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Videos zur sektorenübergreifenden Qualitätssicherung

Qualität fördern – nicht die Bürokratie

Was bedeutet für Sie Qualitätssicherung?

Dr. med. Kerstin Schick, Fachärztin für Gefäßchirurgie und Phlebologie

"Ich bin niedergelassene und damit selbstständige Gefäßchirurgin. Ein Arbeiten ohne Qualitätssicherung ist für mich überhaupt nicht vorstellbar. Qualitätssicherung ist tatsächlich gelebter Alltag. Es mag in der fernen Vergangenheit tatsächlich Zeit gegeben haben, in denen Kollegen fernab von Regeln und Normen ihr medizinisches Handeln durchgeführt haben, aber diese Zeiten sind tatsächlich lange vorbei. Jede Chirurgin und jeder Chirurg denen sich heute eine Patientin oder ein Patient anvertraut, muss sein Handeln immer erklären und darlegen können und seine Ergebnisse des medizinischen Tuns auch immer selbstkritisch hinterfragen."

Wie gewährleisten Sie bereits Qualitätssicherung in Ihrem Fachgebiet?

Dr. med. Kerstin Schick, Fachärztin für Gefäßchirurgie und Phlebologie

"Wir sind seit 2006 nach ISO zertifiziert. Das heißt, wir unterwerfen uns allen Richtlinien, Gesetzesvorgaben und Normen. Gelebtes Qualitätsmanagement heißt auch, dass wir uns einmal in der Woche wirklich zusammensetzen, die Zeit nehmen, dass wir das Ganze, die ganze Praxis stillstehen haben und uns zusammensetzen, um zu gucken, wenn irgendwelche Dinge nicht optimal gelaufen sind, wie wir sie zeitnah analysieren können. Außerdem haben wir ein sehr engmaschiges Kontrollsystem nach einer durchgeführten Operation. Das heißt, wir schauen unsere Patienten alle selber mit sehr viel Aufwand nach einer durchgeführten OP nach und haben so eine Qualitätssicherung durch Ergebnis Kontrolle. Wir investieren also relativ viel Zeit und Geld in dieser Praxis, um am medizinischen Puls zu sein. Wir gehen auf Veranstaltungen, Fortbildungen, Kongresse und natürlich auch arbeiten wir immer in Kenntnis unter der Berücksichtigung der Leitlinien."

Gibt es Instrumente zur Qualitätssicherung, die Sie freiwillig in Ihrer Praxis nutzen?

Dr. med. Kerstin Schick, Fachärztin für Gefäßchirurgie und Phlebologie

"Im speziellen Fachgebiet der Phlebologie und Gefäßchirurgie gab es zur Erfassung der varizenchirurgischen Eingriffe ein Register über viele Jahre. Dieses Register hat uns schon sehr gut fundierte Daten geliefert.
Ob man darüberhinausgehend weitere Qualitätssicherung dem Kollegen auferlegen muss, das denke ich eigentlich nicht. Ich glaube tatsächlich, dass so eine Register Erhebung uns zumindest schon mal sehr gut zeigt, wo wir stehen.
Ganz aktuell gibt es in der Phlebologie vom Berufsverband eine Zertifizierung, die nennt sich „Venen-Kompetenzzentrum plus“, der wir uns freiwillig auch unterwerfen. Und hier erfassen wir die gesamte Indikation Stellung der Eingriffe, die bei Handlungsabläufe und erheben so Daten unseres gelebten Alltags."

Welche Erfahrungen haben Sie mit dem verpflichtenden sQS-Verfahren Wundinfektion gemacht?

Dr. med. Kerstin Schick, Fachärztin für Gefäßchirurgie und Phlebologie

"Meiner Meinung nach ist das bisherige sektorenübergreifende Qualitätssicherungsverfahren ziemlich an dem gelebten Alltag vorbeigegangen. Die Annahme, dass eine postoperativ eingetretene Wundinfektion nach einer ambulanten Operation zu einer stationären Behandlungsnotwendigkeit, zu einem Verlauf führt, das habe ich jetzt in 17 Jahren Tätigkeit als Ärztin tatsächlich nicht erlebt. Auch wenn es wahrscheinlich irgendwie ab und zu mal vorkommt, so ist es doch die absolute Ausnahme. Die Realität sieht anders aus. Die Realität sagt oder zeigt uns, dass eine postoperative Wundinfektion nach einer ambulanten Operation tatsächlich auch ambulant weiter versorgt wird. Oder aber, dass es genau andersherum ist, dass Patienten, die aus stationärer Behandlung entlassen werden, aber noch eine Wundversorgung notwendig haben, von den niedergelassenen Kollegen behandelt werden. So wäre das die eigentliche Realität. Trotz allem waren wir gezwungen, uns an der Datenerhebung sehr umfangreich zu beteiligen und haben bis zum heutigen Tag überhaupt keine Rückmeldung bekommen über die ganzen Daten, die da erfasst worden sind.“


