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Impuls/Fishbowl-Diskussion: Aus- und Weiterbildung intersektoral: mittendrin oder zwischen den Stühlen?
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In der Eingangspodiumsdiskussion diskutierten Marlene Mörig (Bundesvertretung der Medizinstudieren in Deutschland, bvmd), Mira Faßbach (Bündnis Junge Ärztinnen und Ärzte), Henning Schettulat (KV Hessen) und Prof. Marco Roos (Universität Augsburg) über die aktuellen Entwicklungen in Aus- und Weiterbildung mit dem Fokus auf die Ambulantisierung und die Notwendigkeit intersektoraler Kooperation.
Zudem wurde sich darüber ausgetauscht, welche Entwicklungen auch in Zukunft erforderlich seien. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sich vor allem in dem Punkt einig, dass die Weiterbildung verbessert werden müsse. Dafür seien vor allem gut funktionierende Weiterbildungsverbünde bzw. -netzwerke, flexible und individuellere Gestaltung der Weiterbildung, besser geschulte Weiterbildungsbefugte sowie finanzielle Anreize hilfreich.
Außerdem sollte die Weiterbildung mehr an den Bedarf angepasst werden. Es sei wichtig, bereits im Studium mehr über die zukünftigen Karrieremöglichkeiten zu erfahren und Einblicke in die verschiedenen Versorgungsbereiche zu erhalten. Die angehenden Ärztinnen und Ärzte benötigen Weiterbildungsbefugte, die im Sinne eines Rollenmodels als Vorbilder fungieren und neben der Wissensvermittlung auch vorleben, wie die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit möglich ist.
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Fachsession 1: „Aus- und Weiterbildung: Was kann Praxis? Kann Praxis das? Belastung oder Perspektive?“
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Die Fachsession 1 widmete sich vor allem der Rolle der Ärztinnen und Ärzte als Weiterbildende und Lehrende. Diese Rolle kann sowohl als Bereicherung und Chance wahrgenommen werden, aber auch herausfordernd und belastend sein. Gestaltet wurde die Session von Dr. Ulrike Sonntag vom Kompetenzzentrum Weiterbildung Berlin und von Dr. Antje Koch von der Ärztekammer Berlin.
Als inhaltlicher Input wurden Qualifizierungsmodellen vorgestellt, die im Sinne eines lebenslangen Lernens zu unterschiedlichen Zeiten der beruflichen Professionalisierung didaktische Kompetenzen in den Fokus rücken. Außerdem unterstützten unterschiedliche Formate, wie z. B. sogenannte Teaching EPAs (Entrustable Professional Activities / anvertraubare professionelle Tätigkeiten) sowie Fortbildungseinheiten zu Feedback und Supervision, die Fachsession.
Die Teilnehmenden erarbeiteten, welche Herausforderungen und Vorteile die Weiterbildung mit sich bringt. Als Herausforderung wurden unter anderem genannt: die komplexen Anforderungen (berufs-, sozial-, vertragsarztrechtliche und finanzielle Anforderungen), die wenige Zeit neben der Patientenversorgung, die Frage nach der Qualität und Qualitätsstandards sowie die Akquise von Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung (ÄiW).
Andererseits wurden verschiedene Vorteile benannt: zum Beispiel die Möglichkeit, eine potenzielle Nachfolgerin bzw. einen potenziellen Nachfolger zu finden oder eine Arbeitskraft zu gewinnen und damit verbunden auch eine Versorgungssicherung zu gewährleisten. Oder durch Interaktion mit den jüngeren Kolleginnen und Kollegen an einem Wissenstransfer von der Universität in die Praxis teilzuhaben und dadurch insgesamt mehr up-to-date zu sein.
Fazit ist, dass die ärztliche Rolle der Lehrenden nicht nur Bestandteil des ärztlichen Selbstverständnisses, sondern auch Voraussetzung für den Weiterbestand ärztlicher Versorgung ist.
