Bericht von Dr. Stephan Hofmeister an die Vertreterversammlung
15. Mai 2023
Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,
ich begrüße Sie herzlich zur Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hier in Essen, wo morgen der Deutsche Ärztetag beginnt. Fast eine Woche lang wird die verfasste Ärzteschaft über Themen wie Freiheit und Verantwortung der ärztlichen Profession, über Gesundheitsbildung, über die Zukunft der ärztlichen Weiterbildung sowie die Digitalisierung der Versorgung debattieren.
Auch uns beschäftigen einige dieser Themen, auf die Weiterbildung werde ich gleich noch zu sprechen kommen. Doch auch das eben erwähnte Begriffspaar „Freiheit und Verantwortung“, das zunächst ziemlich abstrakt klingt, betrifft uns als Vertragsärzte- und Vertragspsychotherapeutenschaft jeden Tag.
Dazu passend möchte ich einsteigen mit einem kleinen Auszug aus dem früheren Grundsatzprogramm einer großen Volkspartei – damals traf dieser Begriff noch zu. Darin heißt es:
„In einem freiheitlichen Gesundheitswesen findet die Selbstbestimmung des Bürgers ihre notwendige Entsprechung in der Selbstbestimmung der Heilberufe. Deshalb sind unverzichtbare Elemente unseres Gesundheitswesens:
- der Grundsatz der verantwortlichen und eigenständigen Selbstverwaltung in den Selbstverwaltungsgremien der gesetzlichen Krankenversicherung, in den Kammern der Heilberufe, in den Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen;
- der Grundsatz der freien und unabhängigen Berufsausübung auf der Grundlage der Prinzipien der Zulassungs- und Niederlassungsfreiheit (…)“
Dieses Parteiprogramm, aus dem ich soeben zitiert habe, ist 45 Jahre alt. Es beschäftigt sich auf mehreren Seiten mit ärztlichem Handeln, der Rolle der Selbstverwaltung, aber auch der Verantwortung jeder einzelnen Bürgerin und jedes einzelnen Bürgers in diesem System und für ihre oder seine Gesundheit.
Dieselbe Partei arbeitet derzeit an einem neuen Grundsatzprogramm. In einem Entwurf hierfür steht der kurze, aber klare Satz: „Wir stehen zur Selbstverwaltung als tragendem Prinzip der GKV in Deutschland.“
‚Hört, hört!‘, möchte man da fast rufen, immerhin. Inhaltlich finden sich in dem aktuellen Papier eine Reihe von Parallelen zu dem Programm, aus dem ich eingangs zitiert habe. Von einem zwingend notwendigen Paradigmenwechsel hin zu mehr Eigenverantwortung der Menschen ist da die Rede, von einer verantwortlichen Ressourcennutzung in unserem Gesundheitswesen und dass es deshalb einer besseren Steuerung der Inanspruchnahme bedürfe.
In diesem Zusammenhang betonen die Verfasser auch die besondere Funktion der hausärztlichen Praxen. Von Vertragsärzten ist öfter die Rede, Telemedizin und Community Health Nursing werden nur als Ergänzung deklariert.
Das ist eine andere Linie als die aktuelle des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), die eher danach klingt, als sei ärztliche Versorgung ein verzichtbarer Luxus, vor allem in der Grundversorgung. Dort scheint man zu meinen:
Wozu brauchen wir noch Ärzte, wenn es in Apotheken „Versorgung to go“ gibt mit Impfen und Blutdruckkontrolle, und in Gesundheitskiosken „Versorgung light“ mit medizinischer Beratung zu was auch immer? Lieber Herr Minister Lauterbach, Sie haben sich stets auf die Fahne geschrieben, die sogenannte Zwei-Klassen-Medizin zu bekämpfen. Aber mit solchen Plänen schaffen Sie erst den Weg in eine echte Zwei-Klassen-Medizin!
Primary care nach anglo-amerikanischem Vorbild ist keine Lösung für Deutschland! Die World Medical Association hat diesem Thema ganz aktuell sogar einen Beschluss gewidmet. Unter Federführung der Länder Afrikas und anderer vor allem ärmerer Länder der Welt, in denen es abseits der Metropolen kaum ausgebaute Infrastruktur, wenig Geld und kaum ärztliches Personal gibt, wurde ein solches Modell ausdrücklich abgelehnt.