Wieviel Aufwand bedeutet das für Sie in der täglichen Praxis?
Dr. med. Kerstin Schick, Fachärztin für Gefäßchirurgie und Phlebologie

„Die Erfassung war, sogar für ein so gut organisiertes Zentrum wie das unsrige hier, ein enormer Zeitaufwand. Wir waren damit tatsächlich Stunden beschäftigt und das ist nicht übertrieben. Des Weiteren mussten wir, um diese gesamten Fragen und Parameter, die da gefordert wurden, zu erfassen, auch weitere OP-Zentren, in denen wir tätig sind, ebenfalls mit einbinden und auch diese OP-Zentren mit Stunden Arbeit belegen."


Welche Auswirkungen hat die geforderte Qualitätssicherung aus Ihrer Sicht auf die Patientenversorgung?


Dr. med. Kerstin Schick, Fachärztin für Gefäßchirurgie und Phlebologie

"Ich persönlich glaube, dass die bisherige sektorenübergreifende Qualitätssicherung tatsächlich überhaupt keinen wirklichen Benefit des Patientenwohls in Deutschland gebracht hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendeinen Vorteil in der tatsächlichen Versorgung hier ergeben hat. Man muss sich so vorstellen, dass in morgen ein Patient zu mir in die Praxis kommt. Dann hat er in seinem Handlungsablauf überhaupt keinen Unterschied, ob es dieses sQS hier gegeben hätte oder nicht. Ich glaube, dass Sanktionen die Kollegen, die diese Qualitätssicherung betreiben, auch frustrieren werden und die Motivation, die ja jedem innewohnt, dass er das Bestmöglichste für seinen Patienten erreichen will, eventuell auch tatsächlich richtig kaputt macht. Ich glaube, dass wenn eine Qualitätssicherung die ärztlichen Kolleginnen und Kollegen in ihrer Emotion und ihrem Intellekt abholen und wenn man sieht, dass es ja einen echten Benefit gibt, dass man dann Sanktionen tatsächlich nicht brauchen wird."

Was würden Sie anders machen?

Dr. med. Kerstin Schick, Fachärztin für Gefäßchirurgie und Phlebologie

"Zuallererst würde ich tatsächlich mal die vorhandenen Daten, die ja da sind, auf jeden Fall erst einmal auswerten. Das wäre der allererste Schritt. Und hier mal schauen, wo wir mit diesen Daten aktuell stehen. Und ich denke auch, dass sich daraus vielleicht auch weitere Fragestellungen ergeben würden. Ich würde außerdem den teilnehmenden Ärztinnen und Ärzten auf jeden Fall hier mal eine Rückmeldung geben. Ich glaube, dass es ganz, ganz wichtig. Dann, wenn man jetzt überlegt, wie kann ich eine Qualitätssicherung weiter aufbauen? So müssen wir uns natürlich das Ziel vor Augen halten. Wir wollen also postoperative Wundinfektion erfassen. Wie können wir die erfassen? Eine mögliche Vorgehensweise wäre relativ simpel und einfach, wie es immer wieder angeklungen und gefordert wurde, dass man eine EBM Ziffer einführt - tatsächlich, um hier eine postoperative Wundinfektion einfach dokumentieren zu können, dass sie vorgenommen worden ist im ambulanten Setting. Das ist sehr einfach und wäre eine ganz große Hilfestellung, um einfach mal quantitativ zu erfassen, wo stehen wir eigentlich heute? Was ist eigentlich gelebter Alltag? Des Weiteren ist natürlich wichtig, dass sich die Parameter, die hier wirkliche Einflussfaktoren für eine postoperative Wundinfektion darstellen, dass ich diese erfasse und ganz wichtig, korreliere, mit dem eigentlichen Ereignis einer postoperativen Wundinfektion und dem jeweiligen Arzt und der Ärztin zurückspiegel."

Wurde ein wichtiger Aspekt vergessen?


