Gebhard Hentschel (KBV-VV, Psychotherapeuten)
Gebhard Hentschel
KV Westfalen-Lippe
Danke schön, dass ich hier sprechen kann. Sehr geehrter Vorstand, sehr geehrter Präsident der Bundesärztekammer, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz will der Bundesgesundheitsminister die Streichung der Termin-Service und Versorgungsgesetz eingeführte Neupatientenregelung. Diese Streichung der extrabudgetären Vergütung von Neupatienten trifft die Praxen in einem Zeitpunkt steigender Energie- und Personalkosten. Wo der Staat in anderen Branchen finanzielle Unterstützung gewährt, werden hier erhebliche finanzielle Einbußen in Kauf genommen. Das ist ein Skandal!
Die Neupatientenregelung habe nichts gebracht, erläutert der Minister Lauterbach. Eine Erhebung des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung zeigt jedoch ein anderes Bild. Die Anzahl der Neupatienten in vertragsärztlichen und psychotherapeutischen Praxen stieg im 4. Quartal 2021 gegenüber dem 4. Quartal 2019 um sage und schreibe 12%. Die zweithöchste Steigerungsrate im Fachgruppenvergleich findet sich bei den Psychotherapeuten.
Sie steigerten die Fallzahlen in den zwei untersuchten Jahren um 18,4%. Brauchen wir diese Fallzahlsteigerung gar nicht? Ist dieser Schub in die Versorgung nur ein „nice to have“? Können wir es uns leisten, diesen Anteil der Patienten unversorgt zu lassen? Erlauben Sie mir einen Blick in die Situation der psychotherapeutischen Versorgung: die der zeitlichen gesamtgesellschaftlichen Krisen, Corona-Pandemie, der Ukraine Krieg, die Klimakrise führen zu erheblichen psychischen Belastungen der Menschen in Deutschland.
Eine steigende Nachfrage nach ambulanter Psychotherapie bei Vorliegen von Störungen mit Krankheitswert fällt auf eine bereits vor der Pandemie angespannte Versorgungssituation. Eine Erhebung der Deutschen Psychotherapeuten Vereinigung hat eine Steigerung der Nachfrage nach Psychotherapie um 40% in einer Januarwoche in 2021 im Vergleich zum Vorcorona Status ergeben. Bei den Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeuten hat sich die Nachfrage im selben Zeitraum mehr als verdoppelt.
Die Streichung der Neupatientenregelung mit dem aufwendigen Behandlungsbeginn finanziert wird, führt zu einer deutlichen Verschlechterung der ambulanten Versorgung. Schaffen Sie die Förderung von Patienten ab, sind die Leidtragenden die Patienten. Die Wartezeit auf eine zeitnahe Versorgung wird sich weiter verschlechtern. Sehr geehrter Minister Lauterbach, sehr geehrte Mitglieder des Deutschen Bundestages, wenn auch Ihnen die im TSVG zugesagte zeitnahe Versorgung der Patienten in Deutschland von Bedeutung ist, erhalten Sie die Finanzierung der Neupatienten.
Dankeschön