Selbst dort ist die vorherrschende Meinung, dass Primärversorgung immer ärztlich verantwortete Versorgung sein und bleiben sollte. Es gab ein klares Bekenntnis zur „physician led primary care“. Alles andere sei „poor medicine for poor people“ und diskriminierend.
Großbritannien beschreitet genau diesen Weg. Dort ist geplant, dass Apotheken künftig noch mehr Medikamente ohne ärztliche Verschreibung an Patientinnen und Patienten ausgeben dürfen, darunter die Pille zur Verhütung und Antibiotika.
Patientinnen und Patienten sollen demnach künftig selbst entscheiden, ob sie beispielsweise an einer lediglich unkomplizierten Harnwegsinfektion leiden, die dann eine Verschreibung durch den Apotheker erlauben würde. Die Regierung erhofft sich davon, in den kommenden zwei Jahren 15 Millionen Arztbesuche „einzusparen“ und damit das katastrophale Wartezeitenproblem im National Health Service (NHS) zu entschärfen.
Nicht nur Ärztevertreter befürchten, dass diese Pläne nach hinten losgehen werden. Noch absurder wird das Ganze dadurch, dass die EU sich ja gerade zum Ziel gesetzt hat, die Verschreibungsquoten von Antibiotika deutlich zu senken, um die sogenannte stille Pandemie („silent pandemic“) der Antibiotika-Resistenzen zu bekämpfen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Großbritannien hat sicher besondere Probleme – aber dass das Bundesgesundheitsministerium hierzulande auch den Eindruck erweckt, dass ausgerechnet wir in Deutschland uns eine „arztgeführte“ Primärversorgung nicht mehr leisten können, das ist geradezu zynisch!
Richtig ist hingegen – und erste politische Akteure scheinen das erkannt zu haben –, dass es sinnvoller ist, die Versicherten auf ihrem Weg durch das System besser zu leiten, als dass sie sich diesen Weg selbst bahnen müssen. Aber auch dafür brauchen wir keine Gesundheitskioske.
Hier sind wir als KBV und als Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) gefragt. Und wir haben längst geliefert. Es gibt viele hervorragende Projekte und Angebote im und aus dem KV-System, die das unter Beweis stellen. Ein Beispiel ist die Akutversorgung.
Sie als KVen haben in den Regionen, oft in guter Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern vor Ort und teilweise auch mit dem Rettungsdienst, die notwendigen Strukturen geschaffen, um Patientinnen und Patienten schnell und gezielt die Art von Versorgung zukommen zu lassen, die sie benötigen und gleichzeitig die Notaufnahmen von nicht lebensbedrohlichen Fällen zu entlasten.
Dabei kommen insbesondere auch die neuen digitalen Möglichkeiten, sei es in Form einer softwaregestützten medizinischen Ersteinschätzung oder telemedizinischer Angebote, zum Einsatz.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat den gesetzlichen Auftrag, eine Richtlinie zum Ersteinschätzungsverfahren des Versorgungsbedarfs in der Notfallversorgung zu verabschieden. Die Diskussionen hierzu sind weit fortgeschritten und wir erwarten nun schnellstmöglich die Verabschiedung dieser unbedingt erforderlichen Richtlinie, um dann endlich eine nachhaltige Finanzierung erhalten zu können, die es erlaubt, das System zu skalieren.
Denn es fehlt weder an Ideen noch an Engagement, noch an der konkreten Umsetzung. Das einzige, woran es fehlt, ist eine gesetzlich geregelte, strukturelle Finanzierung. Die Vertragsärztinnen und -ärzte und die Vertragspsychotherapeutinnen und -therapeuten schultern hier einen gesellschaftlichen Bedarf, dessen Lösung Teil der Daseinsvorsorge ist.
Sie tragen dazu bei, die begrenzten Ressourcen nicht zu verschwenden, sondern dort wirken zu lassen, wo sie wirklich gebraucht werden. Deshalb kann es nicht sein, dass diese Art von Versorgung beziehungsweise deren Vorhaltekosten aus der vertragsärztlichen Vergütung und damit letztlich von den Ärztinnen und Ärzten selbst bezahlt werden.
