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Komplexversorgung

Ambulante Komplexversorgung bei psychischen Erkrankungen

Die Komplexversorgung ist ein ambulantes Behandlungsprogramm bei insbesondere schweren psychischen Erkrankungen. Die Patientinnen und Patienten werden von einem multiprofessionellen Team engmaschig und kontinuierlich betreut. Zwei separate Versorgungsangebote für zwei unterschiedliche Patientengruppen stellen sicher, dass spezifisch auf die besonderen Bedürfnisse von Erwachsenen einerseits sowie Kindern und Jugendlichen andererseits eingegangen werden kann. Die beiden Versorgungsangebote haben vergleichbare Ziele, unterscheiden sich aber wesentlich im Aufbau und in der Struktur.

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Komplexversorgung für schwer psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche

Das Besondere an diesem Versorgungsangebot speziell für Kinder und Jugendliche mit schweren psychischen Erkrankungen ist, dass patientenindividuell ein multiprofessionelles Team gebildet wird, das eng zusammenarbeitet.

Das sogenannte Zentrale Team besteht aus mindestens einem Arzt, einem Psychotherapeuten und einer koordinierenden Person. Es erstellt zu Beginn der Behandlung gemeinsam einen Gesamtbehandlungsplan für die Patientin oder den Patienten und tauscht sich in regelmäßigen Abständen patientenbezogen aus.

Die Mitglieder des Zentralen Teams beziehen im „Erweiterten Team“ Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin, Sozialarbeiter, Kita-Erzieher, Lehrer und viele weitere Akteure wie Ergotherapeuten bei Bedarf in die Behandlung mit ein. Und sie sorgen dafür, dass die Behandlung kontinuierlich bleibt und soweit es geht außerhalb des Krankenhauses stattfindet.

Falls eine stationäre Versorgung unvermeidlich wird, kümmern sie sich um eine gute Übergabe, beispielsweise durch die aktive Überleitung in die verschiedenen Versorgungsangebote eines Krankenhauses. Später soll die nahtlose Transition der erkrankten Jugendlichen in die Versorgung für Erwachsene durch professionelle Unterstützung gewährleistet werden.

Ein weiteres Ziel des Versorgungsprogramms ist es, die Wartezeiten auf einen Therapieplatz zu reduzieren und den Zugang zu Behandlungsangeboten zu erleichtern. Teilnehmende Ärzte und Psychotherapeuten verpflichten sich, Diagnostik und Therapiebeginn binnen weniger Tage für die Betroffenen zur Verfügung zu stellen.

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Ob eine Patientin oder ein Patient für die ambulante psychiatrische Komplexbehandlung geeignet ist, stellt ein Arzt oder ein Psychotherapeut anhand der vorgegebenen Kriterien in der Eingangssprechstunde fest. Im Anschluss erfolgt eine differentialdiagnostische Abklärung unter Berücksichtigung bereits vorliegender Befunde. Darauf aufbauend erstellt der Bezugsarzt oder der Bezugspsychotherapeut den Gesamtbehandlungsplan.

Vorgesehen ist das Versorgungsangebot insbesondere für schwer psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche mit einem komplexen Behandlungsbedarf bis zum vollendeten 21. Lebensjahr.

Ein komplexer Behandlungsbedarf liegt vor, wenn der Einsatz von mindestens zwei Behandlungsmaßnahmen durch unterschiedliche Disziplinen nötig ist, um die Erkrankung des Patienten zu heilen, zu lindern oder eine Verschlimmerung abzuwenden.

Kriterien

Die drei Kriterien, die alle zutreffen müssen, damit eine Patientin oder ein Patient laut Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses für eine ambulante Komplexversorgung geeignet ist, sind:

  • mindestens eine psychische Störung gemäß der 1. Achse des MAS aus dem V. Kapitel (F1-F6, F84, F9) oder F7x.1 des ICD-10-GM
  • mindestens ein psychosozialer Umstand aus der Kategorie „assoziierte aktuelle abnormale psychosoziale Umstände“ gemäß der 5. Achse des MAS
  • mindestens eine ernsthafte soziale Beeinträchtigung des psychosozialen Funktionsniveaus gemäß den Stufen 4 bis 8 auf der 6. Achse des MAS

Für zusätzliche Aufgaben, die in der Komplexversorgung von schwer psychisch erkrankten Kindern und Jugendliche bestehen, wurde der EBM zum 1. April 2025 um elf neue Gebührenordnungspositionen (GOP) erweitert. Die Vergütung erfolgt zunächst extrabudgetär.

Weitere Informationen

Teilnehmende Praxen in den KV-Regionen können über die 116117-Arztsuche gefunden werden. Hierzu bei "Weitere Suchkritierien" unter "Leistungen" und "Besondere Leistungsangebote" das Feld "Psychiatrische und Psychotherapeutische Komplexbehandlung für Kinder und Jugendliche" anhaken.