Dr. med. Kerstin Schick, Fachärztin für Gefäßchirurgie und Phlebologie

"Wenn wir über Qualitätssicherung sprechen, dürfen wir einen Aspekt tatsächlich nie vergessen. Jede Chirurgin und jeder Chirurg hat ein ganz tiefes intrinsisches Bedürfnis, dass seine Patienten bestmöglichst versorgt werden. Davon bin ich sehr überzeugt. Tue Gutes und füge keinen Schaden zu. Das ist der Motor, der uns in der Chirurgie antreibt. Das heißt, wir müssen, wenn wir über Qualitätssicherungssysteme sprechen, die wir einführen wollen, dann müssen wir die Ärztinnen und Ärzte in dieser wirklich vorhandenen Motivation abholen und sie darin unterstützen. Es kann nicht sein, dass ein Qualitätssicherungssystem eine weitere Fußfessel im Alltag darstellt, dass sie uns von der Patientenversorgung noch weiter wegbringen und dadurch logischerweise auch viele von unseren Kollegen auch sehr frustriert. Qualität heißt, dass etwas gut ist. Nicht zufällig, sondern es ist etwas sehr geplant und immer gut ist. Das ist der gelebte Alltag, den ich jeden Tag als Ziel habe."

Die niedergelassene Gefäßchirurgin, Dr. Kerstin Schick, berichtet aus ihrem Praxisalltag und über ihre Erfahrungen mit der Qualitätssicherung.

Aus dem Praxisalltag eines Nierenspezialisten

Was bedeutet für Sie Qualitätssicherung?

Professor Dr. Jan-Christoph Galle, Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie

„Wenn ich mir Qualitätssicherung in einer idealen Welt vorstelle, dann ist es etwas, was einen Anwender darin unterstützt, gute Qualität zu liefern. Also z.B. Qualitätssicherung kann Qualitätsmanagement begleichen und hilft dem Anwender dann dabei, dass er Qualität erfasst, mit sinnvollen, tatsächlich auch messbaren, Parametern. Und das Ganze natürlich mit der Zielsetzung, dass man dann am Ergebnis irgendwann nochmal eine Verbesserung erreichen kann. Als Arzt bedeutet es, dass ich bessere Qualität an meinen Patienten ran bringe. Das ist mein Verständnis, in einer idealen Welt von Qualitätssicherung. Wenn Sie mich jetzt fragen – Was ist denn für Sie, lieber Herr Galle, Qualitätssicherung in der realen Welt in den, sagen wir mal, letzten 2-3 Jahren? Dann würde ich sagen, ein Desaster und überbordende Bürokratie, ohne dass was Gutes bei rauskommt.“


Was meinen Sie mit “überbordender Bürokratie”?

Professor Dr. Jan-Christoph Galle, Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie

„Überbordende Bürokratie ist immer dann der Fall, wenn man viele Dinge tut, ohne dass etwas Gutes hinten bei rauskommt. Und bei der Qualitätssicherung, über die wir heute hier im Spezifischen reden, nämlich die Qualitätssicherung - Nierenersatztherapie, haben wir genau dieses Problem. Wir betreiben seit längerer Zeit da einen sehr, sehr großen Aufwand und ich sehe immer noch nicht wirklich Licht am Ende des Tunnels.“


Wie gewährleisten Sie bereits Qualitätssicherung in Ihrem Fachgebiet?

Professor Dr. Jan-Christoph Galle, Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie

„Was ich jetzt für meine Einrichtung sage, das gilt für die aller allermeisten Dialysen. Wir sind eigentlich alle DIN ISO zertifiziert. Das heißt, wir betreiben Qualitätsmanagement. Und für mich ist QS und QM etwas, was sehr, sehr nah beieinanderliegt. QM bedeutet, dass man seine Prozesse aufschreibt und definiert, damit man auch anderen, die neu reinkommen, an die Hand geben kann und sagt – So: Shunt- Funktion machen wir so und so, Katheterversorgung läuft so und so. Das ist die Beschreibung und QS sollte darauf abzielen, die Dinge, die man beschreibt, auch irgendwie messbar zu machen, damit man auch sieht, ob man mit seinen QM-Maßnahmen über die Zeit irgendwann auch mal einen Fortschritt hat. Und innerhalb des QM-Systems der meisten Anwender, und der QS die gefordert wird, haben die meisten Anwender über die verpflichtenden Parameter hinaus erweiterte Benchmark Parameter erhoben.“


Welche Erfahrungen haben Sie mit der verpflichtenden QS in der Dialyse gemacht?

Professor Dr. Jan-Christoph Galle, Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie

„Qualitätssicherungs-Richtlinie Dialyse ist ja etwas Altes. Das gibt es seit dem Jahr 2006, damals wurde das eingeführt und war damals im Bereich der Nierenersatztherapie, also bei uns Nephrologen, uns Nierenfachärzten, eines der ersten Verfahren zur Qualitätssicherung überhaupt in der Medizin in Deutschland. Das bedeutet auch, dass sie jetzt mit mir mit jemandem reden, der da 15 Jahre Erfahrung hat, weil 2006 und 2021 sind 15 Jahre. Und die Qualitätssicherungs-Richtlinie Dialyse war jetzt auch nicht unbedingt etwas, was bei den Anwendern erst einmal für Begeisterung gesorgt hat, auch das musste sich einspielen. Das ist damals aber relativ schnell geglückt. Es waren überschaubare Parameter, die abgefragt wurden.“


Wie kam es zu dem QS-Verfahren Nierenersatztherapie?