Diese Kosten müssen den KVen erstattet werden. Das wäre eine sehr viel bessere Investition in die Versorgung der Menschen als die vielen Millionen von Euro, die irgendwelche Gesundheitskioske kosten werden.
Was hingegen gar nicht hilft, sondern im Gegenteil die Versorgung deutlich schwächen würde, sind die Pläne der Regierungskommission für die Notfallversorgung. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass kein einziger Praktiker aus der ambulanten Versorgung in dieser Kommission mit am Tisch gesessen hat, dann ist dieser Beweis spätestens mit dem Vorschlag zur Besetzung der Bereitschaftspraxen erbracht.
Demnach sollen an allen Kliniken der höchsten Notfallstufe 3 die Bereitschaftspraxen in den Integrierten Notfallzentren (INZ) rund um die Uhr geöffnet sein. An allen Krankenhäusern der Notfallstufe 2 empfiehlt die Kommission eine Besetzung der Bereitschaftspraxis montags bis freitags von 14 bis 22 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen von 9 bis 21 Uhr.
Darüber hinaus sollen, wo regional erforderlich, auch an Kliniken der Notfallstufe 1 Bereitschaftspraxen oder Medizinische Versorgungszentren im 24/7-Betrieb eingerichtet werden. Des Weiteren schlägt die Kommission vor, den fahrenden ärztlichen Bereitschaftsdienst ebenfalls rund um die Uhr vorzuhalten, also auch wenn die Praxen regulär geöffnet sind.
Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) hat ausgerechnet, was das im Umkehrschluss für die Praxen und deren Patienten bedeuten würde. Zum einen würde es bedeuten, dass die Zahl der Bereitschaftsdienstpraxen in der Fläche bis zur Hälfte reduziert werden könnte, da diese ja nur noch an bestimmten Kliniken angesiedelt wären.
Um aber die erweiterten Öffnungszeiten in den INZ zu ermöglichen, müssten rund 600 Vertragsarztpraxen täglich geschlossen werden – schließlich kann jeder Arzt und jede Ärztin immer nur an einem Ort sein. Dies wiederum hätte zur Folge, dass rund vier Millionen Patientenkontakte jährlich in der Regelversorgung wegfielen, denn wenn die Kolleginnen und Kollegen ihre Praxen vorzeitig schließen müssen, können sie dort auch niemanden mehr versorgen.
Wenn dann aber die Patientinnen und Patienten schon Dienstagnachmittag vor verschlossenen Türen stehen, werden einige davon in ihrer Ratlosigkeit wiederum verstärkt in die Notaufnahmen gehen. Das Zi rechnet in der Folge mit einer Million zusätzlicher Besuche dort. Statt also die ambulante Regelversorgung zu stärken und die Notaufnahmen zu entlasten, hätte man am Ende das Gegenteil erreicht.
Würde zusätzlich, wie empfohlen, der fahrende Bereitschaftsdienst auf die Praxisöffnungszeiten ausgedehnt, müssten rund 850 weitere Praxen täglich geschlossen werden. Betroffen wäre vor allem die hausärztliche Versorgung, da diese vom Bereitschaftsdienst rein quantitativ am stärksten belastet ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Beispiel zeigt, dass viele Reformvorschläge der von Minister Lauterbach rekrutierten Experten einfach nicht zu Ende gedacht sind. Und warum ist das so? Weil sie viel zu oft nur einen Ausschnitt des Versorgungsgeschehens betrachten, statt das große Ganze.
Und weil die aktuelle Gesundheitspolitik alles im Blick hat, bis hin zur Cannabis-Legalisierung, nur nicht die Versorgung in den Praxen mit ihren über eine Milliarde Patientenkontakten im Jahr. Mit dieser selektiven Wahrnehmung angeblich goldener Kälber und mit dieser selektiven Politik muss endlich Schluss sein!
