Anämie - Empfehlungen zur Labordiagnostik
Anämien gehören zu den häufigsten Komplikationen zahlreicher Erkrankungen, vor allem bei infektiösen und nichtinfektiösen Entzündungen, Mangelzuständen, Leber- oder Nierenerkrankungen oder bei Neoplasien. Als Anämie wird die Verminderung der Hämoglobinkonzentration unterhalb des alters- und geschlechtsspezifischen Referenzwertes definiert.
Diese Verminderung kann durch eine verringerte Gesamtzahl der Erythrozyten, eine Abnahme des Hämoglobingehaltes der einzelnen Erythrozyten, aber auch in bestimmten Fällen durch eine Zunahme des Plasmavolumens und einer daraus resultierenden relativen Abnahme der Erythrozytenmasse (Pseudoanämie) bedingt sein.
Nach der WHO-Klassifikation liegt eine Anämie vor, wenn bei Männern die Hb-Konzentration unter 130 g/l, bei Frauen unter 120 g/l und bei Schwangeren unter 110 g/l liegt. Die Grenzwerte bei Kindern für Anämien müssen altersabhängig bewertet werden. Angeborene oder erworbene Ursachen für die Ausbildung einer Anämie können unter anderem Störungen der Blutbildung, ein gesteigerter Erythrozytenabbau, Blutungen und Verteilungsstörungen sein.
Eine Klassifizierung der Anämien kann z. B. anhand der Erythrozytenindizes
- MCV (mittleres korpuskuläres Volumen),
- MCH (mittlerer korpuskulärer Hämoglobingehalt) und
- MCHC (mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration) sowie der
- Retikulozytenzahl
erfolgen.
Dabei werden Anämien anhand des MCV in mikrozytäre, normozytäre und makrozytäre Anämien eingeteilt. Anhand des MCH ist eine Einteilung in hypochrome, normochrome und hyperchrome Anämien möglich. Differentialdiagnostisch hat sich die Klassifizierung anhand des MCV als wertvolle Grundlage für die Durchführung einer sinnvollen laboratoriumsmedizinischen Stufendiagnostik erwiesen.