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Stand 16.09.2024

Politik

Einigung bei den Finanzierungsverhandlungen: Knapp vier Prozent mehr für die ambulante Versorgung in 2025

Die Finanzmittel für die ambulante Versorgung werden im kommenden Jahr um knapp vier Prozent angehoben. Dies entspricht einer Summe von 1,7 Milliarden Euro. Darauf haben sich KBV und GKV-Spitzenverband in den Finanzierungsverhandlungen für das Jahr 2025 geeinigt, die am heutigen Montag beendet wurden.

Der Orientierungswert und damit die Preise für alle ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen steigt zum 1. Januar 2025 um 3,85 Prozent. Er beträgt dann 12,3934 Cent. Zusätzlich wird die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung aufgrund einer veränderten Demografie und Krankheitslast bundesweit im Schnitt um 0,14 Prozent angehoben. Zusammen ergibt sich ein Plus von knapp vier Prozent.

Gassen: Einigung ist ein Signal an Lauterbach

„Diese Einigung steht für die gemeinsame Verantwortung von KBV und GKV-Spitzenverband in einem sehr schwierigen politischen Umfeld“, sagte KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen, zum Abschluss der Verhandlungen. Sie sei dennoch kein Grund zum Jubeln und werde von vielen als unzureichend empfunden werden, räumte er.

Die Einigung stellt Gassen zufolge aber ein deutliches Signal in Richtung Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach dar und zeige, dass ohne die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen in den Praxen eine gute Gesundheitsversorgung unmöglich sei. „Das erkennen auch die Krankenkassen an, die durch die vom Bundesgesundheitsminister einseitig forcierten Milliardensubventionen für die Krankenhäuser stark belastet werden“, betonte er.

Die Ergebnisse im Überblick

Die Finanzmittel für die ambulante Versorgung von gesetzlich Krankenversicherten steigen zum 1. Januar 2025 um knapp vier Prozent. Dies entspricht einer Summe von rund 1,7 Milliarden Euro.

Der Orientierungswert (OW) erhöht sich dabei für alle ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen um 3,85 Prozent. Er beträgt dann 12,3934 Cent.

Die morbiditätsbedingte Veränderungsrate steigt durchschnittlich um 0,14 Prozent. Dies entspricht einem Finanzvolumen von rund 44 Millionen Euro.

Bei der diesjährigen Anpassung des Orientierungswertes für 2025 wird erstmalig auch die Entwicklung der aktuellen Abschlüsse der Tarifverträge der Medizinischen Fachangestellten berücksichtigt. Dies erfolgt, um Praxen in der angespannten Personalsituation zeitnah zu entlasten und wird für die kommenden OW-Abschlüsse regelhaft fortgeführt.

Dr. Andreas Gassen zum Ergebnis der Verhandlungen für 2025

Wie bewerten Sie das Ergebnis der diesjährigen Finanzierungsverhandlungen?

Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV: Das Ergebnis ist die Folge von mehrwöchigen, intensiven Verhandlungen mit den gesetzlichen Krankenkassen, die ja zu Beginn mit einem sehr überschaubaren Angebot was sich wirklich auf den reinen TL-Anteil kaprizierte, ins Rennen gegangen sind. Wir haben etliche Sitzungen nun hinter uns und haben sehr deutlich gemacht, dass das für uns natürlich so nicht akzeptabel sein kann, weil auch die AL-Komponente des OWs Berücksichtigung finden muss, zumal wir wirklich in Folge sehen, dass die Einkommenssituation der Ärztinnen und Ärzte sich verschlechtert hat. Letzten Endes ist es gelungen, die GKV da sogar mitzunehmen an der Stelle. Das muss man sicherlich an der Stelle auch in den Kontext doch schwieriger GKV-Finanzen setzen, was zwar für die Findung des OWs gesetzlich irrelevant ist, aber natürlich immer mit reinspielt, da natürlich die Beitragsstabilität auch ein Kriterium sein kann, OW-Verhandlungen zu terminieren. Am Ende des Tages haben wir jetzt eine Einigung mit den Kassen bekommen, die die Höhe der OW-Steigerung bei der Höhe des letzten Jahres festmacht, also 3,85% Steigerung plus die Steigerung, die sich aus den Demografie- und Morbiditätsraten ergibt, sodass das je nach Regionalität dann knappe 4% sind. Das ist sicherlich kein Ergebnis zum Jubeln, das ist auch kein Ergebnis, was Versäumnisse in den letzten Jahren gut machen kann und auch nicht die an sich ungeeignete Systematik hier neu aufstellt. Trotzdem glaube ich, in diesen insgesamt schwierigen Zeiten ist das ein Abschluss, der zumindest zeigt, dass die Krankenkassen anerkennen, dass es in Praxen auch Ärztinnen und Ärzte gibt und dass die auch an diesen Steigerungen teilhaben müssen und dass es Voraussetzung für ein funktionierendes Gesundheitssystem ist, die Praxen zu stabilisieren. Dass hier viele weitere Schritte notwendig sind, ist unbestritten, aber insgesamt würde ich das Ganze unter Abwägung der gesetzlichen Rahmenbedingungen zumindest als Erfolg der Selbstverwaltung an der Stelle bezeichnen.

Ist die Einigung auch ein Zeichen an die Politik?