Die Digitalisierung ist inzwischen auch solch ein goldenes Kalb. Man hat fast den Eindruck, es gehe nur noch ums Prinzip und gar nicht mehr um eine bessere Versorgung. Dabei wären sicher die allermeisten Praxen sofort dabei, wenn die Digitalisierung eine spürbare Verbesserung der Versorgung und vielleicht sogar Arbeitserleichterungen brächte. Etwa mehr Zeit, um sich um Patienten zu kümmern. Das genaue Gegenteil ist bisher der Fall.
Einmal nur aus der Versorgung und aus Sicht der Praxen gesprochen: Nachdem wir uns bisher permanent um schlecht funktionierende Technik, Prozesse und fehlende Finanzen für die Digitalisierung streiten mussten, mit wenig Einsicht seitens der Politik, müssen wir offenbar unsere Ansprüche auf zwei ganz minimale, aber nicht verhandelbare Grundforderungen reduzieren und ein Angebot machen, um doch noch voranzukommen.
Wir sind die Spezialisten für Prozesse der ambulanten Patientenversorgung. Wir stehen bereit, diese gemeinsam und konstruktiv mit technischen Experten für Digitalisierung zur Verbesserung der Versorgung und der Abläufe in den Praxen in ein digitales Zeitalter zu überführen. Hierzu müssen zwei Minimalbedingungen erfüllt sein:
- Ein Prozess muss nachher so stabil und zuverlässig laufen wie vorher.
- Ein Prozess darf cum grano salis nicht länger dauern als vorher.
Sind diese ganz banalen Bedingungen nicht erfüllt, können wir die Transformation eines Prozesses nicht unterstützen. Selbstverständlich gibt es darüber hinaus noch eine Reihe weiterer wichtiger Kriterien, die ein digitaler Prozess erfüllen muss, bevor er in der Fläche implementiert werden darf. So weit wären wir aber beim bisherigen Vorgehen mit keinem der aktuellen digitalen Prozesse – Stichwort eRezept – gekommen, da schon die ersten beiden Bedingungen nicht erfüllt sind!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, um bei aller Kritik auch einmal positiv herauszustellen, dass Politik lern- und handlungsfähig sein kann, lässt sich die Situation der kinder- und jugendärztlichen Versorgung im vergangenen Winter heranziehen. Leider bedurfte es erst einer akuten Notlage, bevor die Politik hier reagiert hat. Immerhin ist bei der Entbudgetierung der vertragsärztlichen Vergütung jetzt ein Anfang gemacht, aber es bleibt ein zähes Ringen und die gefundene Lösung ist ein bürokratischer Moloch.
Dabei könnte es so einfach sein: Jede ärztliche und psychotherapeutische Leistung muss endlich bezahlt werden. Das wäre das beste und wirkungsvollste Instrument, um die ambulante ärztliche Versorgung von morgen sicherzustellen. Dafür bedarf es keiner komplizierten Rechenwege. Wir wollen keine neuen bürokratischen Monster. Wir erwarten nun den vom Minister zugesagten nächsten Schritt auf diesem Weg in Form der Endbudgetierung der Hausärzte.
Allerdings gilt es auch dringend, den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) den strukturellen Anforderungen zur Sicherstellung der Versorgung, etwa in ländlichen Regionen, anzupassen, etwa über Zuschläge. Hierzu werden wir die Unterstützung des Gesetzgebers brauchen, da unser Verhandlungspartner für den EBM, der GKV-Spitzenverband, bisher keine Anstalten macht, sich auf diesem Gebiet freiwillig auf Gespräche einzulassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das bringt mich zum nächsten Thema, der ärztlichen Weiterbildung. Die Weiterbildung in ärztlichen und psychotherapeutischen Praxen ist unverzichtbar, um die Gesundheitsversorgung weiterhin in allen Bereichen sicherzustellen. Die Krankenhäuser sind schon heute faktisch nicht mehr in der Lage, alle notwendigen Inhalte der ärztlichen Weiterbildung in allen Fachgruppen zu vermitteln – einfach, weil viele der entsprechenden Prozeduren gar nicht mehr stationär stattfinden. Das merken auch die jungen Kolleginnen und Kollegen.
