Sicherstellungsauftrag für Ärzte und Psychotherapeuten
Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die KBV sind gesetzlich verpflichtet, die ambulante ärztliche Versorgung aller gesetzlich Versicherten in Deutschland sicherzustellen. Dieser gesetzliche Auftrag geht auf heftige Auseinandersetzungen der Ärzteschaft mit den Kassen am Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Ärztliches Ziel waren nicht einfach bessere Arbeitsbedingungen oder Honorarerhöhungen, sondern Kollektivverträge mit den Kassen und die freie Arztwahl für die Versicherten.
Mit dem sogenannten Berliner Abkommen, das 2013 sein hundertjähriges Jubiläum feierte, wurden wesentliche Fortschritte erzielt, die bis heute maßgeblich sind für das Verhältnis von Ärzten und Krankenkassen. Dazu gehört die – wenn damals auch noch eingeschränkte – freie Arztwahl, der verbriefte Anspruch der Ärzte auf eine in Form und Höhe angemessene Entschädigung sowie die Errichtung von Schiedsinstanzen.
Das war die Geburtsstunde der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Kassen, in der sich beide Seiten auf den Grundkonsens einigten, gemeinsam, aber mit jeweils eigenen Zuständigkeiten, für die Versorgung der Patienten geradezustehen. Zwar war die Sicherstellung in dem Abkommen noch nicht ausdrücklich erwähnt, implizit aber darin enthalten. Die Forderung nach einer organisatorischen Gleichstellung der Ärzte mit den Krankenkassen mündete schließlich in die Gründung der Kassenärztlichen Vereinigungen.
Der historische Kompromiss von damals lautete: Die ärztliche Selbstverwaltung, in Gestalt der Kassenärztlichen Vereinigungen, handelt gesamthaft die Verträge mit den Krankenkassen aus. Ziel war es, den einzelnen Arzt aus der direkten individuellen Abhängigkeit und damit von der Willkür der Kassen zu befreien.
Denn die Ärzte, die am Gängelband der Kassen hingen, waren nicht mehr in der Lage, ihre Praxen wirtschaftlich zu führen. Im Gegenzug für den Kollektivvertrag hatten die Kassenärztlichen Vereinigungen gegenüber den Krankenkassen die Versorgung der Versicherten zu gewähren, sprich diese sicherzustellen. Dafür verzichteten die Ärzte fortan auf das Streikrecht – allerdings mit der Garantie auf eine angemessene Kompensation.
Das, wofür die Ärzte damals gekämpft haben und was sie mit Gründung der Kassenärztlichen Vereinigungen bekommen haben, ist unter den heutigen Bedingungen jedoch nicht mehr der Sicherstellungsauftrag, den sie damals übernommen haben. Die Erosion des Sicherstellungsauftrages verlief über lange Zeit in kleinen, teils fast unmerklichen Schritten. Die KBV streitet auf vielen Themenfeldern dafür, die Bedingungen des früheren Konsenses wieder herzustellen.