Professor Dr. Jan-Christoph Galle, Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie

„Jetzt sind wir ungefähr so im Jahr 2014, 2015. Damals haben wir dann diese, ne Entschuldigung 2016 war’s. Damals haben wir die Kriterien erarbeitet für die sektorübergreifende QS, bei dem Aqua-Institut in Göttingen damals noch angesiedelt, und das war eine Gruppe von Ärzten, also Nephrologen, aber auch Vertretern der Stände, Kostenträger, Verbandsvertreter waren dabei, es waren Vertreter der Patientenverbünde dabei, es waren Vertreter der wissenschaftlichen Gesellschaft dabei. Alles wie gesagt, damals angeleitet vom Aqua-Institut, beauftragt eben vom GBA. Und damals haben wir versucht, vernünftige Kriterien zu entwickeln. Es waren 4 Termine, damals über ein Jahr verteilt in Göttingen, wir haben heftig miteinander diskutiert, auch gestritten, aber wir sind letztlich auf Parameter gekommen, die wir als einigermaßen vernünftig empfanden.
Und dann hat es aber sehr, sehr lange gedauert. Wir haben nicht genau verstanden, warum. Meine persönliche Interpretation ist, dass das IQTIG mit sehr vielen anderen Aufgaben zu dem Zeitpunkt schlichtweg überfordert war. Das heißt, die haben einen ganzen Korb von Aufgaben bekommen vom GBA und hatten vielleicht nicht die Manpower, alles in der Zeit umzusetzen.
Irgendwann im Jahr 2019 war klar, 01.01.20 wird‘s sein und dann hat man im Jahr 2019 gesehen, weder die Krankenhäuser sind vorbereitet, noch haben wir, sowohl für die ambulanten, als auch für die stationär tätigen Nephrologen die Spezifikation, damit man‘s wirklich anwenden kann. Und da haben wir wiederholt drauf hingewiesen.
Und dann war ziemlich bald erkennbar, also die Spezifikation, das haut noch nicht hin. Zum einen, die ist noch nicht gut genug, da sind einfach Fehler drin, die es in der Umsetzung so nicht möglich machen werden. Und es wird sehr, sehr aufwendig werden.
Und das, ist natürlich ein fundamentaler Kritikpunkt unsererseits, dass wir feststellen müssen -Hey, ihr schmeißt uns eine Aufgabe vor die Füße und wir können sie noch gar nicht lösen.”


Hat die geforderte QS aus Ihrer Sicht Auswirkungen auf die Patientenversorgung?

Professor Dr. Jan-Christoph Galle, Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie

„Ich kann das nicht erkennen. Also aus der QS NET gar nicht. Aus der Qualitätssicherungs-Richtlinie Dialyse, die funktionierte, wo man ja auch Daten rückgespiegelt bekommen hat, wo wir Jahresberichte erstellt haben, Quartalsbericht erstellt haben, die man einsehen konnte. Da konnte man aus den Pflichtparametern bzw. auch aus dem erweiterten Benchmarking durchaus gewisse Rückschlüsse ziehen. Also z.B. konnte man dann schon mal kritisch hinterfragen, dabei auch schon die prozentualen Anteile von getunnelten Kathetern abgefragt und es hätte mir dann auch ein Stirnrunzeln auf den Kopf gebracht, wenn ich sehe, jetzt sind wir da auf einmal bei 30 Prozent, warum sind wir so viel höher als andere? Dann geht man nochmal kritischer durch, um zu gucken, ist nicht doch der ein oder andere Patient noch mit einem Dialyseshunt versorgbar? Haben wir da wirklich operativ alles ausgereizt? Aber bei der QS NET sind wir davon, ein Vorteil für die Patienten ableiten zu können, noch ganz weit entfernt, weil es ja noch überhaupt nicht funktioniert, wir haben ja auch noch nichts zurückgespiegelt bekommen.“


Was würden Sie anders machen?