Der Marburger Bund hat 2021 eine Umfrage unter Weiterbildungsassistenten gemacht. Auf die Frage „Werden Ihrer Einschätzung nach die geforderten Weiterbildungsinhalte während Ihrer alltäglichen klinischen Arbeit ausreichend vermittelt?“ antworteten 51 Prozent mit „Nein, eher nicht“ und weitere 13 Prozent mit „Nein, gar nicht“! Nur ein Drittel hatte das Gefühl, die notwendigen Kenntnisse ausreichend vermittelt zu bekommen.
Fakt ist:
Durch die zunehmende Ambulantisierung wächst der Bedarf an ambulanter Weiterbildung in allen Fachgebieten. Die Weiterbildung in der Praxis ist ein gutes und wirkungsvolles Mittel, um den jungen Kolleginnen und Kollegen nicht nur das nötige fachliche Rüstzeug, sondern auch die vertragsärztliche beziehungsweise vertragspsychotherapeutische Tätigkeit als solche nahezubringen.
Sie ist somit ein wesentlicher Beitrag, um die Versorgung der Zukunft zu sichern. Hier schließt sich der Kreis zu dem, was ich vorhin sagte: Auch hier leisten die Praxen und das KV-System eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die sie und wir jedoch in dem erforderlichen Umfang finanziell nicht alleine stemmen können. Bei unserer Klausursitzung Anfang Mai haben wir das Thema bereits diskutiert und erste Überlegungen dazu festgehalten.
Ich freue mich, dass wir als ersten Schritt ein gemeinsames Commitment zum Stellenwert der ambulanten Weiterbildung und ihrer Förderung in den Praxen festgehalten haben. Deren Ausgestaltung muss sich an den unterschiedlichen Bedarfen im hausärztlichen, fachärztlichen und psychotherapeutischen Bereich orientieren, hier gibt es nicht die eine Schablone, die für alle passt. Klar ist, dass die Kolleginnen und Kollegen in Weiterbildung approbierte Ärztinnen und Ärzte und Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind, die mit ihrer Arbeit einen nicht unerheblichen Anteil der Patientenversorgung leisten.
Mit dem Auftrag aus der Klausur können wir nun gemeinsam mit den KVen und allen anderen Beteiligten weiter an dem Thema arbeiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute will ich zum Schluss den Blick nach Brüssel richten und auf die dort reifenden Pläne für einen europäischen Gesundheitsdatenraum, kurz EHDS. Um es klar zu sagen: Was die EU-Kommission da betreibt, ist beängstigend.
Ich hatte im März Gelegenheit, bei einer von der KBV gemeinsam mit der Bundesärztekammer ausgerichteten Veranstaltung in Brüssel direkt mit Vertretern des Parlaments, der Kommission und der Patientenorganisationen zu diskutieren. Dabei wurde für mich deutlich, dass insbesondere die potenziellen Auswirkungen der geplanten Verfügbarkeit und kommerziellen Nutzung von Gesundheitsdaten auf das Arzt-Patienten-Verhältnis kaum gesehen werden.
Besonders erschreckend fand ich, dass selbst die anwesende Patientenvertreterin von persönlichen Gesundheitsdaten als „öffentlichem Gut“ sprach, „das nutzbar gemacht werden solle“. Das Thema bleibt herausfordernd und wird uns weiter begleiten, nicht zuletzt im Kontext des von Minister Lauterbach angekündigten Gesundheitsdatennutzungsgesetzes.
Der einzige kleine „Trost“ bei diesem Thema ist, dass der Zeitplan der EU-Kommission für die praktische Umsetzung des EHDS völlig unrealistisch ist. Und auch das BMG hat den Zeitplan für sein Datennutzungsgesetz kürzlich relativiert. Doch spätestens, wenn konkrete Inhalte vorliegen, müssen und werden wir uns erneut mit dem Thema beschäftigen.
Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt genug zu tun und auch wenn es politisch wenig Verständnis zu geben scheint: Kneifen gilt nicht! Wer nicht kämpft, hat schon verloren. In diesem Sinne lassen Sie uns gemeinsam gut abgestimmt, konstruktiv aber kämpferisch sein!
Vielen Dank
(Es gilt das gesprochene Wort.)