Es ist zum einen ein Zeichen, dass die Gesamtvertragspartner zu Lösungen kommen, die eben als Kompromisse natürlich keiner Seite hundertprozentigen Erfolg garantieren, das ist halt das Wesen eines Kompromisses. Gleichzeitig zeigt das aus Sicht der Kassen glaube ich schon, dass man eben Finanzierungsverpflichtungen auch für die ambulante Versorgung hat, dass es nicht nur stationäre Versorgung gibt, in die eine Milliarde nach der anderen reingepumpt werden muss, sondern dass das Rückgrat der ambulanten Versorgung für die Bevölkerung in Deutschland die wesentliche Versorgung ist. Und hier muss der Gesetzgeber natürlich auch schauen, inwieweit er insgesamt das System mit versicherungsfremden Leistungen überfordert, denn im Wesentlichen muss zunächst mal die Versorgung, die die Menschen in den Praxen erfahren, auch finanziert sein.

Ist das Ergebnis ein gutes Signal an die Praxen?

Gut, es ist das zweite Jahr in Folge, dass wir eine OW-Steigerung knapp unter vier Prozent vereinbaren, das ist sicherlich auch angesichts der jetzt dankenswerterweise deutlich nachlassenden Inflation ein gewisses Zeichen der Stabilität, um es nochmal zu sagen, es kann natürlich nicht Schieflagen in der grundsätzlichen Finanzierungssystematik auffangen und es kann auch nicht Defizite aus vergangenen Jahren kompensieren. Das ist auch nicht die Aufgabe des Orientierungswertes und auch über die grundsätzliche Höhe von ärztlichen Gehältern oder ärztlichen Vergütungen muss man an anderer Stelle sprechen, aber ich glaube insgesamt ist es ein Zeichen der Stabilität.

So laufen die Finanzierungsverhandlungen ab

Bei den jährlichen Finanzierungsverhandlungen von KBV und GKV-Spitzenverband geht es darum, wie viel Geld die Krankenkassen im nächsten Jahr für die ambulante Versorgung bereitstellen. Im Mittelpunkt steht die Anpassung des Orientierungswertes (OW) an die gestiegenen Kosten und Investitionen der Praxen. Denn von der Höhe des Orientierungswertes hängt maßgeblich ab, wie die ärztlichen und psychotherapeutischen Untersuchungen und Behandlungen für gesetzlich krankenversicherte Patientinnen und Patienten vergütet werden.

Enger gesetzlicher Rahmen

Anders als bei Tarifverhandlungen von Gewerkschaften und Arbeitgebern ist bei den Finanzierungsverhandlungen das Verfahren gesetzlich vorgegeben. Der Paragraf 87 Absatz 2g SGB V regelt, welche Faktoren für die Anpassung des Orientierungswertes zu berücksichtigen sind:

  • die Entwicklung der für Arztpraxen relevanten Investitions- und Betriebskosten
  • Möglichkeiten zur Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven
  • die allgemeine Kostendegression bei Fallzahlsteigerungen

Entsprechend eng ist der Verhandlungsspielraum.

Bei der Anwendung dieser Anpassungsfaktoren wird jeweils die Kostenentwicklung der Vorjahre betrachtet. Für den Orientierungswert 2025 werden somit die Veränderungen der Kosten des Jahres 2023 gegenüber dem Jahr 2022 berücksichtigt. Neu ab diesem Jahr ist, das bei den Personalkosten aktuelle Daten herangezogen werden dürfen. So fließen die Tarifsteigerungen für Medizinische Fachangestellte für das Jahr 2024 in die Anpassung des Orientierungswertes für 2025 ein und nicht erst für 2026.

Verhandlungen im Bewertungsausschuss

Die Verhandlungen finden im Bewertungsausschuss statt, der paritätisch mit jeweils drei Vertretern der KBV und des GKV-Spitzenverbandes besetzt ist. Beide Seiten bringen vor Beginn der ersten Beratung einen Beschlussentwurf ein, über den dann verhandelt wird. Kommt eine Einigung ganz oder teilweise nicht zustande, schalten sie den Erweiterten Bewertungsausschuss ein. Dessen unparteiischer Vorsitzender vermittelt zwischen den beiden Parteien.

Entscheidung mit einfacher Mehrheit der Mitglieder

Im Unterschied zu einem Schlichter bei Tarifverhandlungen benötigt der unparteiische Vorsitzende für seinen Vorschlag immer die Zustimmung mindestens einer Partei. Die Festsetzung einer Vereinbarung durch den Erweiterten Bewertungsausschuss erfolgt mit der einfachen Mehrheit seiner Mitglieder. Das Gremium setzt sich aus den Mitgliedern des Bewertungsausschusses erweitert um einen unparteiischen Vorsitzenden und zwei weitere unparteiische Mitglieder zusammen.

Veränderungsraten der Morbidität und Demografie

Im Rahmen der Finanzierungsverhandlungen werden auch regionalen Veränderungsraten der Morbidität und Demografie festgelegt. Sie bilden neben dem Orientierungswert die Grundlage für die regionalen Vergütungsverhandlungen, die im Herbst beginnen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen verhandeln dann mit den Krankenkassen vor Ort, wie viel Geld diese im neuen Jahr für die ambulante Versorgung ihrer Versicherten in der Region bereitstellen.

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