Professor Dr. Jan-Christoph Galle, Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie

„Auf dem Weg dorthin würde ich mir wünschen, dass Fachspezialisten viel mehr eingebunden werden, bevor uns etwas als Paket hingelegt wird, das ist definitiv versäumt worden. Es gibt genug Menschen in meiner Fachgesellschaft mit wirklich Fachkompetenz und wir haben uns auch regelhaft angeboten, wir haben uns nie verweigert und wir sind bei dieser Weiterentwicklung schlichtweg nicht mit ins Boot genommen worden. Das halte ich für einen groben handwerklichen Fehler. Dann halte ich es für einen groben handwerklichen Fehler, dass man so etwas Komplexes, was so viel Compliance und Arbeit von den Anwendern verlangt, nicht in einer Pilotphase testet. An ein paar Zentren, damit man lernt - okay, da haben wir jetzt paar wirklich gute Zentren, die wenden das an, sehen - okay, im Vorfeld aber auch nicht gesehen, was alles noch klemmt, aber das sollte man erstmal beheben, bevor das breit ausgerollt wird. Weil der Effekt jetzt ist, dass die Anwender wirklich unzufrieden und frustriert sind.“

Der Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie, Professor Dr. Jan-Christoph Galle, berichtet über seine Erfahrungen zur Qualitätssicherung in der Dialyse.

Qualitätssicherung in der Psychotherapie

Was bedeutet für Sie Qualitätssicherung?

Frau Moeslein-Teising, Psychotherapeutin

"Qualitätssicherung dient der Sicherung von Behandlungsqualität und soll damit natürlich im Wesentlichen dem Patienten zugutekommen. Qualitätssicherung ist für uns, und wenn ich von uns spreche, meine ich uns Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, selbstverständlich. Wir haben ein intrinsisches Interesse an Qualitätssicherung. Das bedeutet für uns, dass wir unsere Behandlungen stetig im interkollegialen Austausch überprüfen und kontrollieren. Qualitätssicherung, wie gesagt, sollte dem Patienten dienen und nicht etwa einer Kontrolle oder gar einem Ranking von Therapeuten."


Wie gewährleisten Sie bereits (freiwillig) Qualitätssicherung in Ihrem Fachgebiet?

Frau Moeslein-Teising, Psychotherapeutin

"Zum einen möchte ich an der Stelle auf das Gutachterverfahren zu sprechen kommen, das für uns ja seit vielen Jahren relevant ist. Und das Gutachterverfahren befördert eine Konzeptualisierung der Behandlung und ist damit eine Sicherung der Qualität von Beginn an. Das Gutachterverfahren kommt zur Anwendung zu Beginn und bei jeder Fortführung einer Behandlung. Das ist die eine Ebene. Die andere ist die Ebene des der Qualitätssicherung des Behandlungsprozesses. Wir stehen erstens im stetigen interkollegialen Austausch in Introversion, Supervision, wir führen Fort- und Weiterbildung durch und nutzen selbstverständlich Fachlektüre, um uns stets auf dem höchsten wissenschaftlichen Stand zu halten, der dann den Patienten in der Behandlung zugutekommt."


Gerade wird das QS-Verfahren „ambulante Psychotherapie“ entwickelt. Welche Erwartungen haben Sie an diese Form der Qualitätssicherung?

Frau Moeslein-Teising, Psychotherapeutin

"Das neue Qualitätssicherungsverfahren sollte bürokratiearm und datensparsam sein. Nichts ist für eine gute Arzt-Patient-Beziehung wichtiger als ein Vertrauensverhältnis. Da sollte das neue Qualitätssicherungsverfahren nicht störend wirken und es sollte das intrinsische Interesse an Qualitätssicherung von Psychotherapeuten nicht beeinträchtigen."


Warum ist für Sie eine bürokratiearme Qualitätssicherung so wichtig?

Frau Moeslein-Teising, Psychotherapeutin

"Also zunehmende Vorgaben im Sinne von Bürokratisierung. Das ist natürlich etwas, was die Kollegen durchaus abschreckt. Und man muss diesen Beruf schon wollen, wenn man ihn ausüben will. Er hat natürlich eine große Bereicherung im Leben. Ja, wenn man in unserem Fach tätig sein darf, sozusagen. Aber das muss ich ja erst einmal vermitteln. Natürlich sind die Kollegen abgeschreckt durch, wenn sie hören, ja dass die Bürokratisierung zunimmt, dass Daten erhoben werden sollen, von denen man nicht sicher ist, wie sicher sie verwahrt werden und wem oder was sie nun wirklich zugutekommen."


Welche Auswirkungen hat die geforderte Qualitätssicherung aus Ihrer Sicht auf die Patientenversorgung?