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Komplexversorgung für schwer psychisch erkrankte Erwachsene

Netzverbund und Kooperationspartner

Um eine zeitnahe und aufeinander abgestimmte Versorgung bieten zu können, schließen sich Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen wie Psychiatrie, Neurologie und Psychosomatik sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu regionalen Netzverbünden zusammen.

Diese kooperieren mit Krankenhäusern, mit der häuslichen psychiatrischen Pflege sowie anderen Gesundheitsberufen wie der Sozio- und Ergotherapie.

Innerhalb des Verbundes haben die Patientinnen und Patienten eine feste Ansprechperson: den Bezugsarzt beziehungsweise -psychotherapeuten.

Ihm oder ihr zur Seite steht eine Person, zum Beispiel eine Medizinische Fachangestellte, die die Behandlung koordiniert, sich um organisatorische Aufgaben kümmert und die Patientinnen und Patienten zum Beispiel dabei unterstützt, Behandlungstermine wahrzunehmen.

Gesamtbehandlungsplan und Fallbesprechungen

Für jeden Patienten wird ein Gesamtbehandlungsplan erstellt, in dem die Ziele und Maßnahmen aufgeführt sind. Damit alle involvierten Berufsgruppen aufeinander abgestimmt agieren können und im engen Austausch bleiben, finden regelmäßig Fallkonferenzen statt.

Schneller Zugang

Betroffene, die sich an einen Netzverbund wenden, sollen möglichst innerhalb von sieben Werktagen einen Termin erhalten. Das gleiche gilt für die sich anschließende differentialdiagnostische Abklärung.

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Das Angebot richtet sich an Menschen insbesondere mit schweren psychischen Erkrankungen und einem komplexen psychiatrischen, psychosomatischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf.

Außerdem muss eine Erkrankung F10 bis F99 nach Kapitel V der ICD-10-GM vorliegen.

  • Komplexer Behandlungsbedarf: Dieser liegt vor, wenn zur Erreichung der Heilung, Linderung oder Verhütung von Verschlimmerung der Erkrankung pro Quartal der Einsatz von mindestens zwei Maßnahmen der Behandlung durch unterschiedliche Disziplinen nötig ist.
  • Schwere der Erkrankung: Für die Komplexbehandlung kommen Patienten infrage, deren GAF-Wert höchstens ≤ 50 beträgt. GAF steht für „Global Assessment of Functioning“. Mit der Skala wird das allgemeine Funktionsniveau bei psychiatrischen Erkrankungen erfasst.

Die Organisation der psychiatrischen und psychotherapeutischen Komplexbehandlung erfolgt über Netzverbünde. Dafür schließen Vertragsärzte und -psychotherapeuten einen Netzverbundvertrag.

Mehrere Gebührenordnungspositionen (GOP) sind zum 1. Oktober 2022 in den Abschnitt 37.5 des EBM aufgenommen worden.

GOP Leistung Hinweis Bewertung (Punkte)
37500 Eingangssprechstunde je vollendete 15 Minuten, höchstens 4x im Krankheitsfall 236
37510* Differentialdiagnostische Abklärung je vollendete 15 Minuten, höchstens 4x im Krankheitsfall 231
37520 Erstellen eines Gesamtbehandlungsplans 1x im Krankheitsfall 448
37525 Zusatzpauschale für Leistungen des Bezugsarztes oder des Bezugspsychotherapeuten 1x im Behandlungsfall 450
37530 Koordination der Versorgung durch eine nichtärztliche Person 1x im Behandlungsfall 577
37535 Aufsuchen eines Patienten im häuslichen Umfeld durch eine nichtärztliche Person je Sitzung, höchstens 3x im Behandlungsfall 166
37550 Fallbesprechung je vollendete 10 Minuten, höchstens 4x im Behandlungsfall 128
37551 Zuschlag zur GOP 37550 bei Teilnahme eines oder mehrerer nichtärztlicher / nichtpsychotherapeutischer Teilnehmer nach § 3 Abs. 3 und 5 KSVPsych-RL je vollendete 10 Minuten, höchstens 4x im Behandlungsfall 128
37570 Zusatzpauschale für zusätzliche Organisations- und Managementaufgaben sowie technische Aufwände im Rahmen eines Netzverbundes 1x im Behandlungsfall 200

*kann ausschließlich von Fachärztinnen und Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Nervenheilkunde sowie Neurologie und Psychiatrie berechnet werden.

Hinweis: Die GOP 37520, 37525, 37530, 37535, 37551 und 37570 können ausschließlich durch den Bezugsarzt oder den Bezugspsychotherapeuten berechnet werden.

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