessen Sicherstellung bleibt eine ungeheure Herausforderung für Ärztinnen und Ärzte und die KVen; die eigentlichen Probleme sind nach wie vor ungelöst und drohen durch die zu erwartende Gesetzgebung noch gravierender zu werden. Das neue Notfallgesetz soll Ende September erstmalig im Bundesrat beraten werden.
Nach jetzigem Stand schafft es mehr Probleme, als es Lösungen bietet: Es belastet einseitig die KVen hinsichtlich personeller und finanzieller Ressourcen, es verursacht mit zusätzlichen Vereinbarungspflichten hohen bürokratischen Aufwand und ist überdies sowohl in zeitlicher als auch organisatorischer Hinsicht völlig unrealistisch. Auch wenn die Notfallversorgung als solche reformbedürftig ist und wir entsprechende Vorschläge schon vor langer Zeit gemacht haben – unter Versorgungsgesichtspunkten wäre es wahrscheinlich besser, wenn das Gesetz in dieser Form es nicht mehr über die parlamentarischen Hürden schafft und eine neue Regierung mit frischem und hoffentlich unverbautem Blick das Thema angeht –, zumal ein Notfallgesetz ohne eine zuvor abgeschlossene Krankenhausreform ohnehin wenig Sinn ergibt.
Damit komme ich zum nächsten noch unfertigen Werk aus der Lauterbach’schen Gesetzesmühle, dem „Gesundes-Herz-Gesetz“ (GHG). Auch hier muss man konstatieren: gute Absicht, aber mehr als zweifelhafte Umsetzung. Ziel ist eine bessere Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und deren Risikofaktoren. Erreichen will man dies unter anderem durch die Ausweitung von Früherkennungsuntersuchungen, Screeningprogramme für Kinder und Jugendliche sowie einen gesetzlichen Anspruch auf Arzneimittel zur Behandlung von Fettstoffwechselstörungen.
Das Gesetz – insbesondere in seiner ersten Entwurfsfassung aus dem Ministerium – folgt offenkundig der Devise „Viel hilft viel“ und stellt obendrein Eminenz über Evidenz. Das ist aber kein ärztlicher Ansatz! Als Hausarzt stellen sich mir dabei die Nackenhaare auf. Eine ausgedehnte Behandlung mit Statinen – immerhin Arzneimittel mit erheblichen potenziellen Nebenwirkungen – für breite Bevölkerungsschichten einschließlich Kindern, erscheint eher als Pharma-Konjunktur-Programm denn wirklich medizinisch begründet. Schon gar nicht wenn man bedenkt, dass vorrangiges Ziel von Prävention sein sollte, Risikofaktoren, etwa für Bluthochdruck und Diabetes, früh zu erkennen und zu verringern, statt einfach nur Medikamente zu verordnen.
Solche Pseudo-Lösungen leisten der Haltung Vorschub, man müsse sich nicht ein bisschen selbst bemühen, sondern es gäbe für alles eine bequeme Sofort-Lösung, und sei es in Form einer Tablette. Mindestens befremdlich ist vor diesem Hintergrund auch die angestrebte Kostenneutralität des Gesetzes, indem Krankenkassen die vorgesehenen neuen Leistungen der Sekundärprävention mit jenen Kosten verrechnen sollen, die sie für individuelle verhaltensbezogene Primärprävention ausgeben. Im Kern also: Pillen statt Vorsorge. Wo bleibt da die so oft beschworene Stärkung der Gesundheitskompetenz und der individuellen Eigenverantwortung? Sibylle Steiner wird dazu noch weiter ausführen.
Ebenso abwegig ist der Ausbau der Beratungsleistungen in Apotheken, wie das GHG es vorsieht. Dass einfache Tests, etwa auf Cholesterin- oder Blutzuckerwerte, in Apotheken stattfinden können – von mir aus. Wenn es dann aber darum geht, medizinische Beratung anzubieten, dann ist das Heilkunde, und die ist ausdrücklich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten. Das gilt nach wie vor. Wenn Apotheken dann auch noch im Rahmen der neuen sogenannten pharmazeutischen Dienstleistungen für Präventionsangebote werben dürfen, was Ärztinnen und Ärzte wiederum verboten ist, dann ist das eine Unwucht, die wir so auf keinen Fall hinnehmen können.