Frau Moeslein-Teising, Psychotherapeutin

"Also einmal, es sollte auf die Konzeptualisierung verzichtet werden, dann wäre das schon mal sicher eine Qualitätseinbuße. Das ist das eine. Das andere ist, wenn man an das beabsichtigte Ranking denkt, gilt ja folgendes zu beachten, wenn wir schwierige Patienten in Behandlung nehmen und wir nehmen alle auch gerne schwierige Patienten in Behandlung, und es dann um eine Bewertung geht, in einer in einem Behandlungsverlauf, der womöglich wie eine Art Achterbahnfahrt vorangeht. Und so ist es manchmal bei schwierigen Patienten. Wenn es dann um eine Bewertung geht und diese seitens des Patienten zu diesem Zeitpunkt negativ ausfällt und dies dann für den Therapeuten zu einem negativen Punkt im Rahmen des Rankings kommt, dann ist zu befürchten, dass sich Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten es gut überlegen, ob sie solche schwierigen Patienten, mit denen genau das droht, überhaupt in Behandlung nehmen. Das wäre fatal für die Behandlungs, für die Versorgung als solche. Für jede einzelne Behandlung auch. Und solche Patienten würden sich unter Umständen zukünftig noch schwerer als jetzt tun, einen geeigneten Behandlungsplatz zu finden. Ich persönlich würde das sehr bedauern."


Wurde ein wichtiger Aspekt vergessen?

Frau Moeslein-Teising, Psychotherapeutin

"Wir Menschen sind komplex. Psychotherapien sind komplex und der Wunsch danach, das alles zu kontrollieren und durchzustrukturieren, der wird in den meisten Fällen leider scheitern und nicht zum Wohle des Patienten ausgehen. So viel müssen wir sagen dazu."
Die intrinsische Motivation von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sollte mehr gefördert werden. Die Psychotherapeutin, Frau Moeslein-Teising, fordert eine bürokratiearme und datensparsame Qualitätssicherung.


Die intrinsische Motivation von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sollte mehr gefördert werden. Die Psychotherapeutin, Frau Ingrid Moeslein-Teising, fordert eine bürokratiearme und datensparsame Qualitätssicherung.

Video: Bürokratische Belastung in der sQS

Was bedeutet für Sie Qualitätssicherung?

Dr. Doubek, Gynäkologe

"Die Qualitätssicherung bedeutet für mich natürlich eine Möglichkeit, eine Möglichkeit zur Verbesserung bei allen Arbeitsabläufen, auch in meiner Praxis, und es sind nicht immer die der täglichen Routine, mit denen ich selbst zu tun habe, sondern die auch mein gesamtes Praxis Team betrifft. Und während ich mit der Versorgung der Patientin beschäftigt bin, habe ich hier die Möglichkeit, auch im Background qualitätssichernde Maßnahmen laufen zu lassen. Und das bedeutet für mich Qualitätssicherung im Ganzen für die Praxis."


Wie gewährleisten Sie bereits Qualitätssicherung in Ihrem Fachgebiet?

Dr. Doubek, Gynäkologe

"In jeder Praxis, auch bei mir, ist natürlich ein QM Handbuch. Es gibt eine QMB, mindestens eine, und interne Audits. Über Jahre Verbund zertifiziert und letztlich abgeschlossen mit der Verbund-Zertifizierung, weil die Kosten davongelaufen sind. Das heißt, ich bin jetzt gelandet bei dem KV eigenen Qualitätssicherungssystem. Ja, gemeint ist natürlich das QEP-System.


Welche Erfahrungen haben Sie mit dem sQS-Verfahren Wundinfektion gemacht?

Dr. Doubek, Gynäkologe

"Bei uns und das bestätigen auch alle Kollegen, die im stationären Bereich tätig sind als Belegärzte wird das Qualitätssicherungsverfahren zur Wundinfektion in Kooperation mit der Hygieneabteilung durchgeführt. Und die Integration in ein bestehendes QM System der Praxis ist bürokratisch, mit schrecklichen Fragebögen, alleine will man das lieber nicht machen."



Welche Auswirkungen hat die geforderte Qualitätssicherung aus Ihrer Sicht auf die Patientenversorgung?

Dr. Doubek, Gynäkologe


"Kurze Antwort - keine. Es ist aus meiner Sicht mehr Bürokratie ohne Verbesserung, die Zeit letztendlich die berühmte Arzt-Zeit, die fehlt im Umgang mit dem Patienten."


Was würden Sie anders machen?

Dr. Doubek, Gynäkologe

"Aufwand und Zeit für von externen mir übergestülpte Aufgaben zur Qualitätssicherung, da ist jede Minute eigentlich zu viel. Wenn sie nicht in der normalen Dokumentation einer Leistung erfasst wird, ist die separate zusätzliche aufwändige Dokumentation auch minutengenau abgerechnet, zu viel."


Wie könnte der Dokumentationsaufwand für die QS verringert werden?

