Wie bewerten Sie den Entwurf zum neuen Digital Gesetz?
Dr. Sibylle Steiner, Mitglied des Vorstands der KBV: Ja, das BMG hat ja mit seiner Digitalisierungsstrategie letztendlich Nutzerorientierung angekündigt. Stattdessen sehen wir im Referentenentwurf jetzt Sanktionen und Bußgelder gegen Ärztinnen, Ärzte und Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Das sehen wir natürlich sehr kritisch. Und man muss einfach sagen, wenn man die Digitalisierung zum Erfolg führen möchte, dann muss man mit den Ärztinnen und Ärzten und Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten arbeiten und eben nicht gegen sie.
An welchen Stellen müsste nachgebessert werden?
Wir haben eine umfangreiche Stellungnahme, auch mit umfangreichem Nachbesserungsbedarf eingereicht. Die Liste ist insofern lang. Drei zentrale Punkte aus unserer Sicht sind einmal die Streichung der Sanktionen und der Bußgelder. Dann brauchen wir einfache und klare Regelungen zu Zugriffsrechten und Widerspruchsrechten der Patienten, der Versicherten bei der ePA, die dann nämlich diese Diskussion und den Informationsbedarf nicht in die Arztpraxen und Psychotherapeutenpraxen verlagern. Und als dritten Punkt brauchen wir klare Vorgaben, Leistungsvorgaben für die PVS-Hersteller, damit in der Praxis praxistaugliche Anwendungen ankommen.
Welchen Vorteil bringt die ePA für Patienten und Praxen?
Also die Ärztinnen und Ärzte und Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, spielen eine ganz zentrale Rolle natürlich in der Umsetzung der ePA. Einfach deshalb, weil sie 1 Milliarde Patienten-Kontakte pro Jahr haben.
Und natürlich spielt die ePA auch eine Rolle für die, in ihrer Funktion für die innerärztliche Kommunikation und davon profitieren auch die Patientinnen und Patienten. Man muss aber auch dazu sagen, dass natürlich die Akzeptanz und die Funktionstauglichkeit der ePA ganz entscheidend von der Performanz der PVS-Systeme abhängt und dazu fehlen uns eben auch die, wie schon gesagt, die Regelungen im Gesetz.
Positiv kann man sicherlich sehen, ist diese Anwendung der Medikationsübersicht über die verordneten und abgegebenen Medikamente, dass diese dann auch einfach in den Medikationsplan übernommen werden soll. Das ist sicherlich ein Vorteil für Patienten wie auch für Ärzte. Was wir daran kritisch sehen, ist, dass eben dann die Bearbeitbarkeit durch die Versicherten ermöglicht sein soll und Teile von Informationen gelöscht werden können. Das ist wiederum natürlich sicherlich nicht im Sinne der Patientensicherheit.
Was bedeutet die Opt-Out-Lösung bei der ePA?
Die Opt-Out-Lösung bedeutet, dass die Krankenkassen den Versicherten ab 15. Januar 2025 eine ePA zur Verfügung stellen müssen. Aber die Patienten können dann aktiv der Einrichtung dieser ePA widersprechen. Was wir im Gesetzentwurf sehen, ist ein relativ komplexes Regelungsgeflecht an Informations- und Zugriffs- und auch Widerspruchsregelungen und wir haben da wirklich die Sorge, dass ein Teil dieser Informations- und Beratungspflichten in den Arztpraxen ankommt. Und das ist natürlich eine Verlagerung von Verwaltungstätigkeit in die Arztpraxen, die wir sehr kritisch sehen und ablehnen.
Wie kann die Digitalisierung im Gesundheitswesen gelingen?
Also in erster Linie muss man die die Nutzerinnen und Nutzer mitnehmen und sie in die Entwicklung von neuen Anwendungen einbeziehen. Dann muss man ausreichend getestete Anwendungen auf den Markt bringen, bevor man in einen flächendeckenden Rollout geht. Das sehen wir zum Beispiel als Negativbeispiel beim eRezept. Wir brauchen auch ein Praxis-Zukunfts-Gesetz, durch das die Investitionen der Praxen in funktionstüchtige, ausreichend getestete und auch nutzerfreundliche IT-Anwendungen finanziert wird.
Der Gesetzentwurf zur Digitalisierung im Gesundheitswesen - kurz DigiG - wurde jüngst vom Bundeskabinett verabschiedet. Zentraler Bestandteil ist die ePA, die ab 2025 allen Patienten zur Verfügung stehen soll. Kritisch sieht die KBV an dem Gesetzentwurf, dass weiterhin mit Sanktionen gedroht wird. Dr. Sibylle Steiner, Mitglied des Vorstands der KBV, erläutert, wo außerdem nachgebessert werden müsste.