Derlei Vorhaben reihen sich nahtlos ein in einen Trend, der in der aktuellen Gesundheitspolitik der Ampelregierung schon eine Weile zu beobachten ist, nämlich eine zunehmende Deprofessionalisierung von Gesundheitsversorgung: medizinische Beratung durch Apothekenpersonal statt Ärzte, Apotheken ganz ohne Apotheker und als jüngstes Beispiel der Entwurf zum Pflegekompetenzgesetz, welches vorsieht, dass Pflegekräfte künftig „selbstständig erweiterte heilkundliche Leistungen in der Versorgung erbringen können“. Laut nachgedacht wird auch über neue Pflegeassistenz- und Praxisassistenzberufe, gegen die sich die Verbände der professionellen Pflege und der Medizinischen Fachberufe derzeit wehren, weil sie eine Aushöhlung ihrer Kompetenzen und Qualifikation befürchten.
In diese Politik der Verwässerung professioneller Berufsausübung fügt sich auch das Ansinnen, die im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) vorgesehenen sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen zur hausärztlichen Versorgung zu ermächtigen. Welche Art von „hausärztlicher“ Versorgung soll das sein? Alles, was diese im Kern ausmacht – persönliche und räumliche Nähe, jahrelang aufgebautes Vertrauen, Hausbesuche et cetera – können solche Zentren, die bestenfalls hausärztliche Ambulanzen sind, gar nicht leisten. Gekrönt wird das Ganze von der Vorstellung, solche Einrichtungen zu „Zentren“ der allgemeinmedizinischen Weiterbildung zu machen. Künftige Hausärztinnen und Hausärzte sollen also in stationären Einrichtungen ausgebildet werden, die weder das Krankheitsspektrum noch die Leistungstiefe einer hausärztlichen Praxis vorweisen können. Das ist nicht nur absurd – es ist eine versorgungspolitische Bankrotterklärung! Diese Regierung scheint willens und bereit zu sein, die Idee einer ambulanten hausärztlichen Versorgung in der Fläche aufzugeben zugunsten eines Modells, das wir von Großbritannien und anderen Systemen kennen, die nicht gerade als leuchtendes Beispiel einer guten Versorgung bekannt sind.
Erkennbar wird auch hier deutlich, dass Minister Lauterbach, anders als in vielen seiner Verlautbarungen, offensichtlich eben keinesfalls die dezentrale, wohnortnahe und eigenständige hausärztliche Versorgung in Praxen stärken will, sondern lieber Parallelstrukturen schafft, die zu einem schleichenden Systemwechsel führen.
Statt sinnfreie Parallelstrukturen zu schaffen, dabei Praxen und Krankenhäuser gegeneinander auszuspielen und den Menschen dies auch noch als Fortschritt zu verkaufen, sollte Politik sich endlich darum kümmern, professionelle Arbeitsteilung in den Praxen zu erleichtern sowie eine rationale Steuerung der Inanspruchnahme von Leistungen zu ermöglichen. Diese beiden Maßnahmen wären ein echter Beitrag, um ärztliche Ressourcen bestmöglich einzusetzen und nicht bloß Pseudo-Lösungen, die alles verschlimmbessern. Zu beidem liegen konkrete Vorschläge und Angebote aus der Ärzteschaft vor, sie müssten nur endlich umgesetzt werden, doch dazu brauchen wir den Gesetzgeber.
Apropos: Wo bleibt eigentlich Ihr schon so lange angekündigtes Gesetz zur Entbürokratisierung des Gesundheitswesens, Herr Lauterbach? Nicht, dass wir uns noch mehr Gesetze wünschen würden, aber das wäre eines, dass zumindest dem Namen nach Hoffnung weckt. Auch hier liegen Vorschläge unsererseits auf dem Tisch. Sie sind vielleicht nicht so „revolutionär“ wie die Reformen, die der Minister gerne verkündet, aber es wären immerhin konkrete Schritte, um Ärztinnen und Ärzte im Alltag zu entlasten. Oberstes Ziel muss sein, „echte“ Arztzeit zu schaffen, also Zeit für die Arbeit mit den Patienten. Das wäre ein echter Beitrag zur Arzt- und Patientenzufriedenheit – siehe das Thema Aggression in Praxen, über das Andreas Gassen gesprochen hat.