Dr. Doubek, Gynäkologe

"Die Praxis Verwaltungssoftware ist das A und O, sich damit auseinanderzusetzen und zu vergleichen, das schafft Freiraum, das spart Zeit. Und das ist natürlich sehr schwer, im laufenden Geschehen aus einem System in das andere zu wechseln. Die politische Absicht wurde ja schon oft wiedergegeben, ist in praxi noch nicht möglich, ein System von A nach B einfach zu migrieren. Und neben guten Mitarbeiterinnen, die geschult sind, die hier vieles im arbeitsteiligen Prozess übernehmen können, ist das A und O eine Software die mich entlastet."



Woran erkennt man eine gute Software?

Dr. Doubek, Gynäkologe

„Zertifizierung - wer zertifiziert sich oder zertifiziert was? Sehr gut. Unsere PVS AIS hat das Siegel. Die Spezifikationen, die wir jetzt aktuell vorliegen haben, als Beispiel OKFE, sind nicht zertifiziert. Und das ist, glaube ich, eines der Kernprobleme."


Wurde ein wichtiger Aspekt vergessen?

Dr. Doubek, Gynäkologe

"Ich kann mich ja dran erinnern, ich hatte als dieses mit den diesen ersten Fragebogen, den hatte ich für die KV Hessen kommentiert gehabt und da war auch ein Herr, damals noch vom Aqua Institut, bei uns in der Praxis. Mit dem bin ich auch minutiös das durchgegangen, habe ihm das auch gezeigt. Die Arbeit war gut, die Konsequenz war gleich null, für die Befragung späterhin.
Akzeptanz wird nur geschaffen, indem man einen Pool von Niedergelassenen gewinnt, hier in der Entwicklung sich sachkundig mit einzubringen. Weil das sind dann eben, ähnlich wie bei solchen Testimonials, das sind dann, das sind dann die Quellen, die dafür sorgen, dass im Nachgang auch noch, unter Einbeziehung der Wissenschaft, es eine große Akzeptanz findet."
Eine gute und zertifizierte Software ist ein wichtiger Baustein um die bürokratische Belastung in der sektorenübergreifenden Qualitätssicherung zur reduzieren. Der Gynäkologe, Dr. Doubek, berichtet in dem Interview von seinen Erfahrungen in der sQS.

Eine gute und zertifizierte Software ist ein wichtiger Baustein, um die bürokratische Belastung in der sektorenübergreifenden Qualitätssicherung zu reduzieren. Der Gynäkologe, Dr. Klaus J. Doubek, berichtet in dem Interview von seinen Erfahrungen in der sQS.

Doppeldokumentationen bei der sQS vermeiden

Dr. med. Peter Kollenbach</span>, Facharzt für Urologie

<span lang="EN-US">“Für mich ist Qualität die bestmögliche Betreuung der Patienten in unserer Praxis und die möchte ich gerne auf einem sehr hohen Niveau aufrechterhalten. Und das ist dann für mich Qualitätssicherung.”</span>


Dr. med. <span lang="EN-US">Peter Kollenbach</span>, Facharzt für Urologie

<span lang="EN-US">“In der Praxis sind das viele Aspekte, die wir da betrachten müssen. Das fängt von Datenschutz an, geht über Hygiene, geht über Dokumentation, geht über Qualität unserer, unserer Gerätschaften, unserer Erfahrungen bis hin zu unserer, der Qualität, unserer belegärztlichen Operationen, die wir dann durchführen. Und für die Qualitätssicherung haben wir natürlich ein internes Qualitätsmanagement, indem wir auch immer wieder hinterfragen, ist das, was wir wirklich in der Praxis tun, auch so richtig und sinnvoll? </span>
<span lang="EN-US">Ich würde mir wünschen, dass wir das weiter ausbauen könnten. Aber das ist halt etwas, was sehr, sehr zeitaufwändig und sehr, sehr zeitraubend ist und da haben wir wirklich das Problem in den Praxen, dass diese Zeit wir gar nicht haben. </span>
<span lang="EN-US">Den Praxen muss dann auch die Zeit dafür eingeräumt werden, dieses auszufüllen und zu machen. Das geht nicht im Nullzeit-Kontingent, wie es ja heutzutage gerne über die Computersysteme dann so verlangt wird oder gedacht wird, das geht, in Nullzeit. Das stimmt nicht.”</span>


