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Stand 07.12.2023

Kryokonservierung

Fertilitätserhalt bei keimzellschädigender Behandlung

Mit der Kryokonservierung haben schwerkranke Menschen die Möglichkeit, sich trotz einer keimzellschädigenden Behandlung, zum Beispiel einer Strahlentherapie, ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Die Kosten werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Auf dieser Seite finden Praxen Informationen zu den Voraussetzungen für eine Kryokonservierung, dem Ablauf der Beratung der Patientinnen und Patienten sowie zur Vergütung der Leistungen.

Überblick

Die Kryokonservierung umfasst die Vorbereitung, Entnahme und Aufbereitung sowie den Transport, das Einfrieren, die Lagerung und das spätere Auftauen von Ei- oder Samenzellen sowie Keimzellgewebe.

Alle Details wie Voraussetzungen, Art und Umfang des Leistungsanspruchs von Versicherten auf Kryokonservierung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in der Richtlinie zur Kryokonservierung.

Beratung und Indikationsstellung

Ob eine Therapie keimzellschädigend sein kann, entscheidet der Facharzt, der auch die Grunderkrankung diagnostiziert oder die Behandlung initiiert. Er führt die erste Beratung durch und stellt die Indikation zu einer reproduktionsmedizinischen sowie soweit erforderlich andrologischen Beratung zur Kryokonservierung. Zu keimzellschädigenden Behandlungen zählen insbesondere:

  • eine operative Entfernung von Keimdrüsen
  • eine Strahlentherapie mit zu erwartender Schädigung der Keimdrüsen
  • potenziell fertilitätsschädigende Medikamente

Wer beraten darf: Ärztinnen und Ärzte aller Fachrichtungen, wenn sie die Grunderkrankung diagnostiziert haben.

Bescheinigung ausstellen: Um die Informationswege kurz zu halten, stellt der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin eine Bescheinigung aus. Darin muss die Grunderkrankung angegeben werden, eine etwaige vorangegangene Therapie der Grunderkrankung, die geplante keimzellschädigende Therapie, bekannte Komorbiditäten, bei Frauen, ob ein hormonabhängiger Tumor vorliegt, und ob bereits die Menarche stattgefunden hat. Zudem wird eine Empfehlung zum Zeitfenster für die Kryokonservierung gegeben. Mit dieser Bescheinigung geht die betroffene Person zur reproduktionsmedizinischen Beratung.

Eine Überweisung oder eine Genehmigung durch die zuständige Krankenkasse sind nicht erforderlich.

Reproduktionsmedizinische Beratung

Vor jeder Kryokonservierung steht die reproduktionsmedizinische Aufklärung. Sie sollte möglichst zeitnah nach der Diagnosestellung beziehungsweise vor Therapie der Erkrankung erfolgen. Diese zweite Beratung führt ein reproduktionsmedizinisch oder andrologisch qualifizierter Facharzt beziehungsweise Fachärztin durch.

Ablauf der Beratung: Die beratende Medizinerin oder der beratende Mediziner sollte mit der oder dem Betroffenen die Optionen zur Fertilitätsprotektion besprechen. Dazu gehören eine Abwägung der Vor- und Nachteile einer Keimzellgewinnung im Vergleich zu einer Keimgewebsentnahme, um dann gemeinsam zu entscheiden, ob Ei- oder Samenzellen oder Keimzellgewebe entnommen und kryokonserviert werden sollen.

Zudem wird in der Beratung das Vorliegen der medizinischen Indikation geprüft – unter Berücksichtigung der Grunderkrankung, des Alters der Patientin oder des Patienten sowie der Prognose inklusive der Erörterung der Erfolgsaussichten und Risiken der möglichen Maßnahmen und damit eventuell verbundener psychosozialer Belastungen.     

Wer beraten darf: Zu einer reproduktionsmedizinischen Beratung und Aufklärung sind Fachärztinnen und Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit Schwerpunkt Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin berechtigt.

Bei Männern können nur Fachärztinnen und Fachärzte die reproduktionsmedizinische Beratung durchführen, die auch die Gewinnung von Samenzellen und die Entnahme von Keimzellgewebe anbieten.