Wenn es um Bürokratie im Gesundheitswesen geht, wird uns als Selbstverwaltung gerne vorgeworfen, selbst Teil des Problems zu sein. Das ist leider auch nicht ganz von der Hand zu weisen, wobei viele bürokratische Auflagen, die wir von den Praxen einfordern, auf gesetzlichen Vorgaben beruhen. Deshalb freut es mich, dass die gemeinsame Selbstverwaltung kürzlich mit gutem Beispiel vorangegangen ist, indem wir im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) das Ende der stichprobenbezogenen Qualitätsprüfungen der ärztlichen Dokumentation bei Computertomografien beschlossen haben. Der G-BA hat damit erstmalig eine bürokratische Maßnahme abgeschafft, nachdem jahrelang keine Verfehlungen seitens der Ärzteschaft festgestellt werden konnten. Wir hoffen, dass auch bei MRT-Untersuchungen arztbezogene Qualitätsprüfungen demnächst wegfallen oder zumindest ausgesetzt werden können; die Beratungen hierzu laufen noch.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele von Ihnen waren vergangene Woche beim Med.Summer in Brüssel, den wir seit ein paar Jahren gemeinsam mit der Bundesärztekammer veranstalten. Das Format hat sich mittlerweile als feste Größe in Brüssel etabliert, was schon ein Erfolg an sich ist, angesichts der Fülle des dortigen politischen Terminkalenders. Wir sind die einzigen Vertreter der deutschen Gesundheitsberufe, die eine Gelegenheit zum fachlichen und persönlichen Austausch in solch einem Rahmen bieten. Dieses Mal haben wir den Direktor der HERA zu Gast gehabt, der EU-Behörde für Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen, die während der Corona-Pandemie gegründet wurde. Sie ist unter anderem für die Beschaffung und Bevorratung von medizinischen Produkten im Krisenfall und für die Absicherung von Lieferketten zuständig. Damit handelt es sich tatsächlich um eine auch für die hiesige Versorgung relevante Institution. Ihr Auftrag entspricht dem der EU zur Kooperation bei grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren und ist insofern ein positives Beispiel.
Wie immer werde ich aber nicht müde zu betonen, dass in Brüssel und Straßburg immer häufiger Entscheidungen vorbereitet und getroffen werden, die in nicht zulässiger Weise in unser ärztliches und psychotherapeutisches Handeln hierzulande eingreifen. Die Vorträge beim Med.Summer haben das in eindrucksvoller Weise ausgeführt und belegt. Die europaweite Angleichung und Vereinheitlichung auch im Bereich Gesundheit wird mittlerweile offen propagiert, Stichwort Gesundheitsunion. Die Pandemie dient gewissermaßen als Blaupause und Rechtfertigung hierfür – was bei gewissen Themen durchaus sinnvoll sein mag, gleichzeitig aber weitergehenden Bestrebungen für ein Aufweichen des Subsidiaritätsprinzips den Weg ebnet. Deshalb ist es gut und wichtig, dass wir vor Ort präsent sind und die Entwicklung aufmerksam beobachten.
Leider sind in Brüssel wie im politischen Berlin die Verhältnisse oft ähnlich wie in dem eingangs zitierten Vers von Wilhelm Busch: viel Wind, wenig gehaltvolles Korn. Nicht zuletzt angesichts der deutlichen und beunruhigenden Signale, die die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen und mutmaßlich auch nächste Woche in Brandenburg nach Berlin senden, kann man nur hoffen, dass man sich dort endlich zusammenrauft.
Wir brauchen weniger Versprechen, dafür mehr Handeln. Wir brauchen weniger Wählerschelte, dafür einen besseren Blick für das, was die Menschen wirklich bewegt und was dieses Land braucht. Eine zukunftssichere Gesundheitsversorgung in ärztlichen und psychotherapeutischen Praxen gehört in jedem Fall dazu. Wir sind dazu bereit, wir haben dazu konkrete und machbare Vorschläge unterbreitet.
Vielen Dank.
(Es gilt das gesprochene Wort)