Wie steht es um die Digitalisierung der Praxen?
Dr. Sibylle Steiner, Mitglied des Vorstands der KBV: Also wir haben ja in diesem Jahr die siebte Befragung durchgeführt von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und wir stellen fest, dass die Kolleginnen und Kollegen zunehmend digitaler in ihren Praxen arbeiten. Das heißt, sie kommunizieren digital untereinander. Auch dieser Wert ist angestiegen. Sie bieten aber zunehmend digitale Angebote für ihre Patientinnen und Patienten an. Sie sehen einen großen Nutzen auch in der digitalen Kommunikation mit den Krankenhäusern. Das muss man allerdings sagen klappt derzeit noch nicht. Wir haben aus den Befragungsergebnissen auch erfahren, dass vier von fünf Arztpraxen mit Krankenhäusern überhaupt nicht digital kommunizieren können. Das ist natürlich schade, weil die Praxen gerade diesen besonderen Nutzen in dem digitalen Krankenhausentlassbrief sehen.
Ein wichtiges Thema war sicher auch die ePA?
Vor dem Hintergrund der Einführung der elektronischen Patientenakte in 2025 wird die Praxen natürlich nach ihren Erwartungen mit der oder an die elektronische Patientenakte gefragt. Den größten Nutzen sehen die Praxen im eMedikationsplan, im elektronischen Arztbrief und natürlich auch in der Kommunikation mit den Krankenhäusern über digitale Krankenhausentlassbriefe. Labordaten spielen noch eine Rolle und Befunddaten. Die Problematik liegt daran, dass wir in der Befragung auch gesehen haben, dass gerade die Kommunikation mit den Krankenhäusern eben noch nicht digital stattfindet. Vier von fünf Praxen sagen uns, dass hier keine digitale Kommunikation bisher stattfindet und deshalb ist es so wichtig, dass die Krankenhäusern bei der TI auch mitziehen.
Gibt es denn auch Befürchtungen?
Ja, durchaus, die Praxen sehen zu einem Großteil, 90 Prozent haben uns das gesagt, dass sie einen hohen Zeitaufwand, Verwaltungsaufwand mit der ePA sehen, zum Beispiel hinsichtlich ihrer Befüllungspflichten, aber auch natürlich um den Patienten deren Rechtemanagement eventuell zu erklären, Widerspruchsmöglichkeiten zu erklären und insgesamt in der Aufklärung der Patientinnen und Patienten im Umgang mit der ePA und das ist ja eigentlich oder das ist die Aufgabe der Krankenkasse. Das sind aber die Sorgen der Praxen. Alles in allem muss man sagen, betrachten die Praxen das mit gemischten Gefühlen. Sie sehen zum einen die Möglichkeit der einfacheren und schnelleren Kommunikation untereinander und hoffentlich zukünftig auch mit den Krankenhäusern. Auf der anderen Seite sehen sie eben diesen hohen Aufwand. Darum ist es umso wichtiger, dass die PVS-Systeme gut funktionieren, dass die Technik gut funktioniert, wenn die ePA eingeführt wird.
Negative Erfahrungen gab es ja auch bei eAU und eRezept…
Gerade zu Anfang der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gab es ja sehr viele Probleme. Mittlerweile muss man sagen, dass die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung breit in der Versorgung angekommen ist. Auch die Zufriedenheit mit der eAU ist deutlich gestiegen. Natürlich beschweren sich die Praxen immer noch darüber, dass sie einen digitalen und einen Papierprozess haben, dass manche Arbeitgeber nach wie vor die Papierkopie haben müssen oder dem Patienten auch die Papierkopie mitgegeben wird. Also wir haben ein Nebeneinander von digitalem Prozess und Papierprozess und das verursacht zusätzlichen Aufwand in den Praxen. Das Gleiche findet beim eRezept statt. Auch das ist breit bei den Praxen angekommen. Es ist etabliert, die Mehrheit der Praxen ist mit dem eRezept zufrieden. Hier herrscht allerdings das gleiche Problem. Etwa die Hälfte der Praxen sagen uns, dass sie immer noch das Papierrezept mit einsetzen. Das ist vollkommen nachvollziehbar, weil es ja bestimmte Versorgungsbereiche gibt, wo sie überhaupt nicht mit dem eRezept agieren können. Ob das beim Hausbesuch ist, bei der Versorgung von Heimpatienten oder sogar bei Betäubungsmitteln kann man ja noch kein eRezept ausstellen und das muss sich ganz schnell ändern. Da sehen wir nach wie vor Probleme.
Wie sieht es mit der elektronischen Signatur aus?
Also der Wert, dass die Zeitdauer für die elektronische Signatur zu lange ist, der hat sich auch nicht verbessert. Das ist problematisch, weil das 60% der Praxen sind, die sagen, diese Signatur dauert länger als zehn Sekunden. Eine Praxis hat dann auch angeführt, dass das Signieren eines elektronischen Rezeptes viermal so lange dauert wie das Ausstellen des rosa Rezeptes, des Papierrezeptes. Das kann und darf nicht sein. Da muss die Gematik auch stärker durchgreifen. Man könnte verlangen, dass der Signaturprozess im Hintergrund läuft und man trotzdem das PVS-System, die Software weiter bedienen kann, also dass das kein Showstopper ist oder dass die Hersteller verbindliche Speedtests bei der Gematik durchlaufen müssen und das Ganze endlich schneller geht.