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Fachsession 2: „How to? Gebrauchsanleitung Weiterbildungs-Netzwerke: interdisziplinär, - sektoral, -professionell“
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Die Fachsession 2 beschäftigte sich mit dem Thema, wie Weiterbildung in einem Netzwerk oder Verbund in Zukunft aussehen kann, insbesondere auch mit Blick auf intersektorale und interprofessionelle Weiterbildung. Impulse von Henning Schettulat und Mara Klahr (KV Hessen), Dr. Wolfgang Blank (Praxis Bayerwald), Manuela Amm (Leipziger Weiterbildungsverbund, Leipziger Gesundheitsnetz e. V.) und Dr. Markus Schubert (St. Josefs-Hospital Rheingau GmbH) zeigten den Teilnehmenden verschiedene Möglichkeiten, Vorteile aber auch Herausforderungen einer Weiterbildung im Verbund bzw. in einem Netzwerk auf.
In der anschließenden Gruppenarbeit erarbeiteten die Teilnehmenden, welche Voraussetzungen und Werkzeuge benötigt werden, um Weiterbildungsverbünde bzw. -netzwerke zu gründen und am Laufen zu halten.
Gruppenübergreifend waren sich die Teilnehmenden einig, dass es nicht die eine Lösung für alle Regionen geben kann, sondern dass jede Region individuell eruieren muss, welche Gegebenheiten vorliegen und was die verschiedenen Partnerinnen und Partner benötigen, um gut und nachhaltig miteinander arbeiten zu können.
Als zentrale Punkte wurden eine Koordination durch eine engagierte Person und eine nachhaltige Finanzierung genannt. Weitere Vorschläge waren unter anderem die Einbindung der Kommune, verbindliche Kommunikation und regelmäßiger Austausch zwischen den Beteiligten, Angebote für die ÄiW schaffen (Mobilität, Familie, etc.), Vorteile für Teilnehmende (ÄiW und Weiterbildenden) aufzeigen sowie digitale Angebote entwickeln.
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Fachsession 3: „Attraktivität und Bedarf: Nachwuchssicherung – Was will Zukunft?“
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In der Fachsession 3 haben die Teilnehmenden zusammen mit den Impulsgebern Dr. Anke Schliwen (KBV), Dr. Fabian Dupont (Junge Allgemeinmedizin Deutschland ,JADE), Hanna Kurz (bvmd) und Prof. Marco Roos (Universität Augsburg) über die Herausforderungen zukünftiger ambulanter ärztlicher Versorgung und den Vorstellungen der nächsten Generation diskutiert.
In kurzen Einführungsimpulsen wurden die unterschiedlichen Perspektiven vorgestellt: Situation aus Sicht der Bedarfsplanung, Vorstellungen, Erwartungen und Problemdarstellung der Medizinstudierenden und jungen Ärztinnen und Ärzten sowie Einschätzung aus universitärer Sicht zur Aus- und Weiterbildung. Anschließend wurden in vier Arbeitsgruppen Fragestellungen präzisiert und zum Abschluss gemeinsam im Plenum mögliche Lösungsansätze diskutiert.
Als zentrale Ergebnisse wurden folgende Punkte erarbeitet: Stärkung der Kompetenzorientierung in Studium und Weiterbildung mit Praxisbezug von Anfang an, Vorleben durch Role Modelling und Begeisterung von und für Vertragsärztinnen und -ärzte sowie Steuerung durch Anreize und frühzeitige Information.
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Abschlusspodium: Ärztliche Aus- und Weiterbildung am Arbeitsort Praxis
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Auf dem Abschlusspodium diskutierten Dr. Antje Gottberg vom GKV-SV, Dr. Doris Reinhardt von der KV Baden-Württemberg und Prof. Henrik Herrmann von der BÄK-Weiterbildungskommission über notwendige Strategien, um die intersektorale Aus- und Weiterbildung weiterzuentwickeln und um eine zukunftsfähige qualitativ hochwertige ambulante Versorgung sicherzustellen, die für kommende Herausforderungen gut gewappnet ist. In die Diskussion wurden außerdem die Erkenntnisse aus den verschiedenen Fachsessions eingebunden.
Demnach muss der ärztlichen Weiterbildung grundsätzlich ein höherer Stellenwert zukommen. Allein mit Blick auf den Bedarf zur Sicherstellung der Versorgung sollten die gegenwärtigen Strukturen weiterentwickelt werden, um eine intensivere Kooperation – intersektoral wie interprofessionell – zu ermöglichen.
Neben der sozialgesetzlichen Weiterbildungsförderung fehlt es an einer Finanzierungssystematik, die den gegenwärtigen und künftigen Anforderungen – auch diesseits von Sicherstellung – Rechnung trägt und der fortschreitenden Ambulantisierung der Gesundheitsversorgung entspricht.