Wann geht es in den Praxen los mit der ePA?
Dr. Sibylle Steiner, Mitglied des Vorstands der KBV: Die Krankenkassen beginnen ab 15. Januar nach und nach für ihre Versicherten die elektronische Patientenakte zur Verfügung zu stellen. Dann beginnt das auch in den Modellregionen. Modellregionen sind Hamburg, Franken und ausgewählte Praxen in Nordrhein und in der KV Westfalen-Lippe. Wenn es dann in den bundesweiten Rollout gehen soll, das möchte der Bundesgesundheitsminister höchstpersönlich entscheiden. Wir müssen uns natürlich darauf verlassen können, dass das erst zu dem Zeitpunkt erfolgt, wenn die ePA tatsächlich gut funktioniert in den Praxen, wir auch keine Beeinträchtigung der anderen TI-Anwendungen wie eRezept oder eAU haben. Wir müssen uns natürlich auch darauf verlassen können, dass die Hersteller gut funktionierende nutzerfreundliche ePA-Module mit ihren PVS zur Verfügung stellen. Erst dann kann aus unserer Sicht der Rollout stattfinden. Auch die Praxen sind erst ab dem Zeitpunkt des bundeswåeiten Rollouts verpflichtet, tatsächlich auch ePA-Module in ihren Softwaresystemen vorzuhalten.
Was erhoffen Sie sich von den Tests?
Zum einen erhoffen wir uns eine umfassende Erprobung der unterschiedlichen PVS-Systeme. Wir erhoffen uns natürlich auch, dass man ausreichend testet, dass die Telematikinfrastruktur auch stabil und störungsfrei funktioniert mit der ePA. Dann hoffen wir auch, dass die Gematik das Feedback der Nutzer auch berücksichtigt, dann Fehler erkennt, Fehler schnell behebt und dass wir dann erst in den Rollout gehen, wenn ausreichend getestet ist.
Werden KBV und KVen die Tests begleiten?
KBV und KV werden ganz intensiv diese Tests begleiten. Die beiden Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe werden auch ausgewählte Praxen für die Testung mit heranziehen und natürlich werden wir dieses Feedback was wir aus den Modellregionen bekommen, auch zurückspiegeln an die Gematik und ans BMG.
Umfragen zeigen, dass Praxen sehr skeptisch auf die ePA blicken…
Ja, das ist richtig, 90 Prozent der Praxen erwarten durch die ePA einen hohen Zeit- und Verwaltungsaufwand, aber natürlich auch einen Aufklärungsaufwand für die Patientinnen und Patienten, und gerade diese Aufklärung ist Aufgabe der Krankenkassen. Es gibt eine aktuelle Umfrage auch unter der Bevölkerung und da sagen zwei Drittel der Befragten, dass sie einen hohen Informationsbedarf haben noch bezüglich der ePA und den müssen die Krankenkassen erfüllen. Die Praxen sind auch deshalb skeptisch, weil gerade die Einführung der eAU und in Teilen auch des eRezeptes natürlich mit negativen Erfahrungen verbunden waren. Auf der anderen Seite muss man sagen, dass die Praxen auch den Nutzen anerkennen durch die ePA. Drei Viertel der Praxen sagen uns beispielsweise, dass der Empfang eines elektronischen Krankenhausentlassbriefs für sie einen echten Nutzen darstellen kann. Eine ähnliche Nutzenerwartung haben sie auch verbunden mit dem eMedikationsplan und auch dem eArztbrief. Also man kann sagen, die Praxen schauen mit gemischten Gefühlen auf die Einführung der ePA. Zum einen erwarten sie eine schnellere, einfachere Kommunikation, aber sie erwarten auch einen hohen Aufwand im Umgang mit der ePA und für die Patientinnen und Patienten.
Einige Praxen fühlen sich nicht ausreichend vorbereitet…
Die KBV hat ein umfangreiches Informationspaket zur Verfügung gestellt. Wir haben zum Beispiel eine CME-zertifizierte Online-Fortbildung. Wir haben, alle 14 Tage informieren wir über unsere Praxisnachrichten. Auf der anderen Seite muss man natürlich sagen, dass die Praxen jetzt erleben müssen, wie der Umgang mit der ePA in ihrem eigenen Softwaresystem sich darstellt. Und da gibt es ja noch wenig Informationen darüber. Glücklicherweise fand vor zwei Wochen eine Veranstaltung der Gematik statt, bei der die Hersteller ihre ePA-Module auch präsentiert haben. Das kann aber, so etwas kann natürlich nur erste Einblicke geben und deshalb ist ganz wichtig, dass jetzt erst mal ausreichend getestet wird und dass die Praxen auch peu à peu mehr Informationen darüber bekommen, wie denn die ePA in ihrem eigenen PVS-System umgesetzt ist.
Was erwarten Sie jetzt von den einzelnen Akteuren?
Also von der Gematik erwarten wir, dass sie natürlich ein umfassendes, verlässliches Monitoring der Modellregion macht. Wir erwarten auch ein transparentes Monitoring dieser Modellregionen, also dass man tatsächlich in Erfahrung bringt, was gut funktioniert, was noch nicht funktioniert, welche Fehler erkannt wurden und wie die Fehler behoben werden. Von der Politik erwarten wir Verlässlichkeit, dass sie einhält, nämlich das Versprechen, dass die ePA erst dann ausgerollt wird, wenn sie tatsächlich gut funktioniert und auch die Telematikinfrastruktur störungsfrei funktioniert. Von den Krankenkassen erwarten wir eine sachgerechte Information der Versicherten darüber, was die ePA am Anfang leistet und was sie eben noch nicht leistet. Und wir als KBV und KV-System werden selbstverständlich die Einführung in den Modellregionen eng begleiten.