Dr. med. <span lang="EN-US">Peter Kollenbach</span>, Facharzt für Urologie

<span lang="EN-US">“Also wir in der Urologie sind ja von der sektorübergreifenden Qualitätssicherung bisher nur sehr rudimentär betroffen. Wir hatten eine Initialbefragung gehabt, wo wir zum Beispiel die Menge des benutzten benötigten Desinfektionsmittel, Händedesinfektionsmittels deklarieren mussten. Das ist für mich etwas, wo ich sage, da kann ich nicht draus schließen, ob ich jetzt 2 Liter oder 3 Liter in der Woche benutze, ob damit die Infektionsrate der Patienten deutlich geringer geworden ist. Da gibt es sicherlich andere Möglichkeiten, wie man das erfassen könnte. Und es ist halt auch ein Riesenaufwand für unsere Praxis gewesen, diese Frage zu beantworten, weil wir da, wenn wir es Desinfektionsmittel alle ist, dann bestellen wir Neues. Und wenn das wird nicht in dem Sinne so stringent nachverfolgt. Und dann war es ein mords Aufwand, diese diese Daten dann wirklich auch zu erheben. Wir mussten in jede Rechnung reingucken, mussten alles abfragen und und um da möglichst genaue Antworten auch zu finden und nicht irgendwie nur über die die runde Ecke zu arbeiten. Und das finde ich z.B. ist etwas, was sich mir nicht erschließt, dass da eine Qualität mit gesichert werden soll. Ob ich das jetzt auf die Hände oder in Ausguss schütte, ist ja damit noch längst nicht definiert.”</span>


Dr. med. <span lang="EN-US">Peter Kollenbach</span>, Facharzt für Urologie

<span lang="EN-US">“SQS-Wundinfektion ist noch nicht ein Thema bei uns, aber es wird ja sQS-Prostatakarzinom kommen, was ja jetzt im Moment in Vorbereitung ist, wo ich zum einen froh bin, dass wir da auch die Möglichkeit haben, mit hoffentlich gestaltend tätig zu werden. Da wissen wir noch gar nicht so richtig, was auf uns zukommt. Was soll da dokumentiert werden? Das kann ein riesen Batzen sein. Das kann aber auch schön schlank gehalten werden und man muss sich dann darüber unterhalten, welche Punkte sind wirklich die wesentlichen dabei? Was wird überhaupt erfasst in den Praxen? Da müssen wir in den Praxen sicherlich auch durchaus lernen, dann auch das zu dokumentieren, was dann notwendig und wichtig wäre. Das gilt es, finde ich, nicht nur über die GBA und IQTIG-Gremien, sondern das gilt es dann natürlich im Berufsverband auch mitzugestalten.”</span>


Dr. med. <span lang="EN-US">Peter Kollenbach</span>, Facharzt für Urologie

<span lang="EN-US">“Also ich würde als allererstes an die Kollegen herantreten und sagen, wir möchten gerne mit ihnen zusammen ein System aufbauen, wo sie ihre eigene Qualität darstellen können, wo sie sich selber ins Licht rücken können, was sie machen, wo sie selber aber auch die Möglichkeit haben, sich zu verbessern und eventuelle Schwachstellen aufzustellen. Das ist so der primäre, mein primärer Ansatz, um an die Kollegen heranzutreten erst einmal. Weil wir möchten natürlich diese intrinsische Motivation, dass die Kollegen dann auch wirklich sagen, jawohl, ich stehe voll hinter Qualitätssicherung. Ich will das selber machen. Die würde ich primär erst mal versuchen zu wecken. Nochmal neu, weil das war ja vor längerer Zeit schon mal gewesen, dass die geweckt wurde. Jetzt ist es so ein bisschen versackt, die würde ich also jetzt primär erst mal wecken.”</span>


Dr. med. <span lang="EN-US">Peter Kollenbach</span>, Facharzt für Urologie

<span lang="EN-US">“Vermeidung Doppeldokumentation ist schon ein ganz wichtiges Thema. Zum einen ist es einen Arbeitsaufwand, der völlig unsinnig ist. Die Dokumentation ist da, die Daten sind da, sie sind erfasst. Warum muss man’s nochmal an einer zweiten und dritten Stelle nochmal irgendwo einfügen? Wir haben das zum Beispiel in einer Schnittstelle hier im Krankenhaus, weil wir natürlich nicht mit unserem Arztinformationssystem ins Krankenhaussystem eingreifen dürfen. Da sind wir also auch im Moment dabei, diese Schnittstelle vernünftig zu definieren, sodass die Daten auch darüber kommen. Oder das geht natürlich genauso ins Krebsregister. Da sehe ich einfach das große Risiko von irgendwelchen doppelt und dreifach Dokumentationen, dass das dann einfach nicht mehr machbar ist, zeitlich schon alleine nicht mehr, aber auch einfach ein sehr großes Fehlerpotenzial hat.”</span>

Klare Zielvorgaben, schlanke Verfahren und die Vermeidung von Doppeldokumentationen sind die Voraussetzungen für eine gute Qualitätssicherung. Der Urologe, Dr. med. Peter Kollenbach, spricht im Interview über Sinn und Unsinn mancher Verfahren.