Anspruch der Versicherten

Der Anspruch auf Entnahme und Kryokonservierung von Ei- oder Samenzellen oder Keimzellgewebe sowie entsprechender medizinischer Maßnahmen wegen keimzellschädigender Therapie ist alters- und geschlechtsspezifisch geregelt.

Frauen

  • ab der Menarche (1. Regelblutung)
  • bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres

Männer

  • ungefähr von dem Zeitpunkt des ersten Samenergusses, wenn die Person aus Sicht der Ärztin oder des Arztes zur Einwilligung fähig ist
  • bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres

Kinder und Jugendliche

  • Die Leistungen der Richtlinie zur Kryokonservierung stehen aktuell für präpubertäre Altersstufen nicht zur Verfügung. Der G-BA überprüft die wissenschaftliche Datenlage und berät ab 2024 auf Grundlage der Ergebnisse über die eventuelle Anpassung der Regelungen.

Kostenübernahme durch die Krankenkassen

Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen werden die mit der Kryokonservierung zusammenhängenden Leistungen bis einschließlich des Auftauens zu 100 Prozent von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Nach dem Auftauen des Gewebes gilt die Richtlinie des G-BA zur künstlichen Befruchtung, so dass dann die Paare 50 Prozent der Kosten selbst zahlen müssen. Nähere Informationen erhalten Versicherte bei ihrer Krankenkasse.

Hinweis zur zulassungsüberschreitenden Gabe von Medikamenten bei unter 18-Jährigen: Es gibt aktuell keine Arzneimittel zur hormonellen Stimulation, die auch für Kinder und Jugendliche zugelassen sind. Die Verwendung dieser Arzneimittel bei Frauen vor Vollendung des 18. Lebensjahres erfolgt zulassungsüberschreitend. Es fehlt bislang eine konkrete gesetzliche Regelung zum Umgang mit derartigen Fällen. Deshalb wird empfohlen, bei einer zulassungsüberschreitenden Anwendung von Medikamenten eine Kostenübernahmeerklärung bei der Krankenkasse einzuholen. Zudem sind diese Medikamente wie auch bei über 18-Jährigen bei sexualhormonabhängigen Tumoren wie bei Eierstocks-, Gebärmutter- oder Brustkrebs kontraindiziert.

Berechtigte Ärztinnen und Ärzte

Ärztinnen und Ärzte, die Kryokonservierungen durchführen, müssen bestimmte Anforderungen erfüllen. Diese sind in der Richtlinie des G-BA geregelt (Paragraf 6). Darüber hinaus sollten sie bei ihrer Kassenärztlichen Vereinigung erfragen, ob sie eine Genehmigung benötigen, da dies unterschiedlich geregelt wird und in der Richtlinie nicht festgelegt ist.

Eine Keimzellgewinnung dürfen nur Gynäkologinnen und Gynäkologen mit einem „Schwerpunkt Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin“ durchführen. Zudem müssen in der Praxis Kenntnisse und Erfahrungen zur Endokrinologie der Reproduktion, zur gynäkologischen Sonographie, zur operativen Gynäkologie sowie zur Reproduktionsbiologie vorhanden sein. Die regelmäßige Kooperation mit einer Humangenetikerin oder einem Humangenetiker sowie mit einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten muss gewährleistet sein.

Zur operativen Entnahme von Ovarialgewebe sind Fachärztinnen und Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe berechtigt, bei Kindern und Jugendlichen auch Kinderchirurginnen und Kinderchirurgen.  

Zur Gewinnung von Samenzellen und der Entnahme von Keimzellgewebe bei Männern sind Fachärztinnen und Fachärzte mit der Zusatz-Weiterbildung Andrologie berechtigt, die auch operieren. Sie müssen in der Lage sein, ein Spermiogramm zu erstellen und falls erforderlich eine testikuläre Spermienextraktion (TESE) durchzuführen.

Abrechnung und Vergütung

Die Vergütung der Kryokonservierung ist im Abschnitt 8.6. des EBM festgelegt. Die Leistungen werden extrabudgetär und somit zu festen Preisen vergütet.

