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Stand 20.04.2023

Labordiagnostik

Eisenmangel - Empfehlungen zur Labordiagnostik

Eisenmangel gilt als die weltweit häufigste Mangelerkrankung des Menschen und ist mit mindestens 50 Prozent die häufigste Ursache einer Anämie. Er hat Auswirkung auf den gesamten Organismus und ist die Ursache vieler klinischer Symptome und Befunde, die nahezu alle medizinischen Fachgebiete betreffen können.

Der Eisenmangel ist definiert als Verminderung des Gesamtkörpereisens und entsteht durch ein Missverhältnis zwischen Eisenaufnahme und -bedarf. Dabei kann die Ursache im erhöhten Verlust des Eisens, in der ungenügenden Eisenzufuhr mit der Nahrung oder im gesteigerten Bedarf an Eisen liegen.

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Zu einem spürbaren Eisenverlust kann es bei größeren Blutverlusten, zum Beispiel durch chronische Blutungen im Magen-Darm-Trakt bei Entzündungen und Tumoren, bei Unfällen oder Operationen oder aufgrund eines Blutzerfalls (Hämolyse), aber auch durch Blutspenden kommen. Bei Frauen spielt der menstruationsbedingte Eisenverlust die wichtigste Rolle, weshalb Frauen im gebärfähigen Alter besonders von Eisenmangel betroffen sind.

Eine ernährungsbedingte zu geringe Eisenzufuhr findet man häufig bei Vegetariern und Veganern, da die Eisenaufnahme aus pflanzlichen Produkten weitaus schlechter ist als aus tierischen Lebensmitteln. Zusätzlich enthält die pflanzliche Kost häufig auch Hemmer der Eisenresorption, die der Eisenaufnahme vom Darm ins Blut entgegensteuern.

Für eine gestörte Eisenresorption können außerdem chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie eine Helicobacter pylori-Infektion, ein Parasitenbefall oder eine atrophische Gastritis verantwortlich sein. Die Eisenaufnahme wird auch durch die Einnahme bestimmter Medikamente beeinträchtigt, z. B. durch Acetylsalicylsäure, Antazida oder Medikamente zur Cholesterinsenkung.

Für einen gesteigerten Eisenbedarf kommen neben Wachstum, Schwangerschaft und Stillzeit auch ein Mehrbedarf an Eisen aufgrund der Therapie eines Vitamin B12- und/oder Folsäuremangels in Frage. Sportler zeigen ebenfalls einen erhöhten Eisenbedarf, da der Energie- und Sauerstoffumsatz zunimmt und deshalb vermehrt Hämoglobin und Erythrozyten gebildet werden.

Klinische Fragestellung

Unspezifische Symptome mit Verdacht auf Eisenmangel:

  • Müdigkeit
  • Konzentrationsschwäche
  • Leistungsabfall
  • Schwindel
  • erhöhte Infektanfälligkeit
  • bei Kindern verminderte mentale Entwicklung

Klinische Zeichen eines schweren Eisenmangels:

  • Glossitis (Zungenentzündung)
  • Stomatitis (Entzündung der Mundschleimhaut)
  • Nagel- und Haarveränderungen
  • Restless-Legs-Syndrom

Die Anamnese sollte Fragen zu den jeweiligen Lebens- und Ernährungsgewohnheiten, aber auch zu Vorerkrankungen und Medikamenteneinnahmen umfassen. Bei Frauen im gebärfähigen Alter sollte über die Häufigkeit, Dauer und Schwere der Regelblutung gesprochen werden.

Laborparameter

Ferritin: Die Serumkonzentration von Ferritin korreliert in gewissen Grenzen mit dem im Körper vorhandenen Speichereisen. Die Bestimmung wird bei der Diagnostik des Eisenstoffwechsels eingesetzt und kann in Kombination mit CRP erfolgen, um eine Pseudonormalisierung des Ferritins bei Akute-Phase-Reaktionen – und damit das Übersehen eines möglichen Eisenmangels – ausschließen zu können.

CRP: Das C-reaktive Protein ist ein Plasmaprotein, das in der Leber gebildet wird und zu den sogenannten Akute-Phase-Proteinen und den Entzündungsparametern zählt.

Löslicher Transferrinrezeptor: Lösliche Transferrinrezeptoren (sTfR) sind Transferrinrezeptoren, die frei im Blutplasma vorliegen. Mit dem sTfR-Wert lässt sich der aktuelle Eisenbedarf abschätzen. Zusammen mit dem CRP-Wert kann anhand des von Akute-Phase-Reaktionen unabhängigen sTfR beurteilt werden, ob eine Anämie durch eine Entzündung, eine chronische Erkrankung oder durch einen Eisenmangel verursacht wird.

