Thrombozytose - Empfehlungen zur Labordiagnostik
Thrombozyten sind zelluläre Blutbestandteile, die im Knochenmark durch Abschnürung der Megakaryozyten permanent neu gebildet werden und eine wichtige Rolle bei der primären Hämostase (Blutstillung) spielen. Ihre Lebensdauer beträgt zwischen 5 und 12 Tagen, wobei ihr Abbau hauptsächlich in der Milz, aber auch in Leber und Lunge erfolgt.
Im Blut zirkulierende Thrombozyten befinden sich in der Regel in einem inaktiven bzw. Ruhezustand. Nach Gefäßverletzung oder im Entzündungsprozess kommt es vor Ort zur Thrombozytenaktivierung, die die Blutung stillt und die Blutgerinnung einleitet.
Die Thrombozytenzahl im Blut liegt normalerweise zwischen 150 und 400 x 109 Thrombozyten/l. Bei erniedrigten Werten (<150 x 109/l) wird von einer Thrombozytopenie gesprochen; bei Werten über 450 x 109/l besteht eine Thrombozytose. Eine Klassifizierung der Thrombozytose in Abhängigkeit von der Thrombozytenzahl ist willkürlich in Mild bei 450 bis 700 x 109/l, Moderat bei 700 bis 900 x 109/l und Schwer bei über 900 x 109 Thrombozyten/l möglich.
Die Thrombozytose ist ein sehr häufiges Laborergebnis, die oft als Zufallsbefund entdeckt wird, aber für sich genommen keine Diagnose darstellt. Es wird dabei zwischen primären und sekundären bzw. reaktiven Thrombozytosen unterschieden. Primäre Thrombozytosen treten meist im Verlauf von hämatologischen Systemerkrankungen (z. B. myeloproliferative Erkrankungen) auf oder können auch genetisch bedingt sein.
Reaktive Thrombozytosen, auch als sekundäre Thrombozythämien bezeichnet, entwickeln sich häufig sekundär zu bereits, auch außerhalb des hämatopoetischen Systems, bestehenden Erkrankungen. Ebenfalls können Eisenmangelzustände oder ein zurückliegender Vitamin B12-Mangel, beispielsweise über eine ungerichtete Aktivierung der Hämatopoese, zur Thrombozytose führen.
Auch durch Stress und körperliche Anstrengung kann es zu einer, dann häufig vorübergehenden, Thrombozytose kommen. Daher steht bei den sekundären Thrombozytosen die Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund, die in der Regel zu einer Normalisierung der Thrombozytenzahlen führt.
Mit ihrem sehr breiten Ursachenspektrum ist die Thrombozytose eine relevante Blutbildveränderung, die immer einer Abklärung bedarf, da Sekundärfolgestörungen, wie schwere thromboembolische Ereignisse (z. B. Schlaganfall, Herzinfarkt, venöse Thromboembolien, aber auch Blutungen), vermehrt auftreten können. Aufgrund der differentialtherapeutischen Konsequenzen ist daher die Unterscheidung zwischen primären und sekundären Formen der Thrombozytosen von großer Bedeutung.
Grundsätzlich sollte eine erstmalig gemessene Erhöhung der Thrombozytenzahl in einer weiteren Blutentnahme verifiziert werden, da auch eine situativ bedingte Erhöhung der Thrombozytenzahlen vorkommen kann.