GOP Beschreibung Bewertung
08619 Beratung

90 Punkte

1x im Krankheitsfall*

08621

Reproduktionsmedizinische Beratung und Aufklärung zur Kryokonservierung von Ei- oder Samenzellen oder von Hodengewebe

128 Punkte

je vollendete 10 Minuten,
höchstens 2x im Krankheitsfall*

08622

Reproduktionsmedizinische Beratung und Aufklärung im Zusammenhang mit der Kryokonservierung von Ovarialgewebe

Hinweis: Die GOP ist sowohl vor der Entnahme von Ovarialgewebe als auch vor dem Auftauen des Ovarialgewebes berechnungsfähig.

128 Punkte

je vollendete 10 Minuten, 3x im Krankheitsfall* (4x mit Begründung der medizinischen Notwendigkeit)

08623 Andrologische Beratung, die zusätzlich zu den Leistungen unter 08621 notwendig ist

90 Punkte

1x im Krankheitsfall*

 

08635 Stimulationsbehandlung zur Kryokonservierung von Eizellen

1.991 Punkte

1x im Zyklusfall

08637 Ultraschallgezielte und/oder laparoskopische Follikelpunktion zur intendierten Eizellentnahme 365 Punkte
08638 Zuschlag zur GOP 08637 bei ambulanter Durchführung 447 Punkte
08639 Identifizierung von Eizelle(n) in der Follikelflüssigkeit und Beurteilung der Reifestadien der Eizelle(n) zur Kryokonservierung, nach Durchführung einer ultraschallgezielten und/oder einer laparoskopischen Follikelpunktion 157 Punkte
08640 Gewinnung, Untersuchung und Aufbereitung des Spermas 168 Punkte
08641 Aufbereiten und Untersuchung von Hodengewebe nach testikulärer Spermienextraktion 242 Punkte
08642 Aufbereiten und Untersuchung von Ovarialgewebe nach Entnahme zur Kryokonservierung 1.210 Punkte
08643 Aufbereiten und Einfrieren von Ovarialgewebe 1.234 Punkte
08644 Aufbereiten und Einfrieren von der/den Eizelle(n) 1.312 Punkte
08645 Aufbereiten und Einfrieren von Samenzellen oder Keimzellgewebe 987 Punkte
08646 Auftauen und Aufbereiten von der/den Eizelle(n) 584 Punkte
08647 Auftauen und Aufbereiten von Samenzellen oder Keimzellgewebe 384 Punkte
08648 Spermienpräparation aus Hodengewebe nach testikulärer Spermienextraktion und Aufbereiten nach Kryokonservierung 300 Punkte
08649

Auftauen und Aufbereiten von Ovarialgewebe zwecks Wiederherstellung der Empfängnisfähigkeit

Hinweis: Die Abrechnung der GOP setzt die Durchführung einer Beratung nach der GOP 08622 im selben Krankheitsfall voraus.

876 Punkte
*Der Krankheitsfall umfasst die Behandlung derselben Erkrankung innerhalb eines Jahres, also im aktuellen und in den drei folgenden Quartalen.

Hinweise zur Abrechnung:

  • Die GOP 08621 für die reproduktionsmedizinische Beratung und Aufklärung dürfen Fachärzte, welche die jeweils erforderlichen Maßnahmen nach Paragraf 5 der Kryo-Richtlinie im Zusammenhang mit der Gewinnung von Samenzellen und der Entnahme von Keimzellgewebe anbieten, abrechnen. Dazu gehören die erforderlichen Laboruntersuchungen, hormonelle Stimulationsbehandlungen sowie die operative Entnahme von Gewebe.
  • Die andrologische Beratung für männliche Versicherte wird ebenfalls über die GOP 08621 abgerechnet. Wenn ein Spermiogramm oder eine testikuläre Spermienextraktion (TESE) notwendig sind, können diese Leistungen zusätzlich zur GOP 08621 über die GOP 08623 abgerechnet werden. Dazu sind Fachärztinnen und Fachärzte für Urologie berechtigt, die auch Operationen durchführen.
  • Für die Durchführung und Abrechnung gelten die Anforderungen aus Paragraf 5 der Richtlinie. Die jeweils einschlägigen Anforderungen an die Maßnahmen sind in der Richtlinie der Bundesärztekammer zur assistierten Reproduktion enthalten.