Basisdiagnostik und weiterführende Diagnostik

Bei Verdacht auf einen Eisenmangel ist die Bestimmung der Ferritinkonzentration im Plasma/Serum der wichtigste Laborparameter, da die Ferritinkonzentration eine zuverlässige Aussage über die im Körper vorhandene Eisenmenge erlaubt.

Die Bestimmung der Eisenkonzentration im Plasma/Serum wird hingegen nicht empfohlen, da dieser Wert einem zirkadianen Rhythmus unterliegt und sich somit keine zuverlässigen Aussagen zum Körpereisenstatus daraus ableiten lassen. Damit ist Ferritin durch seine Korrelation mit den Eisenspeichern prinzipiell der sensitivste Parameter des Eisenstoffwechsels, der laut WHO-Leitlinie bei Werten < 15 µg/l einen Speichereisenmangel anzeigt.

Die Aussagekraft dieses Parameters wird allerdings durch seine Eigenschaft als Akute-Phase-Protein eingeschränkt. Liegt durch eine Infektion bzw. eine akute oder chronische Erkrankung eine Entzündung vor, kann dies fälschlicherweise zu erhöhten Ferritinwerten führen, obwohl die Eisenspeicher leer sind, wodurch ein bestehender Eisenmangel maskiert wird. Deswegen ist es ratsam, bei erhöhten Werten CRP als Entzündungsmarker mitzubestimmen.

Bei Ferritinwerten im Referenzbereich ist für die Abgrenzung einer echten Eisenmangelanämie von einem funktionellen Eisenmangel, z. B. einer ACD (Anemia of Chronic Disease), die zusätzliche Bestimmung des löslichen Transferrinrezeptors (sTfR) diagnostisch wegweisend. Die Konzentration des sTfR liegt bei einer ACD ebenfalls im Normbereich, ist jedoch bei einem absoluten Eisenmangel zusammen mit CRP erhöht.

Der lösliche Transferrinrezeptor hat dabei weitgehend die Transferrinsättigung bei der Diagnose des funktionellen Eisenmangels abgelöst. Transferrin ist ein sogenanntes negatives Akute-Phase-Protein, da seine Synthese bei Entzündungsprozessen trotz normaler Eisenspeicher heruntergeregelt wird. Zusätzlich unterliegt die Transferrinsättigung, wie das Serumeisen, zirkadianen Schwankungen, womit die Bewertung dieser Messgröße stark eingeschränkt ist.

Bei Verdacht auf einen Eisenmangel kann zusätzlich die Beurteilung der errechenbaren Erythrozytenverteilungsbreite (Red Cell Distribution Width, RDW) als Korrelat für die beim Eisenmangel charakteristische Anisozytose herangezogen werden. In unklaren Fällen sollte die Interpretation der Ergebnisse aber in jedem Fall durch Absprache zwischen dem Kliniker und dem Facharzt für Laboratoriumsmedizin erfolgen.

Literaturverzeichnis

  • Anämie / Eisenstoffwechsel; LaborInfo 145.3, Stand November 2017, Labor 28
  • Anämie; Diagnostischer Pfad, Stand November 2017, Labor 28
  • Anämiediagnostik im Kindesalter; AWMF-Leitlinie, Stand 02.05.2018, Registernummer 025 – 027, Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH)
  • Anämiediagnostik; Diagnostische Pfade in der Laboratoriumsmedizin, Stand März 2014, Nordlicht aktuell
  • Aplastische Anämie; Onkopedialeitlinie, Stand August 2018, Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO)
  • Diagnostik des Eisenmangels; Diagnostische Pfade in der Laboratoriumsmedizin, Stand November 2014, Nordlicht aktuell
  • Eisenmangel und Eisenmangelanämie; Onkopedialeitlinie, Stand Juli 2021, Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO)
  • Eisenmangel; mediX-Leitlinie, Stand November 2020, Verein mediX
  • Iron deficiency; Pasricha et al., 2021, Lancet; 397: 233–48 
  • Klinikhandbuch Labordiagnostische Pfade, W. Hofmann, J. Aufenanger, G. Hoffmann (Hrsg.), De Gruyter Verlag, 2. Auflage, 2014
  • Labor und Diagnose, Thomas L., TH-Books, 8. Auflage, 2012
  • Laborkompendium; Richtlinie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Stand April 2014, KBV
  • Präoperative Anämie; AWMF-Leitlinie, Stand 11.04.2018, Registernummer 001 – 024, Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) 
  • Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen - interdisziplinäre Querschnittsleitlinie; AWMF-Leitlinie, Stand 11.11.2016, Registernummer 032 – 054OL, Deutsche Krebsgesellschaft e.V. (DKG)
  • WHO guideline on use of ferritin concentrations to assess iron status in individuals and populations; WHO-Leitlinie, Stand 2020, Geneva: World Health Organization 

Hinweis: Die Laborpfade sind lediglich eine Empfehlung und nicht verbindlich.