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Sinnvolle Anwendung, aber BMG droht mit Fristen und Sanktionen

Das eRezept ist gestartet, nun kommt der eArztbrief?

Dr. Sibylle Steiner, Mitglied des KBV-Vorstands
Ja, das ist richtig, der eArztbrief kommt jetzt unmittelbar nach dem eRezept, und zwar zum 1. März. Auch hier arbeitet das BMG einmal mehr mit Fristen und Sanktionen gegenüber den Vertragsärzten und -psychotherapeuten. Zum einen ist im Digitalgesetz festgeschrieben, dass drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes - und das wird so voraussichtlich Mitte Mai sein - die Arztpraxen in der Lage sein müssen, eArztbriefe zu empfangen und zu versenden.
Aber tatsächlich greift diese Pflicht früher, nämlich in der TI-Pauschale des BMGs oder in der Festsetzung des BMGs zur monatlichen TI-Pauschale ist geregelt, dass die Ärzte ab 1. März gegenüber ihrer KV nachweisen müssen, dass sie eine Software einsetzen, die dieses eArztbrief-Modul unterstützt.

Ist der eArztbrief eine Anwendung die den Praxen nutzen kann?

Ja, auf jeden Fall. Also wir wissen, dass die Praxen als Mehrwert bei der Digitalisierung genau diesen Punkt der Möglichkeit der interkollegialen Kommunikation, des schnellen Austausches von Informationen über gemeinsam behandelte Patienten sehr zu schätzen wissen.
Also im Grunde genommen ist der eArztbrief tatsächlich ein sinnvolles Instrument. Nur die Art und Weise, wie er jetzt eben eingeführt wird, wieder mit Fristen und Sanktionen, ohne dass die entsprechenden Module mit der notwendigen Funktionalität zur Verfügung stehen, das ist natürlich wie immer kritisch und so schafft man einfach keine Akzeptanz zu Digitalisierungsprojekten.

Steht für alle ein eArztbrief-Modul bereit?

Genau das ist der entscheidende Punkt. Im Moment sind noch nicht alle PVS-Systeme zertifiziert, das heißt die Praxen können teilweise dieses Modul noch gar nicht einsetzen, weil ihre jeweiligen PVS-Hersteller dies teilweise noch nicht anbieten. Wir haben im Moment circa 55 Systeme, die schon zertifiziert sind und wir rufen aber nachhaltig und immer wieder zur Zertifizierung auf, um natürlich auch diesen jetzt vom BMG vorgegebenen Termin einhalten zu können. Weil am Ende des Tages die Praxen sonst die Leidtragenden sind.

Was tut die KBV in dieser Situation?

Wir rufen noch mal die Hersteller auf, sich zertifizieren zu lassen. Wir werden natürlich dann auch nochmal aufs BMG zugehen und nochmal um, das haben wir schon getan, aber wir werden noch mal nachhalten, ob diese Frist, weil wir diese Frist 1. März 2024 für nicht sinnvoll halten.


Probleme gibt es auch mit der Vergütung?

Ja, das ist ein großes Problem, denn das BMG hat im Zusammenhang mit dieser Festsetzung der TI Pauschale, hat das BMG auch die aus mangelnder Sorgfalt oder man könnte auch sagen aus mangelnder Kompetenz diese Regelung im Bundesmantelvertrag gestrichen, die ja beinhaltet hatte, dass es eine Vergütung für Versand und Empfang des eArztbriefes gibt.
Dadurch, dass die Regelung jetzt gestrichen ist, wird der eArztbrief im Moment nicht vergütet. Der GKV-Spitzenverband blockiert im Moment eine Neuvereinbarung dieser Vergütung, obwohl das BMG letztendlich mittlerweile der Auffassung ist, dass das nicht hätte gestrichen werden dürfen. Und insofern ist es tatsächlich so, dass im Moment der eArztbrief nicht vergütet wird.

Wie geht es da jetzt weiter?

Bekanntermaßen hat die KBV Klage insgesamt gegen diese Festsetzung des BMG zu den monatlichen Pauschalen erhoben. Jetzt ist es natürlich in dem Zusammenhang dazu gekommen, dass wir auch gerichtlich einfordern müssen, dass die Vergütung von Versand und Empfang des eArztbriefs tatsächlich aufrechterhalten wird. Da haben wir jetzt ein Eilverfahren beim LSG Berlin Brandenburg angestrebt, um sozusagen aufschiebende Wirkung für diese Regelung zu erreichen und dann bis zur gesamten gerichtlichen Entscheidung über die TI-Pauschalen zumindest, damit dann für diesen Zeitraum die Vergütung für den eArztbrief weiter abgerechnet werden könnte.


Was tut das KV-System, um den eArztbrief zu etablieren?

Also wir sind sowohl technisch natürlich als auch inhaltlich involviert. Die KBV zertifiziert diese Softwaremodule. Man muss aber ganz klar feststellen, dass wir nur die technische Funktion zertifizieren können, nicht die Komfortabilität, also die Art und Weise, wie das PVS-System dann wie anwenderfreundlich das Ganze umgesetzt ist.
Unser Tochterunternehmen, die kv.digital, hat die Spezifikation des eArztbriefs damals entwickelt und bietet jetzt für die Hersteller auch letztendlich Tests an, um die Funktionalität zu testen. Beispielsweise gibt es von der kv.digital Interoperabilitäts-Workshops, so dass die PVS-Hersteller testen können, ob zum Beispiel ein von einem PVS versandter eArztbrief in einem anderen System gut eingelesen und weiterverarbeitet werden kann.
Leider nehmen die Hersteller dieses Angebot nicht in dem Umfang wahr, wie wir uns das vorstellen können. Im letzten Jahr haben lediglich 20 Hersteller an diesen Interoperabilitäts-Workshops teilgenommen. Wir bieten die aber jetzt im laufenden Jahr weiterhin an oder die kv.digital bietet diese weiterhin an. Und last but not least stellen wir natürlich als KBV über unseren Kommunikationsbereich Informationsmaterialen für die Praxen zur Verfügung.